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Schacht Konrad für die Ewigkeit?

Umwelt.- Wohin mit abgebrannten Brennstäben? Diese Frage ist seit Jahren ungeklärt. Wo aber schwächerer radioaktiver Müll landet, zum Beispiel kontaminierte Kleidung und Maschinenteile, das steht fest: Er kommt nach Salzgitter in den Schacht Konrad. Zwischen 2015 und 2019 soll die Einlagerung beginnen.

Von Konstantin Zurawski | 08.11.2010
    850 Meter unter der Erde, genauer: Unter der Stadt Salzgitter, 20 Kilometer südwestlich von Braunschweig. Besuch des zukünftigen Endlagers Schacht Konrad. Hier wird in Zukunft schwach- und mittelradioaktiver Atommüll eingelagert – wann die Einlagerung beginnt, ist noch unsicher. Ursprünglich geplant war 2014, doch der Ausbau zum Endlager verzögert sich, mindestens um ein, im schlechtesten Fall um fünf Jahre.

    Schacht Konrad ist ein altes Eisenerzbergwerk – dass man sich inmitten von Eisenerz befindet, ist jedoch nur bei genauerem Hinsehen zu erkennen. Auf den ersten Blick sieht hier alles nach brauner, trockener Erde aus. Eisenerz wurde hier nur 15 Jahre lang abgebaut. Das liegt an dessen niedriger Qualität, erklärt Betriebsführer Karl-Hermann Wildt, der oberste Bergmann sozusagen.

    "Das Eisenerz – die Eisenerzqualität hier ist ja relativ schlecht. Wir haben ein Eisenanteil, der liegt nur bei ungefähr 30 Prozent. Und es gibt also Eisenerz viel, viel besserer Qualität, das wird im Tagebau gewonnen oder aber auch in Bergwerken deutlich geringerer Teufe, wo es gleich mit riesigen Trucks rausgefahren werden kann. Und insofern war die Gewinnung hier auch nie wirtschaftlich."

    Im offenen Jeep geht es durch das 40 Kilometer lange Streckensystem, das seit Januar 2008 zum Endlager umgebaut wird. Rund 30 Grad es ist unter Tage warm. Und das auch nur, weil das Bergwerk über Schacht 1 bewettert, das heißt mit Frischluft von über Tage versorgt wird. Ohne die Frischwetter wäre es unter Tage unerträglich heiß, Maschinenabgase und Staub würden den Bergleuten den Atem nehmen. Schacht 2 ist der Abwetterschacht. Hier gelangt die Luft aus der Grube nach oben. 130 Menschen arbeiten in Schacht Konrad im Drei-Schicht-Betrieb zurzeit daran, das ehemalige Bergwerk in ein Endlager für Atommüll zu verwandeln. Die Hauptaufgabe: Maschinen von über Tage nach unter Tage befördern. Das ist aufwendig, denn der Förderkorb ist zu klein, um die Maschinen am Stück zu transportieren.

    "Sie sehen also hier, das sind vier 30-Tonnen-Muldenkipper, zwei 30-Tonnen-Schubwarenfahrzeuge und drei 15-Tonnen-Radlader, die hier an der Seite stehen, eben in Einzelteilen, wobei zum Beispiel die Schaufeln von den Radladern, die kommen in drei Teilen runter und werden hier wieder zusammengesetzt."

    Karl-Hermann Wildt fährt den Jeep. Mit 40 Kilometern pro Stunde geht es an Maschinenteilen vorbei zu Sohle zwei, die Sohle, die vom Schacht am schnellsten zu erreichen ist. Hier steht in einer Sackgasse eine sogenannte Teilschnittmaschine. Eine Stromleitung versorgt sie mit 6000 Volt Spannung, der brummende Transformator macht daraus die benötigten 1000 Volt. Die Teilschnittmaschine fräst die Kammern in das Eisenerz, in denen der Atommüll lagern wird. Ein paar hundert Meter werden die Kammern lang sein, sechs Meter breit, sieben Meter hoch.

    "Geht's denn hier noch weiter? Also wird das hier noch länger?"

    "Das wird noch 200 Meter länger ungefähr. Bis hierhin war es damals in der Erkundung aufgefahren worden. Und wir müssen noch 200 Meter auffahren."

    Auffahren, das ist der bergmännische Fachbegriff für das Anlegen von Kammern. Sie sollen in fünf bis neun Jahren den ersten Atommüll aufnehmen. Bevor der Müll eingelagert wird, muss er jedoch konditioniert, also auf die Einlagerung vorbereitet werden. Bei der Konditionierung wird der Müll zusammengepresst, kommt in Fässer, die wiederum in Container. Täglich werden zwei Lkw- oder Bahnladungen konditionierten Atommülls in Salzgitter ankommen. So lange, bis die zugelassene Höchstmenge von 303.000 Kubikmeter erreicht sind, was in etwa dem Volumen eines mittelgroßen Containerschiffs entspricht.

    "Gebinde oder Container. Die kommen an über Tage, dann fahren sie ein in die Umladehalle. Da werden die Gebinde umgeladen und werden zunächst über einen Messplatz gefahren. Und wenn das so weit okay ist, wird's dann direkt verladen auf einen gleisgebundenen Plateauwagen, der wird dann zur Schachthalle geschoben, auf den Korb geschoben und dann geht's in die Grube auf die zweite Sohle."

    Und dort bleibt der Müll für immer. Denn das Konzept von Schacht Konrad lautet: Nicht rückholbar und wartungsfrei. Tausende Container verschiedener Größe mit schwach- und mittelradioaktivem Abfall sollen für immer in 850 Meter Tiefe eingelagert werden, fest umschlossen von Beton. Denn alle Zwischenräume in den Endlagerkammern und später das ganze Bergwerk werden ab 2040 mit enormen Mengen Beton verfüllt und so luftdicht verschlossen.