Mitten im Brüsseler Europaviertel liegt das Büro von Anne Stauffer von der Gesundheits- und Umweltweltschutzorganisation HEAL. Von hier aus verfolgt sie seit Monaten die Verhandlungen über die neuen europäischen Biozid-Vorschriften: In Putz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln sollen künftig besonders schädliche Substanzen – solche beispielsweise, die Krebs erregen oder das Erbgut schädigen – verboten werden. Das Verbot würde zwar die jetzige Regelung verschärfen – denn heute gibt es lediglich Leitlinien, die dafür sorgen sollen, dass solche Stoffe im Zulassungsprozess aussortiert werden. Anne Stauffer ist dennoch nicht zufrieden:
"Wir meinen aber, dass durch die vorgesehenen Ausnahmekriterien die Tür zu weit offen gelassen worden ist dafür, dass diese hochgefährlichen Substanzen weiter auf dem Markt bleiben können und hätten uns gewünscht, dass das Parlament hier doch entschiedener für das Verbot gekämpft hätte."
Holger Krahmer will diesen Vorwurf nicht gelten lassen. Der FDP-Europaabgeordnete findet: Für bestimmte Stoffe sind die Ausnahmen vom Verbot durchaus berechtigt – auch wenn sie potenziell gefährlich sein mögen:
"Ich denke, dass wir in einer Sackgasse landen werden, wenn wir Chemikalienpolitik ausschließlich durch eine Giftigkeitsbrille machen. Schädlingsbefall kann - gerade für Kleinkinder -, was die Krankheitsübertragungsrisiken angeht, viel gefährlicher sein als die letzten Milligramm Biozide, die wir einsetzen, um sie zu bekämpfen."
Ein weiterer Streitpunkt: die Prozedur, mit der neue Biozid-Produkte künftig zugelassen werden. Die Zulassung der einzelnen Inhaltsstoffe wird heute schon einheitlich für ganz Europa vergeben. Die Mischung aber, also das fertige Holzschutz- oder Desinfektionsmittel, das bekommt seine Zulassung bisher von jedem Mitgliedsstaat einzeln. So sind bestimmte Mittel gegen Schädlinge, Keime oder Schimmel heute in dem einen Land erlaubt, in dem anderen aber nicht. Das soll sich jetzt ändern: EU-Parlament und EU-Ministerrat wollen, dass die europäische Chemikalienagentur künftig auch für die fertigen Mischungen eine einheitliche Zulassung erteilt, die dann in allen 27 Staaten gilt. Anne Stauffer lehnt das aus zwei Gründen ab:
"Wir wissen ja überhaupt nicht, wie viele Produkte es auf dem Markt gibt- es gibt keine Zahlen dazu. Wir gehen aber davon aus: Wenn eine EU-weite Zulassung kommt – es wird mehr Produkte auf dem Markt geben. Und aus Gesundheitssicht ist noch überhaupt nicht ausreichend geklärt, inwiefern Biozide zu einer Resistenz gegenüber Antibiotika beitragen."
Die EU-Abgeordnete Christa Klaß von den Christdemokraten überzeugen solche Argumente nicht. Zum einen werde die EU-Chemikalienagentur die Produktsicherheit nach wissenschaftlichen Standards sehr genau prüfen, sagt die CDU-Parlamentarierin – und außerdem seien europaweit einheitlich getestete Mittel auch ein Vorteil für die Verbraucher, im Urlaub zum Beispiel.
"Es kann nicht sein, dass ich, wenn ich mir in Spanien ein Produkt kaufe, ein Mückenspray zum Beispiel, dass ich dann glauben muss: 'Okay, das ist jetzt in Spanien - das ist nicht so geprüft wie das deutsche.' Also lass uns das doch ordentlich auf einem europäischen Level machen - und dieser Level muss nicht und er kann nicht und er wird auch nicht schlechter sein, weil wir ja ganz klare Kriterien auch setzen."
In Brüssel wird damit gerechnet, dass die 27 EU-Staaten und das Europaparlament noch einige Monate lang über Detailfragen verhandeln werden, bevor die neuen Regeln in Kraft treten können. Wer schon jetzt unbedenkliche Alternativen zu chemischen Mitteln im Bad, in der Küche oder im Keller sucht, findet Tipps auf dem Biozidportal des Umweltbundesamtes unter www.biozid.info : Von Wanzen befallene Bücher oder andere kleine Gegenstände beispielsweise, heißt es dort, solle man einfach in eine Tüte verpackt einfrieren oder in die pralle Sonne legen. Ein todsicherer Trick gegen das Ungeziefer – und das ganz ohne Biozide.
Weiterführender Link:
Informationen auf der Seite des EU-Parlaments
"Wir meinen aber, dass durch die vorgesehenen Ausnahmekriterien die Tür zu weit offen gelassen worden ist dafür, dass diese hochgefährlichen Substanzen weiter auf dem Markt bleiben können und hätten uns gewünscht, dass das Parlament hier doch entschiedener für das Verbot gekämpft hätte."
Holger Krahmer will diesen Vorwurf nicht gelten lassen. Der FDP-Europaabgeordnete findet: Für bestimmte Stoffe sind die Ausnahmen vom Verbot durchaus berechtigt – auch wenn sie potenziell gefährlich sein mögen:
"Ich denke, dass wir in einer Sackgasse landen werden, wenn wir Chemikalienpolitik ausschließlich durch eine Giftigkeitsbrille machen. Schädlingsbefall kann - gerade für Kleinkinder -, was die Krankheitsübertragungsrisiken angeht, viel gefährlicher sein als die letzten Milligramm Biozide, die wir einsetzen, um sie zu bekämpfen."
Ein weiterer Streitpunkt: die Prozedur, mit der neue Biozid-Produkte künftig zugelassen werden. Die Zulassung der einzelnen Inhaltsstoffe wird heute schon einheitlich für ganz Europa vergeben. Die Mischung aber, also das fertige Holzschutz- oder Desinfektionsmittel, das bekommt seine Zulassung bisher von jedem Mitgliedsstaat einzeln. So sind bestimmte Mittel gegen Schädlinge, Keime oder Schimmel heute in dem einen Land erlaubt, in dem anderen aber nicht. Das soll sich jetzt ändern: EU-Parlament und EU-Ministerrat wollen, dass die europäische Chemikalienagentur künftig auch für die fertigen Mischungen eine einheitliche Zulassung erteilt, die dann in allen 27 Staaten gilt. Anne Stauffer lehnt das aus zwei Gründen ab:
"Wir wissen ja überhaupt nicht, wie viele Produkte es auf dem Markt gibt- es gibt keine Zahlen dazu. Wir gehen aber davon aus: Wenn eine EU-weite Zulassung kommt – es wird mehr Produkte auf dem Markt geben. Und aus Gesundheitssicht ist noch überhaupt nicht ausreichend geklärt, inwiefern Biozide zu einer Resistenz gegenüber Antibiotika beitragen."
Die EU-Abgeordnete Christa Klaß von den Christdemokraten überzeugen solche Argumente nicht. Zum einen werde die EU-Chemikalienagentur die Produktsicherheit nach wissenschaftlichen Standards sehr genau prüfen, sagt die CDU-Parlamentarierin – und außerdem seien europaweit einheitlich getestete Mittel auch ein Vorteil für die Verbraucher, im Urlaub zum Beispiel.
"Es kann nicht sein, dass ich, wenn ich mir in Spanien ein Produkt kaufe, ein Mückenspray zum Beispiel, dass ich dann glauben muss: 'Okay, das ist jetzt in Spanien - das ist nicht so geprüft wie das deutsche.' Also lass uns das doch ordentlich auf einem europäischen Level machen - und dieser Level muss nicht und er kann nicht und er wird auch nicht schlechter sein, weil wir ja ganz klare Kriterien auch setzen."
In Brüssel wird damit gerechnet, dass die 27 EU-Staaten und das Europaparlament noch einige Monate lang über Detailfragen verhandeln werden, bevor die neuen Regeln in Kraft treten können. Wer schon jetzt unbedenkliche Alternativen zu chemischen Mitteln im Bad, in der Küche oder im Keller sucht, findet Tipps auf dem Biozidportal des Umweltbundesamtes unter www.biozid.info : Von Wanzen befallene Bücher oder andere kleine Gegenstände beispielsweise, heißt es dort, solle man einfach in eine Tüte verpackt einfrieren oder in die pralle Sonne legen. Ein todsicherer Trick gegen das Ungeziefer – und das ganz ohne Biozide.
Weiterführender Link:
Informationen auf der Seite des EU-Parlaments