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Schauspieler-Auftrieb am Broadway

Wegen der Finanzkrise werden in US-Studios weniger Filme produziert - und jene, die finanziert werden, sollen möglichst ein Massenpublikum anziehen. Anspruchsvolle Filme haben es in diesem Klima schwer - und auch bekannte Schauspieler müssen sich Jobs am Theater suchen.

Von Gerti Schön |
    Die Filme von Avantgarderegisseuren, wie zuletzt etwa Quentin Tarantinos "Inglorious Basterds", sind häufig die Lieblinge der Filmkritiker, auch wenn sie zumindest in den USA nur selten ein Massenpublikum in die Kinos locken. Regisseure wie Tarantino oder Steven Soderbergh fanden zu Anfang ihrer Karriere eine künstlerische Heimat bei unabhängigen Filmstudios wie Miramax oder New Line Cinema, die in den 80er-Jahren entstanden.

    Sie bescherten der Welt Leinwandhits wie "Der Englische Patient", "Pulp Fiction" oder "Sex, Lügen und Video". Doch den sogenannten "Indies" war nur ein kurzes Schicksal beschieden: Eines nach dem anderen wurde von einem großen Filmstudio geschluckt oder steht, wie derzeit Harvey Weinsteins Company, am Rande der Pleite. Michael Lynne, Mitbegründer von New Line in New York.

    "Die 80er-Jahre waren eine Zeit irrationaler Ausgelassenheit, es gab Kapital in Hülle und Fülle. Man hatte das Gefühl als stünden wir an der Schwelle einer neuen Ära mit ganz neuen, unabhängigen Filmunternehmen. Einige dieser Studios haben tatsächlich eine Menge vorzuweisen, aber leider hat heute keines davon die gleichen Eigentümer wie damals und keines ist wirklich mehr unabhängig. Und wenn man zu einem großen Filmstudio gehört, muss man sich den dortigen Sitten beugen. Es ist eine Art Faustischer Pakt."
    Heute befindet sich die gesamte Filmindustrie Amerikas in der Krise. Das jüngere Publikum macht immer mehr vom Internet Gebrauch, statt ins Kino zu gehen und der Verkauf von DVDs ist im letzten Jahr um neun Prozent gesunken. Dazu kommt, dass in der gegenwärtigen Finanzkrise immer weniger Banken bereit sind, den Filmstudios das nötige Geld zur Verfügung zu stellen. Auch international verlassen sich die Kinos weniger auf amerikanische Ware, sondern fördern – und zeigen - verstärkt einheimische Produktionen. Die Folge: die US-Filmstudios produzieren im nächsten Jahr ein Drittel weniger Filme als im letzten und jene die finanziert werden, sollen möglichst ein Massenpublikum anziehen. Ira Deutchman, Filmprofessor an der New Yorker Columbia Universität.

    "Ich bezweifle, dass die Situation in der Öffentlichkeit wirklich als Krise wahrgenommen wird. In gewisser Weise sieht es sogar so aus als hätten die Kinos die Zuschauerverluste, die sie vor ein paar Jahren hinnehmen mussten, wieder wett gemacht. Angesichts der Wirtschaftskrise strömen die Leute wieder in Massen in die Kinos. Aber die Industriebosse selbst sind stark verunsichert, weil sie nicht wissen, welchen Einfluss das Internet auf ihr Geschäft ausüben wird. Manche sagen, wir befinden uns in der Post-Filmstudio-Ante-Internet-Ära. Man stochert im Dunkeln herum und sucht nach Antworten."
    Anspruchsvolle Filme ohne weltweit bekannte Schauspieler, die nicht nur der bloßen Flucht in die Unterhaltung dienen, haben es in diesem Klima schwer. Obwohl in der Wintersaison traditionell mehr anspruchsvolle Filme herauskommen, weil man sie den Oscar-Juroren vorstellen will, gibt es in diesem Jahr 40 Prozent weniger Neuproduktionen als im Vorjahr. Das hat vor allem mit den langfristigen Auswirkungen des Autorenstreiks vor zwei Jahren zu tun, der die Film- und vor allem die Fernsehindustrie stellenweise vollständig lahmlegte und dafür sorgte, dass weniger Manuskripte in Filme umgesetzt wurden. Ira Deutchman sieht der Zukunft mit gemischten Gefühlen entgegen.

    "Meine Theorie ist, dass sich das Geschäft in zwei verschiedene Richtungen entwickeln wird: Einerseits werden Kinos immer mehr zu Erlebnisparks mutieren. Man wird den Erlebnischarakter eines Kinobesuchs ausschlachten. Vielleicht bekommen wir ja schaukelnde Sitze und Special Effects, die unseren Hintern kitzeln, während wir uns einen Film anschauen. 3D wird sehr populär sein. Man wird sich auf das konzentrieren, was einen Kinobesuch von dem was man zu Hause sehen kann, unterscheidet. Andererseits bin ich jedoch davon überzeugt, dass die Zuschauer auch weiterhin gerne unabhängige Filme sehen werden, wenn wir die nötige Sorgfalt walten lassen."
    Einige Beobachter befürchten angesichts der gegenwärtigen Krise gar, dass selbst bekannten Schauspielern die Arbeit ausgehen könnte. Vielleicht ist die neue Knappheit an Kinofilmen ja einer der Gründe dafür, dass derzeit so viele renommierte Darsteller Rollen im Fernsehen und am Broadway annehmen. So treten derzeit James-Bond-Star Daniel Craig und "X-Men”-Celebrity Hugh Jackman in dem Broadwaystück "A Steady Rain” auf. In den kommenden Monaten werden auch Catherine Zeta Jones, Sienna Miller und Jude Law vorübergehend auf die Bühne wechseln.