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Schicke schnelle Bewegtbilder

Was das MP3-Format für Musik, ist für Videos der Standard H.264 sein: Hinter dem Kürzel verbirgt sich eine sehr effiziente Videokomprimierung, und die brauchte es dringend: Ein erheblicher Teil des Datenverkehrs im Netz besteht inzwischen aus Filmclips. H.264 mitentwickelt haben Berliner Wissenschaftler, die als viertes Team für den Deutschen Zukunftspreis 2012 nominiert sind.

Von Jan Rähm |
    Ein schmuckloser Bürobau am Salzufer in Berlins Mitte. In dieser Außenstelle des Fraunhofer Instituts für Nachrichtentechnik arbeiten drei Wissenschaftler, deren Technologie die Welt der bewegten Bilder verändert hat.

    "Also ich bin Thomas Wiegand. Mein Name ist Heiko Schwarz. Mein Name ist Detlev Marpe."

    Zwei sind Ingenieure, einer ist Mathematiker. Gemeinsam haben sie eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des Codierverfahrens H.264 gespielt - einem Komprimierungsverfahren für Videos, das heute internationaler Standard ist.

    "Ein Anwendungsbereich ist das hochauflösende Fernsehen. Dann haben wir den Bereich der Blu-ray-Discs. Dann haben wir den Bereich der mobilen Endgeräte, Smartphones und Tablets. Und dann haben wir den Bereich der Videokonferenzen, Telemedizin, Sicherheitstechnik. Auch dort wird H.264 eingesetzt."

    Nahezu jedes der genannten Geräte enthält einen sogenannten Decoder, der nach dem Standard H.264 bewegte Bilder entschlüsselt. Das heißt, ein Chip oder eine Software sorgen dafür, dass aus einem stark komprimierten Datensignal wieder Videos auf einem Bildschirm werden, natürlich ruckelfrei und hoch aufgelöst. Bevor das Videomaterial überhaupt den Empfänger erreicht, wurde es in H.264 codiert. Die einzelnen Bilder wurden in Bildpunkte aufgelöst, mithilfe komplizierter Algorithmen verarbeitet, komprimiert und in ein spezielles Format verpackt.

    "Wenn Sie aus einer Kamera ein HD-Video herausbekommen und das ist nicht komprimiert, dann sind das etwa 600 MBit/s. Und stellen Sie sich vor, Sie wollen das übertragen so wie über einen Internetanschluss, den viele zu Hause haben, da haben Sie etwa 10 MBit/s. Jetzt wollen Sie 600 MBit/s auf 10 MBit/s reduzieren und wenn Sie sich das in Prozentzahlen vorstellen und 600 MBit zu 100 Prozent setzen, dann reduzieren Sie das Video auf 1,7 Prozent bei 10 MBit."

    Nicht nur die Übertragung via Internet würde ohne H.264 schwierig. Selbst der Filmgenuss daheim wäre ohne ein adäquates Kompressionsverfahren schlicht nicht machbar. Denn wollte man die Rohdaten eines Films auf DVD pressen, wäre die Scheibe schon mit nur sechs Minuten Videomaterial komplett voll. Deswegen musste vor gut zehn Jahren ein effektiver Kompressionsstandard her. 2003 wurde die Grundversion festgelegt. Drei weitere Ausbaustufen folgten.

    "Es ist uns gelungen, bei der Grundversion erheblich zur Effizienz beizutragen. Wir haben mal gemessen und mehr als 50 Prozent der Effizienz kommt von uns. Und bei allen drei Erweiterungen ist es uns sogar gelungen, das Basismodell, auf dem die Standardisierung aufbaut, zu stellen, sodass wir dort einen sehr großen Einfluss hatten."

    Thomas Wiegand, Heiko Schwarz und Detlev Marpe entwickelten für H.264 eine ganze Reihe von Algorithmen, um die Datenmenge zu reduzieren. Einer davon basiert zum Beispiel darauf, Bilder vorherzusagen. Schwarz erklärt:

    "Also man kann sich das einfach so vorstellen, dass man das gegenwärtige Bild in Blöcke einteilt. Und für jeden Block sucht man im vorherigen Bild einen Bildbereich, der möglichst gut mit dem jetzigen Block übereinstimmt. Und diesen Block aus dem vorherigen Bild nimmt man dann als Vorhersage für den gegenwärtigen Block und muss nur noch ein Differenzsignal übertragen, das zu weiten Teilen auch einfach null ist, sodass man gar nichts weiter senden braucht."

    Stark vereinfacht heißt das: Bildteile, die sich von Bild zu Bild nicht verändern, übernimmt man aus dem vorherigen Bild und nur für die, die sich verändern, werden zusätzliche Signale übertragen. Damit spart H.264 bei der Videoübertragung jede Menge Bits und Bytes ein. Um die Datenmenge weiter zu reduzieren, werden auch Details weggelassen, die das menschliche Auge nicht wahrnehmen kann. Heiko Schwarz:

    "Zum Beispiel kann man hochfrequente Informationen meistens weglassen in diesen Bereichen. Gerade in Bereichen, die stark bewegt sind. Zum Beispiel ein Auto. Wenn sich das sehr schnell bewegt, dann können sie irgendeinen Kratzer im Lack nicht wahrnehmen."

    In die datenreduzierte Videodatei kommen also nur jene Bildinformationen, die der Mensch sehen kann und die sich ändern. Das Ergebnis spricht für sich: über zwei Stunden Hollywood in bester digitaler Videoqualität auf nur einer Scheibe.