Es war eigentlich eine gute Woche für die Frauen-Fußball-WM in Australien und Neuseeland. Der Kartenvorverkauf knackte die 500.000-Ticketmarke, die Nachfrage nach dem Eröffnungsspiel der Australierinnen war so groß, dass es in das 83.000 Zuschauer fassende Olympiastadion von Sydney verlegt wurde. Doch seit bekannt wurde, dass die FIFA die saudi-arabische Tourismusbehörde als einen der Sponsoren der Frauen-WM akzeptiert hat, steht der Fußball bei den Gastgebern Australien und Neuseeland eher im Abseits.
“Wir wollen nicht, dass sich Saudi-Arabien hier anpreist. Dort werden Homosexuelle hingerichtet und Regimekritiker gefoltert“, sagt der Radiojournalist Neil Mitchell. „Frauen haben so gut wie keine Rechte, Menschenrechte sind ein Fremdwort. Wir sollen ein Land bewerben, das eine internationale Schande ist.“
Ex-Kapitän warnt vor Ausverkauf westlicher Prinzipien
Das australische Frauenteam steckt mitten in der Vorbereitung für den „Cup of Nations“. Das Protestieren übernahmen andere. Der australische Fußballverband, die Menschenrechtsorganisation Amnesty International, Frauen- und LGBTQ+-Gruppen, Ex-Spielerinnen und Spieler.
Craig Foster, der frühere Kapitän der Socceroos, warnte vor einem Ausverkauf westlicher Prinzipien: "Die WM wird über eine Milliarde Fernsehzuschauer haben. Und wir sollen für ein paar Dollar mehr unsere grundlegendsten Werte kompromittieren? Nie im Leben. Ganz Australien ist stolz auf das Turnier. Einfach das Geld nehmen und uns stumm und blind stellen? Das werden wir nicht tun.”
Fans haben eine Petition gestartet, um die FIFA dazu zu bringen, den Deal mit den Saudis wieder aufzukündigen. „Seit der Vergabe der Männer-WM nach Katar wissen wir: Geld regiert nun einmal FIFAs Welt“, meint die Fußball-Journalistin Rachel O’Sullivan. Aber: Saudi-Arabien als Sponsor der Frauen-WM? Das sei, als würde McDonalds eine Kampagne zu gesünderer Ernährung finanzieren. “Der Frauenfußball benötigt finanzkräftige Investitionen, aber wenn es um moralische Grundsätze geht, sollte eine rote Linie gezogen werden. Der Sport wächst und wächst auf der Aktiven-, wie auf der Zuschauerseite. Der Frauenfußball braucht nicht so verzweifelt Geld, dass er sich so erniedrigen und für Sportswashing missbrauchen lassen müsste.“
Neuseeländischer Sportminister fordert Erklärung von der FIFA
Kopfschütteln, Enttäuschung und Ärger auch in Neuseeland. Sportminister Grant Robertson verlangte schriftlich von der FIFA eine Erklärung und beschwerte sich – wie die Australier – darüber, dass die Gastgeberländer nicht konsultiert wurden.
Für die ehemalige neuseeländische Nationalspielerin Rebecca Sowdon hat die FIFA damit auch noch den letzten Rest an Glaubwürdigkeit verspielt: "Fußballfans, alle Frauensportverbände und die breite Öffentlichkeit halten diesen Sponsorendeal für mehr als unpassend. Die FIFA verkauft das letzte bisschen Seele an ein frauenverachtendes Regime, – obwohl die FIFA behauptet, bei der WM Frauen auf der Weltbühne feiern und voranbringen zu wollen. Mit diesem Sponsor nimmt ihnen das in Neuseeland niemand mehr ab.”
Journalistin fordert Weltverband für Frauen
Es ist nicht bekannt wie viele Millionen der Deal mit den Saudis für die FIFA wert ist. Zum ersten Mal wurden die Sponsorenrechte für die Männer- und Frauen-WM getrennt ausgehandelt. „Es wäre an der Zeit, dass die Frauen ihren eigenen Weltverband bekommen“, schlägt Journalistin Rachael O’Sullivan vor.
Sie hofft, dass die Fußballerinnen nicht so klein beigeben wie die Männer bei der Armbinden-Saga in Katar. Allen voran: die australischen Gastgeberinnen: “Das australische Männerteam gab ein starkes politisches Statement vor der WM in Katar ab. Die Frauenmannschaft hat etwas Ähnliches angedeutet. Fußballerinnen sind lautstarke Aktivistinnen für Frauenbelange. Sie werden diese Sache an die große Glocke hängen, und ich bin sicher, andere Verbände und andere Mannschaften werden das auch tun.”