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Ansagen nach Videobeweis
Schiedsrichter-Sprecher Feuerherdt: "Transparenz schafft Akzeptanz"

Bei der Frauen-WM haben die Schiedsrichterinnen ihre Entscheidungen nach Ansicht des Videobeweis dem Publikum über ihr Mikrofon mitgeteilt. In der Bundesliga wird es noch etwas dauern, bis so etwas eingeführt wird. Obwohl einiges dafür spricht.

Alex Feuerherdt im Gespräch mit Maximilian Rieger |
Die Schiedsrichterin Melissa Borjas entscheidet nach dem Videobeweis im WM-Spiel zwischen England und Nigeria gegen einen Strafstoß für die Engländerinnen.
Bei der Fußball-WM der Frauen werden Entscheidungen nach Videobeweis von den Unparteiischen über die Stadionmikrofone erklärt. Damit sollen die Entscheidungen transparenter und nachvollziehbar werden. (IMAGO / Isabel Infantes)
Es ist ein Versuch, um mehr Transparenz bei der Entscheidungsfindung der Schiedsrichterinnen herzustellen: Bei der WM der Frauen verkünden die Schiedsrichterinnen nach einer VAR-Entscheidung per Mikrophon auf dem Platz, welche Entscheidung getroffen wurde.
Dies sei aber aus mehreren Gründen nicht so einfach auf die Bundesliga übertragbar, sagte Alex Feuerherdt, der seit Juli 2023 Mediensprecher für die Schiedsrichter*innen der Bundesligen beim DFB ist.
"Ob ich jetzt bei 80.000 Zuschauern bei Bayern gegen Dortmund etwas als Schiedsrichter erklären muss, ist vielleicht was anderes, als wenn ich ein Spiel zu leiten habe, bei dem die Zuschauer nicht so involviert sind", sagte Feuerherdt mit Bezug auf WM-Spiele, die derzeit in Australien und Neuseeland stattfinden, im Deutschlandfunk.
Er begrüßte aber den Versuch, denn die Erklärungen über das Stadionmikrofon hätten auf jeden Fall einen "Mehrwert für die Zuschauer", sagte der Gründer des Schiedsrichter-Podcasts "Collinas Erben".

Dinge gehen unter, manche Entscheidung zu komplex

Es sei noch nicht absehbar, wann diese Ansagen auch in der Bundesliga zu sehen sein werden. Zuerst müsse man die Auswertung dieses Tests durch die FIFA abwarten.
"Wir sehen auf der Seite positive Aspekte, andererseits gehen bestimmte Dinge auch unter, wenn die Zuschauer zum Beispiel jubeln", sagte der Schiedsrichter-Experte. Bei komplexen Entscheidungen sei es zudem sehr schwierig, die Entscheidungen transparent zu erklären.
Es sei dabei auch eine Möglichkeit, den Funkverkehr zwischen dem Schiedsrichter auf dem Platz und dem Videoschiedsrichter zu veröffentlichen oder ggf. auch Schalten zum Videoschiedsrichter herzustellen, sagte Feuerherdt. Bisher ist der DFB dort noch zurückhaltend.
Feuerherdt wies allerdings auf die ARD-Dokumentation "Unparteiisch" hin. In der fünfteiligen Dokumentation horchen Zuschauer in den Funkverkehr der Schiedsrichter untereinander hinein. Dies sei in dieser Art international einmalig, sagte der 54-Jährige.

Vereine müssen ihr Okay geben

Zudem sei es eine sehr erfreuliche Entwicklung, dass die Schiesdrichter mehr Interviews geben, mehr in die Öffentlichkeit gehen und ihre Entscheidungen erklären. "Transparenz schafft Aktzeptanz", sagte Feuerherdt. Viele Menschen würden zurückmelden, dass sie die Schiedsrichter jetzt besser verstehen und verstehen, wie diese Menschen ticken.
Für mehr Transparenz im Stadion könnte auch sorgen, die Bilder der umstrittenen Szenen auf den Leinwänden zu zeigen. Auch das praktiziert die FIFA bei der WM. Schon vor vier Jahren hatte VAR-Chef Jochen Drees im Deutschlandfunk gesagt, dass er ein großer Freund von dieser Idee sei. Passiert ist seitdem nichts.
Bei dieser Frage seien jetzt die Vereine gefragt, sagte Feuerherdt. "Der Ball liegt ganz klar im Spielfeld der Vereine. Bei Welt- und Europameisterschaften können die FIFA oder die UEFA als Veranstalter selber entscheiden, was sie auf den Leinwänden zeigen. Das ist in der Bundesliga anders."
Von den Schiedsrichtern gebe es keinerlei Zurückhaltung mehr. "Wenn die Vereine bereit sind, dann kann das Ganze auch schnell gehen."