Ralf Krauter: Weil wir Menschen immer mehr Kohlendioxid in die Luft pusten, nehmen auch die Weltmeere immer mehr davon auf. Die Folge: Sie enthalten immer mehr Kohlensäure und versauern allmählich. Die ökologischen Schäden sind schon heute sichtbar. Bestimmte Muschelarten zum Beispiel tun sich schwer, ihre Schale zu bilden. Korallen drohen abzusterben und manche Fische verlieren die Orientierung. In einer Metastudie heute im Fachmagazin "Nature Climate Change" haben Forscher nun erstmals alle verfügbaren Daten zu einem großen Gesamtbild zusammengefügt. Koordinator der Arbeit, in die über 160 Studien einflossen, ist Hans Pörtner vom Alfred-Wegner-Institut in Bremerhaven. Er ist Professor für marine Ökologie und ich habe ihn vor der Sendung gefragt, welche Arten von Meerestieren er ins Visier genommen hat, um den Blick für das große Ganze zu bekommen.
Hans Pörtner: Wir haben uns Tierstämme ausgewählt, die auch untersucht worden sind mit Blick auf das Geschehen in Massensterben in der Erdgeschichte, in denen ja Ozeanversauerung auch eine Rolle gespielt hat. Wir wollten wissen, ob die vorhandenen Daten uns ähnliche Auskunft geben wie die Literatur über diese evolutionären Krisen. Und da stand bei uns im Blickpunkt - aufgrund der verfügbaren Fossilien - das Massensterben in Übergang von Perm zu Trias vor 250 Millionen Jahren, und ausgewählt haben wir die Stachelhäuter, die Echinodermen. Wir haben die Mollusken, die Weichtiere, dazugenommen, die Krebstiere, die Krustazeen, und dann auch die Fische dazugenommen. Vergessen darf ich nicht die Korallen, natürlich. Und wir haben eben im Vergleich der modernen Daten zu den Paläodaten versucht zu ermitteln, ob die Empfindlichkeitsverteilung zwischen diesen Tierstämmen heute noch so ist, wie sie damals war.
Krauter: Nun mussten Sie ja für diese Berechnung, für diese Prognosen auch bestimmte Szenarien für die Ozeanversauerung zugrunde legen. Wovon sind Sie da ausgegangen?
Pörtner: Da haben wir uns orientiert an den Klimaszenarien für die nächsten Jahrzehnte, bis 2100. Und darüber hinaus, also, es gibt auch viele Untersuchungen, die einfach sich die Frage gestellt haben, wie wir CO2 als Faktor, und im Winter oft höhere Konzentrationen, benutzt worden, als diejenigen, die wir jetzt in den nächsten Jahrzehnten zu erwarten haben. Also es gibt ein ganzes Spektrum von CO2-Konzentrationen, was wir da abdecken konnten. Natürlich sind die Daten auch hier und da ein bisschen lückenhaft, aber insgesamt haben wir doch ein schönes Gesamtbild herausbekommen.
Krauter: Was ist das Ergebnis dieser Metastudie? Welche Tierarten werden wahrscheinlich zu den Verlierern zählen, wem geht's voraussichtlich an den Kragen?
Pörtner: Da kann man sagen, dass das eigentlich in allen Tiergruppen, die wir hier angeschaut haben, Effekte da sein werden. Am wenigsten noch bei den Krustazeen. Das ist jetzt eine vergleichende Betrachtung, wir können sagen, die Krustazeen sind im Durchschnitt weniger empfindlich als die Mollusken oder die Echinodermen oder die Korallen. Bei diesen drei Gruppen scheint die Empfindlichkeitsverteilung unter den Arten etwa gleich zu sein. Wir haben die CO2-Konzentrationen, die eingesetzt wurden in den Untersuchungen, in Gruppen unterteilt und dann die Arten entsprechend zugeordnet. Wir können also sagen, bei zum Beispiel 500 bis 650 ppm haben wir einen prozentualen Teil von empfindlichen Arten von 30 und das steigt dann bei höheren CO2-Konzentrationen entsprechend. Das ist sozusagen eine CO2-Titration, die wir da durchgeführt haben, und diese Empfindlichkeitsverteilung steigt eben bei diesen Wirbellosen, die Korallen, Mollusken und Echinodermen früher an, als bei den Krustazeen. Und bei den Fischen ist das Bild, das wir bekommen haben, nicht eindeutig. Sie scheinen aufgrund der aktuellen Datenlage empfindlicher, dies spiegelt sich aber nicht in den Daten, die wir für die Paläoereignisse haben. Und aus anderen Betrachtungsweisen würde man auch ableiten, dass Fische eher weniger empfindlich sind. Es gibt da eine ganze Gruppe von Untersuchungen zum Verhalten von Fischen, wie sich das unter CO2 verändert. Diese Untersuchungen deuten an, dass sie relativ empfindlich sind. Aufgrund dieser Unstimmigkeiten würde ich aber gerade hier die Frage stellen, inwieweit denn diese aktuellen Befunde tatsächlich auch auf die langen Zeitskalen, um die es hier geht, anwendbar sind.
Krauter: Also ihre Befunde deuten ja darauf hin, dass Fische langfristig vielleicht doch erstaunlich gut mit saureren Meeren zurechtkommen könnten?
Pörtner: Besser als die anderen Gruppen, ja.
Krauter: Woran liegt das? Wie kann man sich das erklären?
Pörtner: Wir haben da als Tierphysiologen eine grundlegende Hypothese, dass die Fähigkeit der Tiere, den ph-Wert in ihren Körperflüssigkeiten im Blut zu regulieren, also den Säuregrad einzustellen. Und darüber bestimmt, wie empfindlich sie auf dieses CO2 reagieren, was im Meerwasser eben sich anreichert, in das Tier eindringt und dort eine Ansäuerung verursacht. Und es gibt hier Systeme, an den Membranen, an den [unverständlich], an den Kiemen, die dieser Ansäuerung entgegenwirken und versuchen, den pH-Wert im Blut konstant zu halten. Und dies können Fische besonders gut. Dies können Krustazeen auch noch sehr gut und die anderen, die empfindlicheren Gruppen können das eben nicht so gut. Wobei dieses eine Aussage ist, die man eigentlich dann für jede Art im Einzelnen untersuchen müsste. Und da gibt es aber noch nicht so viele Studien, dass man hier eine entsprechende Analyse machen könnte.
Krauter: Ihre Studie soll ja mal Teil des nächsten IPCC-Berichts werden, des Berichts des Weltklimarates. Können Sie denn jetzt schon irgendwelche Folgerungen oder vielleicht sogar Handlungsempfehlungen ableiten aus ihren Ergebnissen?
Pörtner: Diese Studie wird wie viele andere Studien auch in diesem IPCC-Bericht zitiert. Es gibt da andere Arbeiten, die auch entsprechende Metastudien berichten, also da muss man schon noch viel komplexere Sachverhalte zusammenbringen. Was uns diese Studie zeigt, ist, dass wir Empfindlichkeiten haben, dass diese Empfindlichkeiten auch in Krisenereignissen der Erdgeschichte berichtet wurden, und, das legt für uns nahe, dass wir mit dem derzeitigen Geschehen - der Mensch treibt ja einen Klimawandel voran, der mehr als zehnfach schneller ist, als das, was in den letzten bis zu 300 Millionen Jahren in der Erdgeschichte passiert ist - dass wir hier also die Organismen in Situationen bringen, an die sie sich nicht mehr anpassen können und wir hier als Handlungsempfehlung ganz klar sagen müssen, wir müssen die CO2-Emissionen in de Griff bekommen.
Krauter: Die Versauerung der Ozeane wird vielen Meeresbewohnern zu schaffen machen, sagt Professor Hans Pörtner vom Alfred-Wegner-Institut.
Hans Pörtner: Wir haben uns Tierstämme ausgewählt, die auch untersucht worden sind mit Blick auf das Geschehen in Massensterben in der Erdgeschichte, in denen ja Ozeanversauerung auch eine Rolle gespielt hat. Wir wollten wissen, ob die vorhandenen Daten uns ähnliche Auskunft geben wie die Literatur über diese evolutionären Krisen. Und da stand bei uns im Blickpunkt - aufgrund der verfügbaren Fossilien - das Massensterben in Übergang von Perm zu Trias vor 250 Millionen Jahren, und ausgewählt haben wir die Stachelhäuter, die Echinodermen. Wir haben die Mollusken, die Weichtiere, dazugenommen, die Krebstiere, die Krustazeen, und dann auch die Fische dazugenommen. Vergessen darf ich nicht die Korallen, natürlich. Und wir haben eben im Vergleich der modernen Daten zu den Paläodaten versucht zu ermitteln, ob die Empfindlichkeitsverteilung zwischen diesen Tierstämmen heute noch so ist, wie sie damals war.
Krauter: Nun mussten Sie ja für diese Berechnung, für diese Prognosen auch bestimmte Szenarien für die Ozeanversauerung zugrunde legen. Wovon sind Sie da ausgegangen?
Pörtner: Da haben wir uns orientiert an den Klimaszenarien für die nächsten Jahrzehnte, bis 2100. Und darüber hinaus, also, es gibt auch viele Untersuchungen, die einfach sich die Frage gestellt haben, wie wir CO2 als Faktor, und im Winter oft höhere Konzentrationen, benutzt worden, als diejenigen, die wir jetzt in den nächsten Jahrzehnten zu erwarten haben. Also es gibt ein ganzes Spektrum von CO2-Konzentrationen, was wir da abdecken konnten. Natürlich sind die Daten auch hier und da ein bisschen lückenhaft, aber insgesamt haben wir doch ein schönes Gesamtbild herausbekommen.
Krauter: Was ist das Ergebnis dieser Metastudie? Welche Tierarten werden wahrscheinlich zu den Verlierern zählen, wem geht's voraussichtlich an den Kragen?
Pörtner: Da kann man sagen, dass das eigentlich in allen Tiergruppen, die wir hier angeschaut haben, Effekte da sein werden. Am wenigsten noch bei den Krustazeen. Das ist jetzt eine vergleichende Betrachtung, wir können sagen, die Krustazeen sind im Durchschnitt weniger empfindlich als die Mollusken oder die Echinodermen oder die Korallen. Bei diesen drei Gruppen scheint die Empfindlichkeitsverteilung unter den Arten etwa gleich zu sein. Wir haben die CO2-Konzentrationen, die eingesetzt wurden in den Untersuchungen, in Gruppen unterteilt und dann die Arten entsprechend zugeordnet. Wir können also sagen, bei zum Beispiel 500 bis 650 ppm haben wir einen prozentualen Teil von empfindlichen Arten von 30 und das steigt dann bei höheren CO2-Konzentrationen entsprechend. Das ist sozusagen eine CO2-Titration, die wir da durchgeführt haben, und diese Empfindlichkeitsverteilung steigt eben bei diesen Wirbellosen, die Korallen, Mollusken und Echinodermen früher an, als bei den Krustazeen. Und bei den Fischen ist das Bild, das wir bekommen haben, nicht eindeutig. Sie scheinen aufgrund der aktuellen Datenlage empfindlicher, dies spiegelt sich aber nicht in den Daten, die wir für die Paläoereignisse haben. Und aus anderen Betrachtungsweisen würde man auch ableiten, dass Fische eher weniger empfindlich sind. Es gibt da eine ganze Gruppe von Untersuchungen zum Verhalten von Fischen, wie sich das unter CO2 verändert. Diese Untersuchungen deuten an, dass sie relativ empfindlich sind. Aufgrund dieser Unstimmigkeiten würde ich aber gerade hier die Frage stellen, inwieweit denn diese aktuellen Befunde tatsächlich auch auf die langen Zeitskalen, um die es hier geht, anwendbar sind.
Krauter: Also ihre Befunde deuten ja darauf hin, dass Fische langfristig vielleicht doch erstaunlich gut mit saureren Meeren zurechtkommen könnten?
Pörtner: Besser als die anderen Gruppen, ja.
Krauter: Woran liegt das? Wie kann man sich das erklären?
Pörtner: Wir haben da als Tierphysiologen eine grundlegende Hypothese, dass die Fähigkeit der Tiere, den ph-Wert in ihren Körperflüssigkeiten im Blut zu regulieren, also den Säuregrad einzustellen. Und darüber bestimmt, wie empfindlich sie auf dieses CO2 reagieren, was im Meerwasser eben sich anreichert, in das Tier eindringt und dort eine Ansäuerung verursacht. Und es gibt hier Systeme, an den Membranen, an den [unverständlich], an den Kiemen, die dieser Ansäuerung entgegenwirken und versuchen, den pH-Wert im Blut konstant zu halten. Und dies können Fische besonders gut. Dies können Krustazeen auch noch sehr gut und die anderen, die empfindlicheren Gruppen können das eben nicht so gut. Wobei dieses eine Aussage ist, die man eigentlich dann für jede Art im Einzelnen untersuchen müsste. Und da gibt es aber noch nicht so viele Studien, dass man hier eine entsprechende Analyse machen könnte.
Krauter: Ihre Studie soll ja mal Teil des nächsten IPCC-Berichts werden, des Berichts des Weltklimarates. Können Sie denn jetzt schon irgendwelche Folgerungen oder vielleicht sogar Handlungsempfehlungen ableiten aus ihren Ergebnissen?
Pörtner: Diese Studie wird wie viele andere Studien auch in diesem IPCC-Bericht zitiert. Es gibt da andere Arbeiten, die auch entsprechende Metastudien berichten, also da muss man schon noch viel komplexere Sachverhalte zusammenbringen. Was uns diese Studie zeigt, ist, dass wir Empfindlichkeiten haben, dass diese Empfindlichkeiten auch in Krisenereignissen der Erdgeschichte berichtet wurden, und, das legt für uns nahe, dass wir mit dem derzeitigen Geschehen - der Mensch treibt ja einen Klimawandel voran, der mehr als zehnfach schneller ist, als das, was in den letzten bis zu 300 Millionen Jahren in der Erdgeschichte passiert ist - dass wir hier also die Organismen in Situationen bringen, an die sie sich nicht mehr anpassen können und wir hier als Handlungsempfehlung ganz klar sagen müssen, wir müssen die CO2-Emissionen in de Griff bekommen.
Krauter: Die Versauerung der Ozeane wird vielen Meeresbewohnern zu schaffen machen, sagt Professor Hans Pörtner vom Alfred-Wegner-Institut.