Welt-Schachverband
Darf wieder mit russischer Flagge gespielt werden?

Bei der Schach-Olympiade in Budapest gibt es eine heikle Diskussion: Werden die Sanktionen gegen Russland komplett aufgehoben und dürfen damit Spieler wieder unter russischer Fahne starten? Zunächst ist unklar, ob überhaupt darüber abgestimmt wird.

Ingrid Lauterbach im Gespräch mit Raphael Späth |
Eine Hand zieht eine Figur auf einem Schachbrett.
Setzt sich der Internationale Schachverband selbst unter Zugzwang? Die Wiederzulassung Russlands steht zur Debatte. (picture alliance / firo Sportphoto / Ralf Ibing)
Der kirgisische Verband wollte bei der Versammlung des Welt-Schachverbandes FIDE im Rahmen der Schach-Olympiade eine Abstimmung herbeiführen: Sollen die Sanktionen gegen Russland und auch Belarus aufgehoben werden?
"Es bleibt verworren", sagt die Präsidentin des deutschen Schachverbandes, Ingrid Lauterbach nach dem ersten Tag der Generalversammlung: Die entsprechende Kommission sage, dass die Abstimmung nicht stattfinden dürfe. Andere wiederum gehen davon aus, dass am zweiten Tag dennoch abgestimmt werde.
Verstärkt werde die Unsicherheit durch ein generelles Chaos bei der Versammlung und massiven Verzögerungen - das elektronisches Wahlsystem habe völlig versagt, nun versuche man klassisch mithilfe von Papier abzustimmen.

Aufhebung der Sanktionen könnte negative Konsequenzen haben

Falls es eine Abstimmung über die Wiederzulassung von Russland gebe, sei das Ergebnis völlig offen, meint Lauterbach: "Es ist eine schwierige Situation, denke ich. Und es ist auch so, dass natürlich einige Lager da sind." Bei einer Stimme pro Landesverband sei eine Prognose für sie kaum möglich. Sie hatte sich deutlich gegen die Wiederzulassung ausgesprochen und sagt: Es gebe einige Unterstützung - zum Beispiel durch den argentinischen Verband und viele europäische Nationen.
Auch die Öffnung von Turnieren für Menschen mit Behinderung ist für die Präsidentin des Deutschen Schachbundes als Kompromiss keine Alternative, sondern nur ein Einfallstor: "Das ist aus meiner Sicht nicht wirklich konsequent." Die Ex-Sowjet-Staaten seien zwar traditionell stark im Schach vertreten. Der aktuelle Präsident Arkadi Dworkowitsch ist selbst Russe. Dennoch habe er bei der Generalversammlung in Budapest noch einmal betont, wie wichtig eine Zusammenarbeit mit dem IOC sei – auch wenn das noch keine klare Aussage gegen eine Wiederaufnahme Russlands und Belarus sei.
Der Präsident versuche den Spagat, meint Lauterbach: Die russische Seite zufrieden stellen und trotzdem den Welt-Schach-Bund gut vertreten. Eine schwierige Konstellation. Zumal unangenehme Konsequenzen für den Verband drohen, sollte Russland wieder zugelassen werden, glaubt Lauterbach: Das würde ein Abrücken vom internationalen Sport bedeuten, ähnlich wie beim Boxverband IBA, der vom IOC sanktioniert wurde. Auch Sponsoren könnten sich abwenden, glaubt Lauterbach.