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Schiffbau in Mecklenburg-Vorpommern
Werften dürfen auf viele Aufträge hoffen

Die Schweriner Landesregierung kann ihr Glück kaum fassen: Der neue Eigner der Werften in Wismar, Rostock und Stralsund, Genting Hongkong, baut seine Kreuzfahrtschiffe künftig nur in Mecklenburg-Vorpommern. Womöglich rentiert sich die höchst umstrittene Werften-Förderpolitik vergangener Jahre doch noch.

Von Silke Hasselmann |
    Dunkle Wolken ziehen am 09.06.2015 über die Schiffbauhalle der Nordic Yards Werft in Wismar (Mecklenburg-Vorpommern), vor der zwei eisbrechende Rettungs- und Bergungsschiffe in Ausrüstungskai liegen.
    Schiffbauhalle der Nordic Yards Werft in Wismar in Mecklenburg-Vorpommern. (dpa/picture alliance/Jens Büttner)
    Erst das Ende der DDR, dann die Schiffbau- und Wirtschaftskrise, immer neue Eigentümer, Hoffnungen, Probleme, Pleiten. Oft klangen die noch verbliebenen Werftarbeiter von Wismar, Rostock und Stralsund so: "Aufträge gibt's ja nicht. Eigentlich ist es jedem schon egal, was wird."
    Dieser Tage klingen sie ganz anders: "Wir behalten alle unseren Job. Das ist die beste Nachricht von allen." - "Jetzt war großer Beifall auch zu hören." Der Beifall auf der Betriebsversammlung in Wismar Anfang Juli galt dem Plan des neuen Eigentümers Genting Hongkong. Der hatte den Werftenverbund "Nordic Yards" im Frühjahr gekauft. Sie sollten zur Lloyd Werften Group mit Sitz in Bremerhaven gehören, die Genting bereits vorher übernommen hatte.
    Mittlerweile jedoch scheinen sich die neuen Eigentümer ein präziseres Bild von dem Zustand ihrer nunmehr vier deutschen Werften gemacht zu haben. So jedenfalls erklärt sich Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Harry Glawe die Entscheidung von Genting, Kreuzfahrtschiffe ausschließlich auf den drei ostdeutschen Werften bauen zu lassen, die in den letzten 25 Jahren mit insgesamt mehr als einer Milliarde Euro Steuergeld modernisiert worden waren. "Wir waren auch ein bisschen überrascht darüber, weil ja anfangs die Situation so war, dass der Lloyd die Dinge ordnen sollte. Aber weil bei uns eben die Infrastruktur besser ist, weil bei uns die Hallen vorhanden sind, damit man die Schiffe unterm Dach bauen kann und damit witterungsunabhängig ist – das ist wahrscheinlich die strategische Entscheidung von Genting, hier in Mecklenburg-Vorpommern jetzt den Schiffbau zu machen."
    Genting muss nicht nach Abnehmern suchen
    Im Schweriner Wirtschaftsministerium laufen die Fäden für die Werftenförderung zusammen. Genting sei noch nicht vorstellig geworden, sagt Minister Glawe. Die 230 Millionen Euro für den Kauf wie auch die jetzt als Investition in die "MV Werften" angekündigten 100 Millionen Euro zahle Genting "aus der Portokasse". Aber: "Natürlich ist es jetzt so, dass Genting auch Geldgeber sucht, also Kredite. Da sprechen sie nach meinen Informationen zur Zeit mit der KfW auf Bundesebene. Und dann werden wir sehen, ob die Banken an uns herantreten und fragen nach Bürgschaften et cetera."
    Auch in der SPD-CDU-Landesregierung, die gerade einen Werften-Untersuchungsausschuss wegen geplatzter Landeskredite und -bürgschaften überstanden hat, reibt man sich noch immer die Augen. Man hat schon einige vielversprechende Investoren kommen und gehen sehen. Der Unterschied: Genting, ein milliardenschwerer Mischkonzern, muss nicht erst mühsam nach Abnehmern für die hier gebauten Schiffe suchen. Er braucht sie selbst: für den Ausbau der eigenen Kreuzfahrtflotte.
    In den Werften von Wismar, Rostock und Stralsund soll es also bald wieder nach dem Bau neuer Schiffe klingen. Von insgesamt bald 3.000 Arbeitsplätzen ist die Rede; das wäre eine Verdopplung der bisherigen Zahl. In Wismar haben sie sich zuletzt vor allem mit Reparaturen über Wasser gehalten. Nun, da dort der Hauptsitz der "MV Werften" entstehen soll, ist die Stimmung gut: "Wir haben eine Perspektive wieder. Wir bauen wieder Schiffe."