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Schleswig-Holstein
Angela Merkel hofft auf ein Bonbon

In Schleswig-Holstein wird morgen gewählt. Die CDU liegt seit Ende April in den Umfragen vorne. Auf den letzten Metern kam Spitzenkandidat Daniel Günther nun auch noch die Bundeskanzlerin zur Hilfe. Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) gibt sich dennoch gelassen.

Von Johannes Kulms |
    Bundeskanzlerin Angela Merkel steht am 05.05.2017 in Eckernförde (Schleswig-Holstein) bei einer Wahlveranstaltung neben dem CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 07.05.2017, Daniel Günther.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel besuchte den CDU-Spitzenkandidat Daniel Günther gestern in Eckernförde. Auf dem Programm stand auch die Besichtigung einer Bonbonfabrik. (dpa/Carsten Rehder)
    Gestern kam noch einmal Bundeskanzlerin Angela Merkel vorbei, um Wahlkampf zu machen in Eckernförde, der Heimatstadt des CDU-Spitzenkandidaten Daniel Günther:
    "Und das war schon ein ganz außergewöhnliches Erlebnis: Wir waren bei der Seenotrettung. Das war schon interessant. Aber jetzt waren wir eben noch in was ganz Tollem, da ist sozusagen noch mal mein Kinderherz wieder erwacht. Wir waren in 'ner Bonbonfabrik!"
    Ein Bonbon für Angela Merkel
    Sollte es der CDU am Ende gelingen, die SPD aus der Kieler Staatskanzlei zu vertreiben, dann wäre es für Angela Merkel mehr als ein nettes Bonbon – es wäre eine kleine Sensation.
    Schließlich hat die CDU es seit 2005 nicht mehr geschafft, eine verlorene Landesregierung zurückzuerobern. Zuletzt war das wenige Monate vor Merkels erster Wahl zur Bundeskanzlerin gelungen – mit Peter-Harry Carstensen – in Schleswig-Holstein. Kurz darauf konnte die CDU dann auch noch mit Jürgen Rüttgers in Düsseldorf die Regierung übernehmen. Kommt jetzt das Déjà-vu?
    Die Chancen dafür stehen zumindest in Schleswig-Holstein nicht schlecht. Denn Daniel Günther, der 43-Jährige und bis vor wenigen Monaten noch kaum bekannte Spitzenkandidat der CDU, hat aufgeholt. Aufgeholt, was seinen Bekanntheitsgrad angeht, aufgeholt vor allem aber in den Umfragen: Dort hat sich die CDU Ende April erstmals in diesem Jahr vor die SPD geschoben.
    Knappe Mehrheiten in Schleswig-Holstein
    "Das ist in Schleswig-Holstein immer so, dass Sie knappe Entscheidungen haben. Das war letztes Mal so mit einer hauchdünnen Ein-Stimmen-Mehrheit, die Regierung vor uns hatte eine Ein-Stimmen-Mehrheit. Schleswig-Holstein ist ein Land, das knapp entscheidet".
    Versucht sich Ministerpräsident Torsten Albig gelassen zu geben. Doch dass es an diesem 7. Mai tatsächlich so eng werden könnte war lange alles andere als ausgemacht. Schließlich fehlen im Wahlkampf die großen Aufregerthemen, Umfragen legen nahe, dass die Bevölkerung durchaus zufrieden ist mit der Arbeit der Landesregierung. Doch offenbar nicht zufrieden genug: Der junge angriffslustige Herausforderer Daniel Günther hat es zumindest geschafft, den Wahlkampf aufzumischen, z.B. mit dem Vorstoß, zum G9 zurückzukehren, dem Abitur nach 13 Jahren.
    Die CDU verspricht viel im Wahlkampf – zu viel, sagen Kritiker. Anders Torsten Albig, der sich wie auch die gesamten fünf Jahre pragmatisch gibt und sich mit seinen Wahlkampfversprechen nicht zu weit aus dem Fenster lehnen möchte, z. B. beim leidigen Thema Infrastruktur.
    Die Bundespolitik hat in den letzten Wochen kaum eine Rolle gespielt. Neben Angela Merkel hat auch Martin Schulz Wahlkampf gemacht im Norden. Doch wirklich neuen Rückenwind scheint der SPD-Kanzlerkandidat auf den letzten Metern nicht mehr zu entfachen. Bei einem Besuch in Husum stellte Schulz diese Woche klar:
    "Die Landtagswahlen sind Landtagswahlen. Sie beeinflussen von der Stimmung her immer auch die gesamtpolitische Stimmung im Land, aber zunächst sind sie Landtagswahl. Das ist auch gut so!"
    Koalitionsgerangel
    Alle Mitglieder der sogenannten Küstenkoalition würden gerne weiterregieren. Eine Mehrheit hatte es in den letzten Umfragen aber nicht mehr, das Dreierbündnis aus SPD, Grünen und Südschleswigschen Wählerverband, der Partei der dänischen und friesischen Minderheit.
    Die CDU buhlt derweil um die Grünen, würde gerne mit ihnen und der FDP eine Jamaika-Koalition auf die Beine stellen. Die Grünen zieren sich dagegen aber haben ein solches Bündnis nicht ausgeschlossen. Und die FDP?
    "Wenn die Regierungskoalition ihre Mehrheit verliert, ist die Tendenz bei mir eher Jamaika. Aber ich kann auch die Ampel nicht ausschließen".
    Sagt FDP-Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki über ein mögliches Bündnis mit SPD und Grünen. Sowohl die FDP wie auch die Grünen liegen im Norden deutlich über dem Bundestrend ihrer Parteien und könnten am Ende zum Königsmacher werden.
    Doch werden sämtliche Koalitionsszenarien – auch das der in Schleswig-holsteinischen so unbeliebten Großen Koalition – am Ende vor allem von zwei Fragen abhängen: Schaffen es die AfD und die Die Linke in den Landtag? An der Kieler Förde ist beides alles andere als sicher.
    Am Samstagabend wollen gleich mehrere Spitzenkandidaten noch einmal auf Kneipentour gehen. Das haben sie sich verdient, denn gekämpft haben sie alle. Fragt sich nur: Wer wird am Sonntagabend den größeren Kater haben?