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Saudischer Journalist
Fragen und Antworten zum Fall Khashoggi

Tagelang wurde über den Verbleib des kritischen saudischen Journalisten Jamal Khashoggi spekuliert. Jetzt ist in saudischen Staatsmedien seine Tötung bestätigt worden. Wir beantworten wichtige Fragen zu dem Fall.

    Jamal Khashoggi im Jahr 2014, damals Generalmanager eines neuen arabischen Nachrichtenkanals, spricht auf einer Pressekonferenz on Manama, Bahrain, Monday, Dec. 15, 2014.
    Jamal Khashoggi (Hasan Jamali / AP / dpa / picture alliance)
    Wer war Jamal Khashoggi?
    Khashoggi war ein Journalist, der aus einer namhaften saudischen Familie in Medina stammte. Sein Großvater war Arzt und behandelte den König, sein Onkel war ein bekannter Waffenhändler. Er ging zum Studieren in die Vereinigten Staaten. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) in einem Porträt schreibt, schätzte er aber nicht nur demokratische Werte, sondern auch islamistische. So soll er den Muslimbrüdern zumindest nahe gestanden und bis in die Gegenwart persönliche Kontakte mit Mitgliedern gepflegt haben.
    Die Nachrichtenagentur AFP bezeichnet ihn als einen "Veteran des Journalismus in Saudi-Arabien". Während des Afghanistan-Konflikts in den 80er-Jahren habe er wiederholt den späteren Al-Kaida-Führer Osama bin Laden interviewt. Wegen seiner Ansichten habe er als Chefredakteur der angesehenen Zeitung "Al-Watan" abtreten müssen.
    Jamal Kashoggi (Archiv-Bild von 2014)
    Jamal Kashoggi (Archiv-Bild von 2014) (MOHAMMED AL-SHAIKH / AFP)
    Im vergangenen Jahr verließ Khashoggi ein Land, dessen Wandel ihn immer mehr einengte, schreibt dpa. Er habe nicht mehr schreiben dürfen, um ihn herum seien immer mehr Freunde und Bekannte festgenommen worden, sagte er im Juni. Unter der Führung von Kronprinz Mohammed bin Salman sah der kritische Kommentator keine Zukunft für sich, nur noch wachsende Gefahr. Er sei zwar ein Unterstützer des Reformkurses, aber "jetzt im Exil, weil ich nicht im Gefängnis landen will".
    Khashoggi lebte seit September 2017 in den USA und arbeitete als Kolumnist für die Zeitung "Washington Post". Er kritisierte in Meinungsbeiträgen das saudische Königshaus und dessen Politik unter Kronprinz Mohammed bin Salman. Seine Kritik richtete sich unter anderem gegen die Verwicklung in den Krieg im Jemen und die Festnahme von Frauenrechtsaktivistinnen.
    Was ist mit Khashoggi passiert?
    Khashoggi ging am 2. Oktober in das saudi-arabische Konsulat in Istanbul, um dort Papiere für seine geplante Hochzeit abzuholen. Seitdem war er verschwunden. Es wurde spekuliert, dass er im Konsulat von einem aus Saudi-Arabien angereisten Spezialkommando getötet wurde.
    Mittlerweile meldet die staatliche saudische Nachrichtenagentur Spa, zwischen Khashoggi und mehreren Personen sei es bei einer Diskussion zu einem Faustkampf gekommen, der zu seinem Tod geführt habe. In diesem Zusammenhang seien 18 saudische Staatsangehörige festgenommen worden. Zudem sei der Vizepräsident des Geheimdienstes, al-Assiri, auf Anordnung von König Salman seines Postens enthoben worden. Er gilt als enger Vertrauter von Kronprinz Mohammed bin Salman.
    Das saudische Konsulat in Istanbul
    Das saudische Konsulat in Istanbul (imago stock&people)
    Gibt es mehr Fälle wie den von Khashoggi?
    Wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet, hat Saudi-Arabien seine Gangart mit Kritikern in den vergangenen Jahren deutlich verschärft. Unter der rigiden Herrschaft von Kronprinz Mohammed bin Salman seien zahlreiche Aktivisten, Kleriker, Geschäftsleute oder Frauenrechtler eingesperrt worden. Auch im Ausland verschwanden nach Medienberichten mindestens drei kritische Angehörige der Königsfamilie.
    Welche Bedeutung hat Saudi-Arabien und wie fallen die internationalen Reaktionen aus?
    Die vergleichsweise verhaltene Reaktion der USA und anderer Staaten im Fall Khashoggi lasse sich auch durch die geopolitische Bedeutung Saudi-Arabiens erklären, heißt es in einer AFP-Analyse. Besonders US-Präsident Trump setze auf das Königreich, um den Iran einzudämmen, den er als Quelle allen Übels in der Region betrachte. Dafür sei er auch bereit, über die aggressive Außenpolitik des Kronprinzen gegenüber Katar und dem Libanon sowie die vielfach kritisierte Militärintervention im Jemen hinwegzusehen. Saudi-Arabien ist der weltgrößte Ölexporteur und auch ein wichtiger Markt für Rüstungsgüter. Die Bundesregierung hat einen Stopp aller Waffenexporte als Konsequenz aus dem Verschwinden Kashoggis bisher ausgeschlossen.
    US-Präsident Trump geht neben dem saudischen König Salman zum Gipfeltreffen in Riad
    US-Präsident Trump geht neben dem saudischen König Salman zum Gipfeltreffen (dpa, picture-alliance Evan Vucci)
    Unklar ist bisher die genaue Rolle des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman im Fall Khashoggi. Er hatte weitreichende Reformen in seinem Staat eingeleitet, zugleich aber die Repression gegen Kritiker verschärft. Khashoggi hatte wiederholt seine Politik kritisiert und sich auch gegen die Militärintervention im Jemen, die Blockade Katars und die Verfolgung der Muslimbruderschaft ausgesprochen.
    (wes)