Es gibt einen Widerspruch zwischen innerer Uhr und äußeren Anforderungen, besonders in der Arbeitswoche. Am Wochenende fallen dann viele Menschen in ihren natürlichen Rhythmus zurück. Aber der nächste Montag kommt unausweichlich.
"Statistisch gesehen ist also die Nacht vom Sonntag zum Montag die Nacht, wo in Deutschland zumindest von der arbeitenden Bevölkerung am schlechtesten geschlafen wird. Tröstlich ist vielleicht nur, dass bereits die Nacht vom Montag zum Dienstag als die Nacht mit dem besten Schlaf bewertet wird."
Wobei Schlafmediziner Alexander Blau hier große individuelle Unterschiede sieht.
Von Eulen und Lerchen
Etwa jeder Fünfte ist ein natürlicher Frühaufsteher, sozusagen eine Lerche. Der Arbeitsbeginn ist kein Problem, dafür wird es abends schwierig mitzuhalten. Bei 40% der Menschen ist es genau andersherum. Sie sind Eulen, wollen morgens lange schlafen, halten dafür bis in die Nacht durch.
Der Rest tickt in einem mittleren Rhythmus. Und dieser Rhythmus verändert sich auch über das Jahr hinweg betrachtet.
"Da hat man eine weitere Problematik, dass wir nämlich hier in Deutschland unter ungewöhnlich extremen Lichtbedingungen auch leben. D.h. also im Winter sehr lange Nächte, im Sommer lange Tage; und das ist eine zusätzliche Herausforderung an unser Schlaf-Wachregulationssystem."
Auch auf diese jahreszeitlichen Veränderungen reagieren die inneren Uhren. Im Winter schlafen die Menschen in Deutschland im Schnitt eine Stunde länger als im Sommer.
In der kalten Jahreszeit spart der Körper so Energie, während er bereit ist, die langen, warmen Tage optimal zu nutzen.
Leben gegen die innere Uhr
Doch während der Körper den Jahreszeiten folgt, bleiben die Arbeitszeiten und die Schulstunden stur bei ihrem ewig gleichen Takt.
Im Winter hat die innere Uhr deshalb kaum noch Gelegenheit, sich anzupassen. Diesen Effekt würde eine ganzjährige Sommerzeit weiter verstärken, befürchtet Schlafmediziner Dieter Kunz.
"Gerade die Anker, spricht der Beginn der Beleuchtungszeit und das Ende der Beleuchtungszeit, sind ganz wesentlich um die Saisonalität auch beim Menschen zu bestimmen. Wenn aber zum Beispiel Schüler um 8:00 Uhr in der Schule sind und vier Monate lang diesen Anker morgens gar nicht bekommen haben, dann kommt dieses System unbedingt durcheinander. Und das ist sicher gerade bei Kindern gar nicht klug. Und ich mag mir gar nicht ausmalen, was passiert, wenn Kinder in diesen Entwicklungsjahren vier Monate lang ein Schichtarbeitersyndrom haben."
Dauer-Sommer- oder Dauer-Winterzeit?
Zumal gerade Jugendliche von Natur aus eher Eulen sind, also lange schlafen und dann auch lange wachbleiben. Deshalb plädieren im Grunde alle Schlafmediziner dafür, den Schulbeginn eher auf neun Uhr zu legen.
Ganz so pessimistisch wie Dieter Kunz sieht Alexander Blau die Frage der Dauer-Sommer- oder Dauer-Winterzeit nicht.
Die Anpassung an die Jahreszeiten muss ja nicht unbedingt über die Umstellung der Uhr erreicht werden:
"Auch dort wiederum ist der Schlüsselfaktor das Licht. Also durch Licht kann man die Einkopplung in die 24-Stunden-Rhythmik halt möglichst optimal gestalten. Und eben beizeiten halt das Licht quasi löschen und morgens halt einschalten zum Beispiel mit einem Tageslichtwecker."
Morgens helles, blaues Licht einschalten, abends eher warme Lampen und die etwas herunter dimmen. Viele mobile Geräte bieten auch die Möglichkeit, zu späterer Stunde den Blauanteil des Bildschirms herauszufiltern. So ein individuelles Abfedern des Widerspruchs zwischen innerer und äußerer Uhr ist sicher sinnvoll, meint auch Dieter Kunz. Aber das alleine reicht nicht aus. Deshalb ist ihm die Diskussion über die Zeitumstellung so wichtig und er plädiert dafür, sie mit dem nötigen Ernst zu führen.
"Es geht bei der Zeitumstellung sicherlich nicht darum, dass man eine Stunde länger im Biergarten verbringt, sondern wir reden hier über Physiologie, und Physiologie bedeutet Wohlempfinden, Leistungsfähigkeit und am Ende Gesundheit. Wir reden von Prävention von psychischen Störungen, verhindern von Depressionen, von Abhängigkeitserkrankungen bis hin zu neurodegenerativen Erkrankungen. Wir reden von Herzinfarkt und Krebs. Wir reden hier nicht von Kleinigkeiten."