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Schikanen des IOC
"Im Sport ist es wie in totalitären Systemen"

Claudia Bokel, die ehemalige Chefin der IOC-Athletenkommission, erhebt schwere Anschuldigungen gegen das Internationale Olympische Komitee. Als es darum ging, russische Sportler wegen des Doping-Skandals von den Sommerspielen 2016 in Rio auszuschließen, soll sie, wegen ihrer strikten Haltung, schikaniert und gemobbt worden sein. Für Thomas Kistner von der Süddeutschen Zeitung keine Überraschung.

Astrid Rawohl im Gespräch mit Thomas Kistner |
    Thomas Kistner, Sportredakteur bei der "Süddeutschen Zeitung" und Buchautor bei der Sportkonferenz "Echt Sport?!" 2012 beim Deutschlandfunk
    Thomas Kistner, Sportredakteur bei der "Süddeutschen Zeitung" und Buchautor. (Deutschlandradio - Hendrik Maaßen)
    Die Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees, die russische Mannschaft bei den Olympischen Sommerspielen 2016 unter Auflagen doch starten zu lassen, sorgte weltweit für Unverständnis. Zu groß war die Beweislast für ein breitangelegtes, russisches Doping-System. Doch obwohl eine "überwältigende Mehrheit" der Athleten hinter ihr und Beckie Scott, der Athletensprecherin der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada, stand, habe sich Bokel bei der Abstimmung enthalten. "Sie muss massiv unter Druck gesetzt worden sein", vermutet Dopingexperte Thomas Kistner im Dlf.
    Bildnummer: 15252471 Datum: 07.12.2013 Copyright: imago/Sven Simon Claudia BOKEL, ehemalige Fechterin, Mitglied des PRaesidiums, IOC-Mitglied, Portraet, Porträt, Portrait, angeschnittenes Einzelbild, Einzelmotiv, Ordentliche DOSB Mitgliederversammlung in Wiesbaden, 07.12.2013. Â ; Mitgliederversammlung Versammlung DOSB 2013 Porträt Funktionär x0x xmb 2013 quer Sports Funktionär DOSB Deutscher Olympischer Sportbund Datenbank
    Claudia Bokel erhebt schwere Anschuldigungen gegen das IOC. (imago sportfotodienst)
    Das IOC habe Bokel in eine Befürworterrolle gedrängt, betont Kistner. Bokel, die heute Präsidentin des Deutschen Fechter-Bundes ist, hatte vergangene Woche auf einer Anti-Doping-Konferenz in Oslo ihr Schweigen gebrochen. Doch warum machte sie die Anschuldigungen erst zwei Jahre nach ihrem Ausscheiden aus dem Komitee publik? "Sie ist immer noch massiv in den Sport involviert", erklärt Kistner. "Wir sehen seit Jahren, dass sich kritische Geister nicht über eine gewisse Linie trauen." Doch Bokels Funktionärskarriere im olympischen Sport sei 2016 de facto beendet worden. "Es ist im Sport zuweilen wie in totalitären Systemen", warnt der Journalist.
    IOC für Kistner mit dem Fernziel Friedensnobelpreis
    Positiv sieht Kistner, dass sich Sportler zunehmend für ihre Interessen zusammenschließen. "Das ist natürlich eine Reaktion auf die tiefwurzelnden Missstände im olympischen Sport", sagt Kistner. Den Athleten bleibe häufig gar nichts anderes übrig, als sich selbst zu organisieren. Es gehe darum, nicht "völlig fremdgesteuert zu sein", betont er im Dlf. Die Reaktion des IOC auf Bokels Vorwürfe ist für Kistner nur ein weiteres Beispiel für die gravieren Probleme im Sport.
    "Wenn es zwei Begriffe gibt, die nichts miteinander zu tun haben, dann IOC und Glaubwürdigkeit." Der FIFA würde das IOC in Nichts nachstehen, meint Kistner. Gleichzeitig warnt er davor, die Annäherung im Koreakonflikt dem IOC anzurechnen. Es sei offensichtlich, dass die Funktionäre insgeheim den Friedensnobelpreis als Ziel ausgegeben hätten. "Wer diesen Verdienst dem IOC anhängen will, sollte echte Friedensstifter mit dem Karnevalsorden 'Wider den tierischen Ernst‘ entschädigen", sagt Kistner zum Abschluss des Gesprächs im Dlf.