Die Schriftstellerin Herta Müller beschreibt in vielen ihrer Bücher das Ceausescu-Regime und sein Erbe, das in Rumänien vielerorts noch zu spüren ist. Die systemkritische Autorin war vor der Wende jahrelang bespitzelt und verhört worden, auch verboten ihr die Machthaber, Bücher zu schreiben. Das alles wurde in einem Dossier festgehalten, das bis heute unauffindbar ist.
Die Schriftstellerin, die seit Ende der 80er Jahre in Deutschland lebt, hat lediglich ein paar Seiten erhalten, auf denen Namen von zahlreichen Künstlern aufgelistet sind:
"Es gibt keinen einzigen konkreten Vorgang, der sich auf meine Person bezieht. Insofern ist es im Grunde eine Augenwischerei. Es ist zusammengefegter Müll. Ich halte das für dreist. Und es ist eigentlich eine Provokation, es beleidigt meinen Verstand."
Seit fünf Jahren können Rumänen bei einer Untersuchungsbehörde, die die Securitate-Vergangenheit aufarbeiten soll, Einsicht in ihr Dossier beantragen. Das ist gesetzlich festgelegt, doch sieht die Praxis anders aus. Bisher verwaltete der neue rumänische Geheimdienst SRI das Securitate-Archiv und gab das Material nur nach Gutdünken heraus. Horia-Roman Patapievici hat oft erlebt, dass prekäre Akten von Betroffenen fehlen. Er arbeitete in den vergangenen Jahren für die Untersuchungsbehörde und misstraut der Nachricht, dass jetzt das gesamte Archiv übergeben werden soll. Schließlich hat niemand den Inlandsgeheimdienst beim Zusammenstellen des Materials kontrolliert. In Rumänien hat sich nichts geändert, sagt Patapievici:
"Seit seiner Gründung hat der neue Geheimdienst tun und lassen können, was er wollte. Er ist die einflussreichste und mächtigste Institution in Rumänien. Nicht eine Regierung, nicht ein Parlament, und auch kein Präsident hatten bisher den Mut, sich dem Geheimdienst zu widersetzen. Mit der jetzigen Aktenübergabe hat sich der Geheimdienst auch gegen die neue Präsidentschaft durchsetzen können und das ist skandalös."
Die Schlüsselrolle bei der Aufarbeitung der Securitate-Akten spielt weniger das Archiv als das Gesetz. Es erlaubt, dass auch Dossiers unter Verschluss bleiben, wenn sie die nationale Sicherheit beeinträchtigen. Das öffnet Tür und Tor für reine Willkür. Zudem besitzt allein der Geheimdienst die Kartothek, mit der sich Decknamen entschlüsseln lassen.
Den in Rumänien bekannten Historiker Marius Oprea verwundert nicht, dass dem Geheimdienst so viel Macht überlassen wurde. Der Wissenschaftler erforscht seit Jahren, wie die alten Securitate-Strukturen überlebt haben. So beschäftigt der neue Geheimdienst beispielsweise rund ein Drittel des alten Securitate-Personals. Zudem sitzen viele Ex-Offiziere in leitenden Positionen von Parteien, Wirtschaftsunternehmen oder in der staatlichen Verwaltung, sagt der Historiker Marius Oprea. Wird ihre Vergangenheit enthüllt, bleibt das folgenlos, weil es dafür keine juristischen Regelungen gibt:
"Ich bin Lokalberater in der Stadtverwaltung von Brasov und ich musste vor einem Komitee des Rathauses einen Eid ablegen. Und wen treffe ich da? Einen Securitate-Offizier, der mich 1988 verhaftet hatte. Das ist die Realität. Ich musste schwören, dass ich die Demokratie in Rumänien schützen werde. Und diesen Eid legte ich vor einem Ex-Offizier ab, der mich einst verhört hatte."
Die Schriftstellerin Herta Müller will sich mit dieser Realität nicht abfinden und so lange Gesuche schreiben, bis sie ihr Dossier einsehen darf.
Sie will nicht länger raten, wer sie bespitzelt hat. So ahnt Herta Müller, dass auch ihre beste Freundin für den Geheimdienst tätig war:
"Sie hat mich natürlich gemocht und sie hat mich auch die ganze Zeit und von Anfang an verraten. Also ich mache mir schon meine Gedanken, obwohl ich es bis heute nicht weiß und ich will es auch nicht glauben. Ich möchte eine Variante, weil es hat nur eine gegeben. Ich möchte nicht zwei und beide sind Hypothesen. Ich möchte eine, von der ich weiß, so war es. Das ist alles."
Die Schriftstellerin, die seit Ende der 80er Jahre in Deutschland lebt, hat lediglich ein paar Seiten erhalten, auf denen Namen von zahlreichen Künstlern aufgelistet sind:
"Es gibt keinen einzigen konkreten Vorgang, der sich auf meine Person bezieht. Insofern ist es im Grunde eine Augenwischerei. Es ist zusammengefegter Müll. Ich halte das für dreist. Und es ist eigentlich eine Provokation, es beleidigt meinen Verstand."
Seit fünf Jahren können Rumänen bei einer Untersuchungsbehörde, die die Securitate-Vergangenheit aufarbeiten soll, Einsicht in ihr Dossier beantragen. Das ist gesetzlich festgelegt, doch sieht die Praxis anders aus. Bisher verwaltete der neue rumänische Geheimdienst SRI das Securitate-Archiv und gab das Material nur nach Gutdünken heraus. Horia-Roman Patapievici hat oft erlebt, dass prekäre Akten von Betroffenen fehlen. Er arbeitete in den vergangenen Jahren für die Untersuchungsbehörde und misstraut der Nachricht, dass jetzt das gesamte Archiv übergeben werden soll. Schließlich hat niemand den Inlandsgeheimdienst beim Zusammenstellen des Materials kontrolliert. In Rumänien hat sich nichts geändert, sagt Patapievici:
"Seit seiner Gründung hat der neue Geheimdienst tun und lassen können, was er wollte. Er ist die einflussreichste und mächtigste Institution in Rumänien. Nicht eine Regierung, nicht ein Parlament, und auch kein Präsident hatten bisher den Mut, sich dem Geheimdienst zu widersetzen. Mit der jetzigen Aktenübergabe hat sich der Geheimdienst auch gegen die neue Präsidentschaft durchsetzen können und das ist skandalös."
Die Schlüsselrolle bei der Aufarbeitung der Securitate-Akten spielt weniger das Archiv als das Gesetz. Es erlaubt, dass auch Dossiers unter Verschluss bleiben, wenn sie die nationale Sicherheit beeinträchtigen. Das öffnet Tür und Tor für reine Willkür. Zudem besitzt allein der Geheimdienst die Kartothek, mit der sich Decknamen entschlüsseln lassen.
Den in Rumänien bekannten Historiker Marius Oprea verwundert nicht, dass dem Geheimdienst so viel Macht überlassen wurde. Der Wissenschaftler erforscht seit Jahren, wie die alten Securitate-Strukturen überlebt haben. So beschäftigt der neue Geheimdienst beispielsweise rund ein Drittel des alten Securitate-Personals. Zudem sitzen viele Ex-Offiziere in leitenden Positionen von Parteien, Wirtschaftsunternehmen oder in der staatlichen Verwaltung, sagt der Historiker Marius Oprea. Wird ihre Vergangenheit enthüllt, bleibt das folgenlos, weil es dafür keine juristischen Regelungen gibt:
"Ich bin Lokalberater in der Stadtverwaltung von Brasov und ich musste vor einem Komitee des Rathauses einen Eid ablegen. Und wen treffe ich da? Einen Securitate-Offizier, der mich 1988 verhaftet hatte. Das ist die Realität. Ich musste schwören, dass ich die Demokratie in Rumänien schützen werde. Und diesen Eid legte ich vor einem Ex-Offizier ab, der mich einst verhört hatte."
Die Schriftstellerin Herta Müller will sich mit dieser Realität nicht abfinden und so lange Gesuche schreiben, bis sie ihr Dossier einsehen darf.
Sie will nicht länger raten, wer sie bespitzelt hat. So ahnt Herta Müller, dass auch ihre beste Freundin für den Geheimdienst tätig war:
"Sie hat mich natürlich gemocht und sie hat mich auch die ganze Zeit und von Anfang an verraten. Also ich mache mir schon meine Gedanken, obwohl ich es bis heute nicht weiß und ich will es auch nicht glauben. Ich möchte eine Variante, weil es hat nur eine gegeben. Ich möchte nicht zwei und beide sind Hypothesen. Ich möchte eine, von der ich weiß, so war es. Das ist alles."