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Kritik vom Deutschen Schachbund
Schach-Weltverband schließt trans Frauen von Frauen-Events aus

Der Schach-Weltverband FIDE hat entschieden, trans Frauen aus internationalen Frauen-Wettbewerben zu verbannen. Nur eine Untersuchung durch den FIDE-Rat könne das Verbot im Einzelfall aufheben, heißt es. Der Deutsche Schachbund äußert scharfe Kritik.

Von Lukas Thiele |
    Der Schach-Weltverband FIDE hat trans Frauen von internationalen Frauen-Wettbewerben ausgeschlossen.
    Der Schach-Weltverband FIDE hat trans Frauen von internationalen Frauen-Wettbewerben ausgeschlossen. (imago images / ITAR-TASS / Yuri Smityuk via www.imago-images.de)
    Der Schach-Weltverband FIDE schließt trans Frauen künftig von internationalen Wettbewerben aus. Eine entsprechende Regel hat der FIDE-Rat Anfang des Monats verabschiedet. Sie tritt am 21. August in Kraft.
    "Sollte das Geschlecht von männlich zu weiblich geändert worden sein, hat die Spielerin kein Recht, an offiziellen FIDE-Events für Frauen teilzunehmen, bis weitere Entscheidungen durch die FIDE getroffen wurden", heißt es in einem am Montag veröffentlichten Regel-Handout. Das Verbot könne in einzelnen Fälle aufgehoben werden, aber erst nach einer Überprüfung durch den FIDE-Rat. Das könne bis zu zwei Jahre dauern, teilte der Verband mit.

    FIDE will weitere Richtlinien für Umgang mit trans Frauen entwickeln

    Die FIDE habe festgestellt, dass die Fragestellung ein "sich entwickelndes Thema" für den Schachsport sei. "Die FIDE und ihre Mitgliedsverbände erhalten immer häufiger Anerkennungsanträge von einzelnen Mitgliedern, die sich als Transgender identifizieren". Deshalb müssten nun weitere Richtlinien "im Einklang mit Forschungsergebnissen" entwickelt werden. Bis dahin bleiben trans Frauen von internationalen Frauen-Turnieren ausgeschlossen.
    Gegenüber der Nachrichten-Agentur Reuters erklärte die FIDE: "Die Transgender-Gesetzgebung entwickelt sich in vielen Ländern rasant. Viele Sportverbände verabschieden ihre eigenen Regelungen. Die FIDE wird diese Entwicklungen beobachten und schauen, wie wir sie auf die Schach-Welt anwenden können."
    Weiter hieß es: "Zwei Jahre sind ein Zeitrahmen, der für die gründliche Analyse solcher Entwicklungen angemessen erscheint."

    Frauen-Titel nach Geschlechtsangleichung aberkannt

    Trans Frauen dürfen laut Verband weiter an offenen Turnieren teilnehmen, die für alle Spielerinnen und Spieler offen sind. Reine Männer-Turnieren gibt es im Schach nicht. Es gibt nur offene Turniere und Frauen-Turniere. Laut der neuen FIDE-Regel werden zudem weiblichen Spielerinnen, die sich später als männlich identifizieren, alle Frauen-Titel aberkannt.
    Wenn die Entscheidung rückgängig gemacht werde, bestehe die Möglichkeit, den Titel zurückzubekommen. Andersherum passiere laut FIDE aber nichts: "Wenn ein Spieler das Geschlecht von einem Mann zu einer Frau gewechselt hat, bleiben alle früheren Titel anrechenbar." 
    Aktivisten für die Rechte von transsexuellen Menschen kritisierten die Entscheidung der Fide. Schachmeisterin Yosha Iglesias, selbst trans Frau, twitterte: "Die FIDE hat eine Liste mit Anti-Trans-Regeln veröffentlicht, als wäre es die 'größte Bedrohung für Frauen im Schach'."
    In einem anderen Tweet schrieb sie zu einem Bild des FIDE-Rats: "Bin ich Frau genug? Diese Leute werden das entscheiden. Sie brauchen vielleicht 'weitere Untersuchungen'. Was für Untersuchungen genau?"

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    Deutscher Schachbund: "Schließen trans Frauen nicht aus"

    Und auch der Deutsche Schachbund (DSB) zeigte kein Verstädnis für die neuen FIDE-Regeln: "Wir schließen trans Frauen nicht aus. In Deutschland wurde bereits in den 2000ern eine trans Frau Deutsche Meisterin und auch in Zukunft dürfen selbstverständlich trans Frauen an allen deutschen Turnieren für Frauen teilnehmen", teilte der DSB auf Deutschlandfunk-Anfrage mit.
    Weiter hieß es: "Wir haben ernsthafte Bedenken, dass diese neuen Regeln der FIDE mit der Rechtssituation in mehreren Ländern vereinbar ist. Wenn eine Person gesetzlich als Frau anerkannt ist, ist es für uns nicht nachvollziehbar, was die FIDE noch prüfen möchte und warum sie - wie in den neuen Regeln festgeschrieben - dafür zwei Jahre braucht. Aus Sicht des DSB sind diese vom Weltschachverband erlassenen Regelungen zur Registrierung von Transgender-Schachspieler:innen ein Beispiel dafür, wie Diskriminierung entsteht, wenn die Betroffenen in keiner Weise eingebunden werden."

    Transgender-Regelungen in mehreren Sportverbänden

    In den vergangenen Monaten hatten gleich mehrere Sportverbände neue Transgender-Regelungen verabschiedet. Im Schwimmen, in der Leichtathletik sowie im Radrennsport dürfen trans Frauen nur an Wettbewerben für Frauen antreten, wenn ihre Geschlechtsangleichung vor der Pubertät stattgefunden hat. Sonst sei der körperliche Vorteil gegenüber cis Frauen zu hoch, heißt es in den jeweiligen Begründungen.
    In Australien hatte der nationale Basketball-Verband die Transgender-Athletin Lexi Rodgers aus semi-professionellen NBL1 ausgeschlossen - ein Präzedenzfall.