Riad, ein Platz vor dem historischen Fort Masmak. Die beiden Bankangestellten Rawan und Bahar haben sich hier getroffen, um die gelöste Stimmung eines Straßenfestivals mit Musik zu genießen. Die beiden Frauen sind sehr optimistisch, was den Börsengang von Aramco angeht. Rawan erzählt:
"Ich habe vor anderthalb Jahren ein Aktienkonto eröffnet und noch keine Aktien darin - aber ich werde für eine große Summe Aramco-Aktien kaufen. Denn sie sind sicher - der Preis wird einerseits steigen, andererseits gibt es gute Dividende."
Rawan ist überzeugt, dass der Börsengang auch saudische Investoren zurückholen wird, die in den vergangenen Jahren ihr Geld lieber im Ausland angelegt haben. Außerdem verspricht sie sich eine Belebung des Börsenplatzes Riad. Auch ihre Kollegin Bahar will in Aramco-Aktien investieren:
"Ich glaube, die Aramco-Aktie wird sich für saudische Privatpersonen auszahlen - sie wird ihr Einkommensniveau anheben."
Eine weit verbreitete Hoffnung, jetzt wo gestiegene Lebenshaltungskosten und neu eingeführte Steuern das Geld in saudischen Haushalten knapper werden lassen.
Saudische Privatanleger werden bevorzugt
Außerdem bekommen saudische private Anleger eine Bonusaktie geschenkt, wenn sie zehn Aktien kaufen und diese mindestens ein halbes Jahr halten. Ob alle Interessenten zum Zuge kommen, ist indes unklar: Die Aktie ist überzeichnet, das heißt es gibt mehr Nachfrage als Angebot.
Die Tatsache, dass ein vermutlich iranischer Anschlag im September wichtige Aramco-Ölanlagen außer Betrieb gesetzt hat, hat das Vertrauen der meisten Saudis in ihr Staatsunternehmen nicht erschüttert.
Sie verweisen im Gegenteil gern darauf, wie gut man reagiert und die Produktion schnell wieder aufgenommen habe. Kein Wunder - ein großer Teil des Staatshaushaltes wird durch Aramco generiert, außerdem durfte vor dem Börsengang nicht der Anschein von Verletzlichkeit entstehen.
Börsengang soll Transparenz fördern - und Geld bringen
Anonym und nicht ins Mikrofon betont eine langjährige Aramco-Mitarbeiterin, wie gut der Börsengang für das Unternehmen selbst sei: So werde es endlich zu größerer Transparenz gezwungen. Das findet auch die Bankangestellte Rawan:
"Wir werden mehr darüber erfahren, was das Unternehmen macht, welche Abkommen es schließt. Wenn es öffentliche Investoren gibt, müssen diese mehr darüber wissen."
Auch wenn die Preise für Erdöl in den vergangenen Jahren stark geschwankt haben und die Nachfrage nach umweltfreundlicheren Energieformen wächst: Die meisten Saudis sind sich sicher, dass der Wert des Unternehmens erhalten bleibt.
"Aramco ist die größte Ölfirma der Welt. Solange wir auf Erdöl bauen, wird es wichtig sein. Es wird noch viele Jahre dauern, bis es wirkliche Energiealternativen gibt - wenn das überhaupt mal geschieht."
"Aramco verlässt sich nicht nur auf Öl, sondern auch auf Solarenergie. Saudi-Arabien wird weitere Einkommensquellen entwickeln - und vielleicht wird Aramco das auch unterstützten, damit da kein wirtschaftlicher Einbruch entsteht."
Erdöl wird weiter wichtig bleiben, prophezeit der Minister
Das postfossile Zeitalter jedenfalls scheint in Saudi-Arabien noch weit entfernt. Bei einer Konferenz in Riad betont der neue saudische Energieminister Abdulaziz Bin Salman, ein Halbbruder des Kronprinzen, welche große Zukunft das Erdöl noch vor sich hat:
"Wir arbeiten an einem innovativen Programm, um neue Ölnachfrage zu schaffen. Wir wissen, dass wir von Elektroautos und anderen Dingen herausgefordert werden. Wir wollen neue Wege finden, Öl und Gas jenseits des üblichen Markts zu nutzen."
Mehr könne er momentan nicht verraten, so der Erdölminister, der auch noch auf Projekte mit Solar-, Wind- und Nuklearenergie verweist: Langfristig will man Solarpanels ins Ausland exportieren. Doch von der Ausbeutung der Ölreserven will sich der Prinz keinesfalls abbringen lassen:
"Wir werden das Öl bis zum letzten Kohlenstoffmolekül aussaugen - und dabei sicherstellen, dass wir auch Teil der Lösung sind, indem wir die Umweltproblematik beachten."