Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Omid Nouripour, nannte die Exekutionen einen "letzten Weckruf", die Partnerschaft mit einem Staat zu beenden, "dessen Praktiken sich vom sogenannten Islamischen Staat kaum unterscheiden". Die Hinrichtungen zeugten "von einer Panik, die die These der Bundesregierung von einem 'Stabilitätspartner' schlicht verspottet", sagte Nouripour in Berlin.
Die Linken-Außenpolitikerin Sevim Dagdelen bezeichnete die deutschen Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien angesichts der dortigen Menschenrechtslage als "eine moralische Bankrotterklärung der Bundesregierung". Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer, erklärte per Twitter, er sei entsetzt über die Berichte.
Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, die Hinrichtung des schiitischen Geistlichen al-Nimr verstärke bestehende Sorgen über zunehmende Spannungen in der Region. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte, die Union sei gegen die Todesstrafe und besonders gegen Massenhinrichtungen. "Dieser Fall hat auch das Potenzial, sektiererische Spannungen, die bereits viel Schaden in der gesamten Region anrichten, mit gefährlichen Folgen weiter anzuheizen", sagte sie in Brüssel.
Amnesty: Saudi-Arabien nutzt Todesstrafe gegen Schiiten
Laut einer Mitteilung des saudischen Innenministeriums wurden die 47 Hinrichtungen in verschiedenen Städten des Königreichs vollzogen. Eine Sprecherin des pro-saudischen Nachrichtensenders Al Arabiya bezeichnete die Getöteten als Terroristen. Sie werden beschuldigt, Anschläge auf Zivilisten und militärische Einrichtungen geplant oder verübt zu haben. Einer der Hingerichteten ist Scheich Nimr al-Nimr, ein prominenter schiitischer Geistlicher. 2011 hatte er die Proteste der Schiiten im Osten des Landes unterstützt. 2012 wurde er festgenommen und zum Tode verurteilt. Er soll Menschen aufgewiegelt und Waffen besessen haben.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte früher kritisiert, Saudi-Arabien setze das Todesurteil auch als politisches Instrument gegen die schiitische Minderheit ein, die etwa 15 Prozent der Bevölkerung ausmacht. Die Mehrheit in Saudi-Arabien gehört der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam an. Schon in den vergangenen Monaten waren schiitische Geistliche und Aktivisten zum Tode verurteilt worden.
Scharfe Töne kamen auch aus dem Iran. Laut Staatsfernsehen wurde der saudiarabische Geschäftsträger in Teheran einbestellt, ein Stellvertreter des Botschafters. Der Iran versteht sich als Schutzmacht der Schiiten. Er hatte Saudi-Arabien davor gewarnt, al-Nimr hinzurichten. Der iranische Ajatollah Ahmad Chatami forderte einen Aufschrei in der islamischen Welt. "Das Verbrechen" an al-Nimr werde dazu führen, dass die sunnitische Herrscherfamilie aus den Geschichtsbüchern ausgelöscht werde, zitierte ihn die Nachrichtenagentur Mehr.
Der irakische Ministerpräsident Haidar al-Abadi zeigte sich "traurig" und "geschockt". Er nannte die Meinungsfreiheit ein grundlegendes Menschenrecht. Sein Vorgänger Nuri al-Maliki sagte, die Tötung Al-Nimrs werde zum Sturz der saudischen Regierung führen.