Verehrte Hörer! In wenigen Augenblicken hören Sie eine Übertragung aus dem neuen Kabarett "Katakombe".
Das deutsche Kabarett war noch sehr jung. Die Komik verhaltener als heute, die Reizschwelle des Amüsements niedriger - damals, als ein paar Berliner Künstler ihre satirischen und sängerischen Darbietungen zur festen Einrichtung machten. Das war am 16. Oktober 1929. Der Conferencier und Gründer der Truppe versuchte seit einem Jahr, an Berlins Bühnen Fuß zu fassen. Er hieß Werner Finck:
Mit der Katakombe trat etwas in mein Leben: die Politik.
Im Ensemble des Kabaretts "Katakombe" machten sich im Lauf seiner kurzen Existenz etliche Künstler einen Namen: Ursula Herking, Ernst Busch, Theo Lingen, Rudolf Platte, Hanns Eisler, Erich Kästner, Erik Ode. Aber untrennbar verknüpft mit der Katakombe bleibt vor allem Werner Finck; der unangepasste Apothekersohn aus Görlitz, der heute frühzeitig als hyperaktiver Störer und Therapiefall ausgemacht würde, damals aber seinen stockkonservativen Eltern und Lehrern einfach nur Kummer - und als Komiker sein Glück machte - dank einer nur scheinbaren, sorgsam kultivierten Unbeholfenheit, die nach 1933, im vierten Jahr des Kabaretts, zur Waffe des aufsässigen Geistes wurde
Die halben Sätze, das habe ich aus Vorsicht gemacht. Ich wollte erst mal wissen, wie das ankommt, was ich sage.
"Tapfere Verzweiflung" nannte Friedrich Luft später die Art, wie Werner Finck täglich die Restmöglichkeiten der Satire auslotete; sorgsam registriert von Gestapo-Spitzeln:
Dann habe ich auch schon mal gesagt: Spreche ich zu schnell?
Die Katakombe lieferte auf dem Gebiet des Kabaretts den klassisch gewordenen Beweis für die Fähigkeit der Satire, unter dem Druck der Despotie erfinderisch zu werden; geschärfte Feinheiten für ein geschärftes Gehör zu liefern.
Der erste Satz musste sitzen! Oder wir.
Als Goebbels sich in die tschechische Filmschauspielerin Liida Baarova verliebte und das Gerücht aufkam, deren eifersüchtiger Lebensgefährte Gustav Fröhlich habe dem Reichspropagandaminister eine geklebt - da sagte Werner Finck abends in der Katakombe nur harmlos "Wer möchte nicht einmal fröhlich sein?"
Goebbels, der Kunstfreund, der in anderen Fällen eine unberechenbare Geduld an den Tag legen konnte, ließ die Katakombe 1935 schließen und die Kabarettisten in ein so genanntes Schulungslager sperren. Es half nichts, dass Göring, auf diesem Gebiet Goebbels' besonderer Rivale, sich gegen ein Berufsverbot einsetzte; eine gefällige, kontrollierte Portion ätzenden Humors als Blitzableiter fürs Volk kam auch den Amüsierbedürfnissen der neuen Bonzen ja durchaus entgegen. Lächerlichkeit hatte die Nazis bis dahin nicht töten können - dass Goebbels den raffiniert eingestreuten politischen Witz der Katakombe derart fürchtete, gereicht ihr für immer zur Ehre.
Das deutsche Kabarett war noch sehr jung. Die Komik verhaltener als heute, die Reizschwelle des Amüsements niedriger - damals, als ein paar Berliner Künstler ihre satirischen und sängerischen Darbietungen zur festen Einrichtung machten. Das war am 16. Oktober 1929. Der Conferencier und Gründer der Truppe versuchte seit einem Jahr, an Berlins Bühnen Fuß zu fassen. Er hieß Werner Finck:
Mit der Katakombe trat etwas in mein Leben: die Politik.
Im Ensemble des Kabaretts "Katakombe" machten sich im Lauf seiner kurzen Existenz etliche Künstler einen Namen: Ursula Herking, Ernst Busch, Theo Lingen, Rudolf Platte, Hanns Eisler, Erich Kästner, Erik Ode. Aber untrennbar verknüpft mit der Katakombe bleibt vor allem Werner Finck; der unangepasste Apothekersohn aus Görlitz, der heute frühzeitig als hyperaktiver Störer und Therapiefall ausgemacht würde, damals aber seinen stockkonservativen Eltern und Lehrern einfach nur Kummer - und als Komiker sein Glück machte - dank einer nur scheinbaren, sorgsam kultivierten Unbeholfenheit, die nach 1933, im vierten Jahr des Kabaretts, zur Waffe des aufsässigen Geistes wurde
Die halben Sätze, das habe ich aus Vorsicht gemacht. Ich wollte erst mal wissen, wie das ankommt, was ich sage.
"Tapfere Verzweiflung" nannte Friedrich Luft später die Art, wie Werner Finck täglich die Restmöglichkeiten der Satire auslotete; sorgsam registriert von Gestapo-Spitzeln:
Dann habe ich auch schon mal gesagt: Spreche ich zu schnell?
Die Katakombe lieferte auf dem Gebiet des Kabaretts den klassisch gewordenen Beweis für die Fähigkeit der Satire, unter dem Druck der Despotie erfinderisch zu werden; geschärfte Feinheiten für ein geschärftes Gehör zu liefern.
Der erste Satz musste sitzen! Oder wir.
Als Goebbels sich in die tschechische Filmschauspielerin Liida Baarova verliebte und das Gerücht aufkam, deren eifersüchtiger Lebensgefährte Gustav Fröhlich habe dem Reichspropagandaminister eine geklebt - da sagte Werner Finck abends in der Katakombe nur harmlos "Wer möchte nicht einmal fröhlich sein?"
Goebbels, der Kunstfreund, der in anderen Fällen eine unberechenbare Geduld an den Tag legen konnte, ließ die Katakombe 1935 schließen und die Kabarettisten in ein so genanntes Schulungslager sperren. Es half nichts, dass Göring, auf diesem Gebiet Goebbels' besonderer Rivale, sich gegen ein Berufsverbot einsetzte; eine gefällige, kontrollierte Portion ätzenden Humors als Blitzableiter fürs Volk kam auch den Amüsierbedürfnissen der neuen Bonzen ja durchaus entgegen. Lächerlichkeit hatte die Nazis bis dahin nicht töten können - dass Goebbels den raffiniert eingestreuten politischen Witz der Katakombe derart fürchtete, gereicht ihr für immer zur Ehre.