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Schavan will Bundesuniversitäten einführen

Angesichts des Vorschlags von Bildungsministerin Annette Schavan, Bundesuniversitäten einzuführen, rät KMK-Präsident Bernd Althusmann zu "Ruhe und Gelassenheit". Man könne bis zum Auslaufen der Exzellenzinitiative im Jahre 2017 "über die gemeinsame Förderung von Spitzenforschung zwischen Bund und Ländern nachdenken".

Bernd Althusmann im Gespräch mit Manfred Götzke |
    Manfred Götzke: Verantwortlich für die Bildungspolitik in Deutschland sind – richtig – die Bundesländer. Sie machen die Schul- und Hochschulgesetze und sind auch fürs Geld zuständig bis auf ein paar Ausnahmen: So fördert der Bund ja mit der sogenannten Exzellenzinitiative Spitzenforschung. 2017 läuft diese Initiative aus, aber was dann? Die Bundesbildungsministerin Annette Schavan könnte sich danach vorstellen, einige Spitzen-Unis in die Verantwortung des Bundes zu überführen. Das hat sie in einem Interview am Wochenende gesagt. Der CDU-Politiker Bernd Althusmann ist Kultusminister in Niedersachsen und zurzeit Chef der Kultusministerkonferenz. Herr Althusmann: Der Bund pickt sich die Rosinen raus, kümmert sich um die Renommee-Unis, und Sie, die Länder, finanzieren den Rest. Eine Idee, mit der Sie sich anfreunden können?

    Bernd Althusmann: Also diese Idee der Bundesuniversitäten ist nun nicht ganz neu. Im Jahr 2000 vor der Einigung auf die Exzellenzinitiative wurde das bereits im wissenschaftlichen Raum, politischen Raum diskutiert, dann aber nicht weiterverfolgt, nachdem man sich auf die Exzellenzinitiative verständigt hatte. Letztendlich fördern Bund und Länder herausragende Forschung an den Universitäten, und für die nächste Förderrunde 2012 bis 2017 sind insgesamt 2,7 Milliarden Euro vorgesehen. Ich denke, man sollte nun das Auslaufen dieser Exzellenzinitiative im Jahre 2017 erst mal abwarten, mit Ruhe und Gelassenheit über die gemeinsame Förderung von Spitzenforschung zwischen Bund und Ländern nachdenken und dann aber auch entsprechend handeln, und dann wird letztendlich über die Frage der Finanzierung in den Gesprächen mit Bund, Ländern und Hochschulen zu entscheiden sein, ob man dieses Thema weiterverfolgen sollte. Ich denke, Sorgfalt vor Eile, Sorgfalt und gründlich so etwas beraten, und klar ist: Deutschland will mit seinen Universitäten natürlich immer im Konzert der großen Universitäten weltweit mithalten, das ist auch richtig, aber man sollte jetzt nichts übers Knie brechen.

    Götzke: Das heißt, Sie halten von den Bundesuniversitäten nichts, wenn ich Sie da richtig verstehe?

    Althusmann: Ich glaube, man sollte jetzt wirklich deutlich machen, dass wir eine Exzellenzinitiative bis 2017 mit 2,7 Milliarden Euro immerhin unterlegen, Bund und Länder steigen hier mit der Finanzierung, die Länder nach unterschiedlichen Schlüsseln entsprechend mit ein, und ich glaube, dass wir uns wirklich mit einem solchen Vorstoß noch ein wenig Zeit nehmen sollten und abwarten, ob das wirklich der richtige Weg ist. Ich bin da etwas skeptisch, etwas zurückhaltend, aber grundsätzlich sind diese Überlegungen natürlich überhaupt nicht neu.

    Götzke: Ein Parteikollege von Ihnen hatte Annette Schavan ja auch schon kritisiert, sie habe mit Bundesuniversität ein Reizwort gebraucht. Ist vielleicht nur das Wort unglücklich? Gegen die Finanzierung der Spitzen-Unis im Rahmen der Exzellenzinitiative an sich hatten die Länder ja bisher nichts.

    Althusmann: Also es gibt solche Vorstöße natürlich auch aus dem wissenschaftlichen Bereich, meines Wissens hat auch der Präsident der Humboldt-Universität ähnliche Überlegungen. Wir haben auf der Kultusministerkonferenz derartige Fragen jetzt nicht weiter thematisiert, insofern denke ich dient es einem guten Brauch, zwischen Bund und Ländern diese Frage im Rahmen der nächsten Konferenz oder der nächsten Kultusministerkonferenzen zu besprechen, im einvernehmlichen Dialog. Also ich finde solche Vorstöße überhaupt jetzt nicht dramatisch, aber ich glaube, das ist nur auf ganz lange Sicht gedacht, und vielleicht muss jedes Detail noch mal sehr genau überprüft werden, ob es wirklich zielführend ist, einzelne Universitäten herauszuheben, zu Bundesuniversitäten zu machen, oder ob wir nicht generell ein Interesse daran haben müssen, unsere 80 und weiteren Universitäten, Fachhochschulen auf ein exzellentes Niveau, internationales Niveau zu hieven. Und dafür brauchen wir natürlich entsprechende Investitionen in der Zukunft.

    Götzke: Die Frage ist ja nur: Wer soll sie tätigen? Eigentlich darf der Bund das ja nicht aufgrund des Kooperationsverbotes.

    Althusmann: Das Kooperationsverbot ist eine wirklich manchmal akademisch anmutende Debatte. Es geht da letztendlich um Fragen des Grundgesetzes auf Basis der letzten Ergebnisse der Föderalismuskommission. Ich meine mit Blick auf die Bildungsinitiative 2008 – Zehnprozentziel vom Bruttoinlandsprodukt – heute sagen zu können, dass wir auf einer Vielzahl von Feldern zwischen Bund und Ländern schon heute kooperieren, trotz Kooperationsverbotes. Also es gibt dort genügend Beispiele. Die Exzellenzinitiative übrigens ist eines dieser Beispiele. Der Bund ist hier erheblich mit in Vorleistung gegangen, und auch bei den Studienanfängerzahlen, Stichwort doppelter Abiturjahrgang, werden Bund und Länder hier gemeinsam in die Finanzierung einsteigen. Also insofern ist dieses Kooperationsverbot zwar bestehend, wir werden auch im Herbst mit der Bundeskanzlerin als ein nachgeordnetes Thema sicherlich auch darüber einmal sprechen, aber ich würde es jetzt nicht so hochstilisieren wollen.

    Götzke: Zurzeit verhandeln Bund und Länder ja wieder in Sachen Hartz IV. Inwieweit wäre da das Kooperationsverbot Verhandlungsmasse?

    Althusmann: Es kann nicht die Aufgabe des neu gewählten KMK-Präsidenten sein, in die Diskussion um Hartz IV und in die Verhandlungen zwischen den einzelnen Partnern ... jetzt soll sich ja sogar die Ministerpräsidentenkonferenz sozusagen einschalten auf Vorschlag einzelner Ministerpräsidenten. Ich habe da keine Empfehlungen zu geben. Ich weiß nur, dass das, was dort an Bildungspaket vorgesehen ist – wenn es unbürokratisch auf den Weg gebracht wird, wenn es nicht zu zusätzlichen Belastungen an Schulen und nicht zu einer zusätzlichen Verwaltungsbürokratie führt –, im Prinzip richtig ist und an der richtigen Stelle ansetzt, um Kindern auch aus bedürftigen Familien entsprechende Teilhabe zukommen zu lassen an Bildung, und das muss unser aller Ziel sein.

    Götzke: Bernd Althusmann, Niedersachsens Kultusminister und KMK-Chef, hält wenig von Annette Schavans Bundesuniversitäten. Vielen Dank!