Robert Putnam ist nicht immer diplomatisch. Vor ein paar Jahren war der Harvard-Soziologe am britischen Königshaus eingeladen. Die Top-Höflinge versammelten sich neugierig, um seine Meinung zur Zukunft des multikulturellen Großbritanniens zu hören. Putnam wusste Rat. Er setzte an zu einem längeren Vortrag über die geschickte Heiratspolitik der britischen Krone in der Vergangenheit, die für aktuelle Probleme als Vorbild dienen könne: "Sie sollten ein Zeichen der Integration von Minderheiten setzen und ein süßes Mädchen aus Bangladesh mit einem ihrer beiden jungen Prinzen verheiraten." Der Palast "was not amused".
Doch seinem Ruf, einer der einflussreichsten Soziologen der Gegenwart zu sein, hat das kaum geschadet. Und deshalb horchte nicht nur die akademische Gemeinschaft, sondern auch die amerikanische Öffentlichkeit auf, als Putnam in dieser Woche seine neuesten Forschungsergebnisse vorstellte. Seine Ergebnisse sind erneut alarmierend: Putnam kommt zu dem Schluss, dass es einen Zusammenhang zwischen Vielfalt einer Gesellschaft und Misstrauen unter deren Mitgliedern gibt: Je diverser die Gruppe, desto weniger vertrauen sich deren Mitglieder untereinander. Eine Einsicht, die nicht nur in einem immer bunter werdenden Amerika, sondern auch in einem zunehmend integrationsskeptischen Europa für Aufsehen sorgen wird. Putnam glaubt, dass sich die meisten Menschen gegenüber Vielfalt wie Schildkröten verhalten: Sie ziehen den Kopf ein. Der Forscher hält die Folgen eines ausgeprägten Multikulturalismus für schlimmer als je angenommen - weil Menschen unter diesen Umständen nicht mehr nur Menschen misstrauen, die nicht so wie sie sind. In sehr diversen Gemeinschaften, so die Analyse Putnams, trauen die Menschen auch nicht mehr anderen, die so sind wie sie.
Der Forscher hat sein empirisches Netz wieder breit ausgeworfen - in Los Angeles, einer der Städte mit dem größten Bevölkerungs-Mix weltweit, genauso wie im ländlichen Kansas. Doch seine Ergebnisse, sagt er, bestätigten sich weitgehend unabhängig vom Standort: Je gemischter die Gesellschaft, desto misstrauischer werden die Leute. Sie ziehen sich ins Private zurück, vor allem vor den Fernseher.
Diese Erkenntnisse sind für Putnam selbst gar nicht leicht zu verkraften. Der Soziologe ist ein klassischer amerikanischer Liberaler, der "diversity" (Vielfalt) als echten Wert hochhält und "affirmative action" - die Hilfsprogramme für Minderheiten bei der College-Bewerbung - unterstützt. Als sein Harvard-Kollege Samuel Huntington vor zwei Jahren die Grundwerte der amerikanischen Gemeinschaft durch die gestiegene Einwanderung aus Mexiko untergraben sah, distanzierte sich Putnam rasch von dessen Thesen.
Schon die Tatsache, dass er die breite Publikation seiner Forschung vertagt hat, bis ihm Lösungsvorschläge einfallen, zeigt die Brisanz der Aufgabe eines Dialogs zwischen den Kulturen. Zumindest in Amerika geschieht dies in einer Gesellschaft, die dafür vielleicht weniger aufgeschlossener ist denn je zuvor. In einem Kommentar im TIME Magazine schrieb Putnam vor einigen Monaten, angesichts der Polarisierung in der Politik und der wachsenden ökonomischen Kluft zwischen Superreichen und Habenichtsen sei mehr Zusammenhalt und Vertrauen in der US-Gesellschaft gerade besonders kompliziert.
Doch Putnam bleibt Optimist. Und so erwähnte er bei der Vorstellung seiner Thesen auch, Fremdheit sei eine soziale Konstruktion und daher natürlich dekonstruierbar. So spielten etwa im amerikanischen Militär Rassengrenzen kaum noch eine Rolle. Und die Einwanderer aus Irland, Italien oder Deutschland hätten Anfang des 20. Jahrhunderts nach anfänglichen Kämpfen zu einem friedlichen Zusammenleben gefunden. Vor allem aber hatte Putnam wieder einen der prägnanten Sätze parat, die seine Forschung so massentauglich machen. Der Harvard-Professor zitierte den Baseballstar Yogi Berra. Einst hatte der eine simple Weltformel gefunden, die auch zwischen verschiedenen Kulturen zum Einsatz kommen könnte: "Wenn du nicht zum Begräbnis von jemand anders gehst, kommen die anderen auch nicht zu deinem."
Doch seinem Ruf, einer der einflussreichsten Soziologen der Gegenwart zu sein, hat das kaum geschadet. Und deshalb horchte nicht nur die akademische Gemeinschaft, sondern auch die amerikanische Öffentlichkeit auf, als Putnam in dieser Woche seine neuesten Forschungsergebnisse vorstellte. Seine Ergebnisse sind erneut alarmierend: Putnam kommt zu dem Schluss, dass es einen Zusammenhang zwischen Vielfalt einer Gesellschaft und Misstrauen unter deren Mitgliedern gibt: Je diverser die Gruppe, desto weniger vertrauen sich deren Mitglieder untereinander. Eine Einsicht, die nicht nur in einem immer bunter werdenden Amerika, sondern auch in einem zunehmend integrationsskeptischen Europa für Aufsehen sorgen wird. Putnam glaubt, dass sich die meisten Menschen gegenüber Vielfalt wie Schildkröten verhalten: Sie ziehen den Kopf ein. Der Forscher hält die Folgen eines ausgeprägten Multikulturalismus für schlimmer als je angenommen - weil Menschen unter diesen Umständen nicht mehr nur Menschen misstrauen, die nicht so wie sie sind. In sehr diversen Gemeinschaften, so die Analyse Putnams, trauen die Menschen auch nicht mehr anderen, die so sind wie sie.
Der Forscher hat sein empirisches Netz wieder breit ausgeworfen - in Los Angeles, einer der Städte mit dem größten Bevölkerungs-Mix weltweit, genauso wie im ländlichen Kansas. Doch seine Ergebnisse, sagt er, bestätigten sich weitgehend unabhängig vom Standort: Je gemischter die Gesellschaft, desto misstrauischer werden die Leute. Sie ziehen sich ins Private zurück, vor allem vor den Fernseher.
Diese Erkenntnisse sind für Putnam selbst gar nicht leicht zu verkraften. Der Soziologe ist ein klassischer amerikanischer Liberaler, der "diversity" (Vielfalt) als echten Wert hochhält und "affirmative action" - die Hilfsprogramme für Minderheiten bei der College-Bewerbung - unterstützt. Als sein Harvard-Kollege Samuel Huntington vor zwei Jahren die Grundwerte der amerikanischen Gemeinschaft durch die gestiegene Einwanderung aus Mexiko untergraben sah, distanzierte sich Putnam rasch von dessen Thesen.
Schon die Tatsache, dass er die breite Publikation seiner Forschung vertagt hat, bis ihm Lösungsvorschläge einfallen, zeigt die Brisanz der Aufgabe eines Dialogs zwischen den Kulturen. Zumindest in Amerika geschieht dies in einer Gesellschaft, die dafür vielleicht weniger aufgeschlossener ist denn je zuvor. In einem Kommentar im TIME Magazine schrieb Putnam vor einigen Monaten, angesichts der Polarisierung in der Politik und der wachsenden ökonomischen Kluft zwischen Superreichen und Habenichtsen sei mehr Zusammenhalt und Vertrauen in der US-Gesellschaft gerade besonders kompliziert.
Doch Putnam bleibt Optimist. Und so erwähnte er bei der Vorstellung seiner Thesen auch, Fremdheit sei eine soziale Konstruktion und daher natürlich dekonstruierbar. So spielten etwa im amerikanischen Militär Rassengrenzen kaum noch eine Rolle. Und die Einwanderer aus Irland, Italien oder Deutschland hätten Anfang des 20. Jahrhunderts nach anfänglichen Kämpfen zu einem friedlichen Zusammenleben gefunden. Vor allem aber hatte Putnam wieder einen der prägnanten Sätze parat, die seine Forschung so massentauglich machen. Der Harvard-Professor zitierte den Baseballstar Yogi Berra. Einst hatte der eine simple Weltformel gefunden, die auch zwischen verschiedenen Kulturen zum Einsatz kommen könnte: "Wenn du nicht zum Begräbnis von jemand anders gehst, kommen die anderen auch nicht zu deinem."