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Schalldämpfer im Rotorblatt

Mit Werkstoffen, die sich an veränderte Bedingungen anpassen, versuchen Ingenieure Probleme gleich an der Wurzel zu lösen. Smart Materials wie Piezowerkstoffe etwa können störenden Schwingungen in Fahrzeugen entgegenwirken und so Lärm mindern. Die neuesten Trends und Entwicklungen haben Branchenexperten auf dem internationalen Kongress "Acutator" in Bremen diskutiert.

Von Christoph Kersting |
    Die meisten Raucher tragen ihr ganz persönliches "smart material" quasi in der Hosentasche. Denn Feuerzeuge entzünden ihre Flamme mittels einer kleinen Piezokeramik, und Piezowerkstoffe spielen auch in der Adaptronik eine Hauptrolle, sagt Uwe Keitel von der Fraunhofer-Allianz Adaptronik:

    "Beim Feuerzeug ist es so: Man hat also den Effekt, dass man diesen Piezo zusammendrückt. Das passiert über einen Federmechanismus, man drückt mit dem Daumen drauf. Und da schlägt so ein kleiner Hammer ganz schnell und kräftig auf diesen Piezo. Dieser Piezo wird zusammengedrückt und gibt dann ein Spannungssignal ab. Dieses Spannungssignal ist sehr groß - so groß, dass über eine kleine Funkenstrecke ein elektrischer Funkenüberschlag entsteht, und der entzündet dann das Gas in dem Feuerzeug, sodass die Flamme entsteht."

    Piezokeramiken arbeiten nach einem einfachen physikalischen Prinzip: Die in ihnen enthaltenen Quarzkristalle geben elektrische Energie ab, sobald mechanische Kräfte auf sie einwirken - das Feuerzeugprinzip. Dieser Piezoeffekt funktioniert aber auch in umgekehrter Richtung. Erhalten die Piezokristalle also einen elektrischen Impuls von außen, verändern sie ihre Form und können so äußeren Kräften entgegen wirken. Die Piezokristalle arbeiten also gleichzeitig als Sensor wie auch als Aktor. Beide Eigenschaften seien wichtig, um zum Beispiel Vibrationen und damit Lärm zu mindern oder auszuschalten, erläutert Uwe Keitel:

    "Im Auto zum Beispiel ist das der Fall, wo man drüber nachdenkt, so etwas einzusetzen, dass ganze Autodächer gedämpft werden und dann das Ganze leiser wird, also man ruhiger fährt. Das kann aber auch in Werkhallen sein, in der Industrie, wo man also Maschinen dämpfen will und dort den Geräuschpegel runter nimmt, indem man in den Strukturen schon diese Teile einbindet."

    Dabei geben die Piezowerkstoffe als Sensor eine Vibration an einen Regler weiter. Dieser sendet ein Signal zurück an die Piezokristalle, die nun der Schwingung entgegen arbeiten.

    Einen Höllenlärm machen bekanntlich auch Hubschrauber. Und auch hier könnten Piezowerkstoffe Abhilfe leisten. Die entsprechende Technik präsentiert Vanessa Pelcat vom französischen Unternehmen Cedrat Technologies gleich neben dem Messestand der Fraunhofer-Forscher: ein Rotorblatt im Miniaturformat, bestückt mit Piezokeramiken.

    "Woran wir arbeiten, ist eine Lärmreduzierung um bis zu 50 Prozent. Dafür setzen wir Piezowerkstoffe in die Rotorblätter ein. Die reagieren auf die Luftreibung, die ja den Lärm verursacht, und sorgen dafür, dass kleine Klappen auf den Rotoren aufgestellt werden, die dieser Reibung entgegen wirken. So könnten mehr Hubschrauberlandeplätze auch in Innenstädten entstehen."

    2015 wollen die französischen Ingenieure soweit sein, dass die Technik marktreif ist.

    Neben Piezowerkstoffen sind sogenannte Formgedächtnislegierungen ein weiterer Schwerpunkt der Bremer "Actuator"-Tagung. "Formgedächtnis" steht für spezielle Materialien, Nickel-Titan-Legierungen etwa, die durch Einfluss von außen wie etwa eine Temperaturerhöhung ihre Form ändern und anschließend wieder in ihren Ausgangszustand zurückkehren. An einem Einsatz der Technik in der Unterhaltungsindustrie arbeitet das deutsch-italienische Joint Venture Actuator Solutions AS, das seinen Chefingenieur Roman Chudzik nach Bremen geschickt hat:

    "Die Technik kommt in Mobiltelefonen, iPads und Kameras zum Einsatz. Hauchdünne Formgedächtnis-Drähte verhindern, dass wir beim Fotografieren Bilder verwackeln. Das ermöglicht auch, dass Aufnahmen bei schlechteren Lichtverhältnissen gemacht werden."

    Als Teil einer Zoomoptik erhalten die Formgedächtnisdrähte dabei über einen Regler einen elektrischen Impuls, wodurch sich die Drähte ausdehnen und so den Zoom in Gang setzen. Die Technik habe hier gegenüber Piezo-Antrieben klar die Nase vorn, erklärt Roman Chudzik: Die feinen Nickel-Titan-Drähte seien wesentlich kleiner und arbeiteten zudem schneller und ohne störende Geräusche.