Die schleswig-holsteinische CDU feiert – beim traditionellen Familienfest der Partei im Wildpark Eekholt im Segeberger Forst toben Kinder auf einer Hüpfburg herum, drehen eifrig am Glücksrad oder lassen sich bunte Luftballons aufblasen. Es gibt Stockbrot, frisch geröstet über dem Lagerfeuer – gelöste Stimmung beim "Herbstspektakel" der CDU, dabei hatte die Partei in den vergangenen Wochen doch eigentlich schon genug richtiges Spektakel geboten.
"Spektakel gibt's ja immer ... hier ist was los, alle freuen sich, alle reden nett mit einander, so soll es sein ... Christian von Boetticher ist vorbei ... es geht mehr um die momentane Politik oder eben halt ums Wetter ... solche Dinge haben wir schon öfter erlebt, und am Ende hat es sich immer zum Guten gewendet."
Christian von Boetticher – der Name hat die CDU im Norden ganz schön auf Trab gehalten. Rückblende: Am Abend des 14. Augusts tritt der damalige Landesvorsitzende und designierte Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Mai 2012 vor die Presse.
"Ja, es ist wahr, ich hatte mich im Frühjahr 2010 in eine junge Frau verliebt und bin mit ihr mehrere Monate zusammen gewesen. Ich habe keinen privaten, wohl aber den politischen Fehler gemacht, die Bedeutung einer solchen Beziehung für eine möglicherweise anstehende Spitzenkandidatur damals nicht bedacht zu haben."
Rücktritt von allen Parteiämtern, Verzicht auf die Spitzenkandidatur – das jähe Ende einer Traumkarriere, die den 40-Jährigen vom Europaabgeordneten über die Position des Landwirtschaftsministers bis hin zum Fraktionschef im Kieler Landtag und schlussendlich zum Nachfolger von Peter Harry Carstensen als Landesvorsitzender der CDU geführt hatte. Hartnäckig halten sich Gerüchte über angebliche Intrigen aus der eigenen Partei gegen von Boetticher – Beweise gibt es nicht, aber es wird spekuliert.
"Klar ist, dass Christian von Boetticher auch eine umstrittene Persönlichkeit war, also nicht so unbedingt die feste Hausmacht hatte ... es gibt, wenn man Spitzenkandidat ist bei einer so großen Partei im Land Schleswig-Holstein, immer Leute, die einen nicht mögen, die einem das nicht gönnen, oder die vielleicht selber Ambitionen haben ... ich kenne nicht den Täter, ich kenne nicht seine Motive, aber ich vermute mal, dass es keine sehr edlen Motive gewesen sind."
Intrige hin, Kampagne her - nur zwei Tage später hat sich die Parteispitze neu sortiert und Wirtschaftsminister Jost de Jager als neuen Hoffnungsträger aus dem Hut gezaubert. Als einziger Kandidat für den Landesvorsitz und künftiger Spitzenkandidat für die Landtagswahl tourte der 46-Jährige seither durchs Land – und traf überall auf ...
"Aufbruchsstimmung ... nach vorne schauen natürlich, jetzt ist keine Zeit, Wunden zu lecken, sondern jetzt ist die Zeit anzupacken und ein gutes Ergebnis im Mai nächsten Jahres herauszuholen ... Ärmel hochkrempeln, auf jeden Fall, es kann nur nach vorne gehen ... es geht um Schleswig-Holsteins Zukunft."
Die CDU hat – so scheint es – den von-Boetticher-Schock schnell überwunden, beinahe trotzig feiert die Basis de Jager, der genau weiß, was das Parteivolk in so einer Situation hören will:
"Wir treten an, um zu gewinnen. Ich trete an, um zu gewinnen, die vielen Wahlkreiskandidaten, die im Moment aufgestellt werden, treten an, um ihre Wahlkreise zu gewinnen, und wir alle sollten zusammen nach vorne gucken, wir sollten zusammen die Dinge in die Hand nehmen, und dann, liebe Freunde, ist mir überhaupt nicht bang für den 6. Mai 2012 – vielen Dank."
Diese Jetzt-Erst-Recht-Stimmung ist auch beim Familienfest der CDU zu spüren. Und sie steckt an, auch den – noch amtierenden – Landesvater Peter Harry Carstensen. Inspiriert von der Präzision des Landeanflugs eines jungen Seeadlers bei der Greifvogel-Flugschau im Wildpark Eekholt wagt er eine Prognose: Trotz der vergangenen turbulenten Wochen sieht er die Union auf dem Weg zu einer präzisen Punktlandung bei der nächsten Landtagswahl.
"Das haben wir in den letzten Jahren gezeigt, dass wir Punktlandungen machen können. Wer hat 2005 damit gerechnet, dass ich Ministerpräsident werde, das war eine Punktlandung. Dort anzutreten gegen Heide Simonis war etwas, was ungewöhnlich war, aber erfolgreich war. Und das, was der Adler macht ist manchmal für uns Menschen ungewöhnlich – aber außerordentlich erfolgreich."
Bei allem Optimismus – der Sturz von Boettichers hat Spuren hinterlassen, auch bei den Wählern in Schleswig-Holstein. Erstmals seit Jahren ist die CDU bei Umfragen in der Wählergunst hinter die Sozialdemokraten zurück gefallen – SPD, Grüne und die Partei der dänischen Minderheit, der Südschleswigsche Wählerverband SSW, liegen derzeit klar vor der Regierungskoalition aus CDU und FDP. Der SPD-Spitzenkandidat Torsten Albig hält sich trotzdem – wie schon während der gesamten von Boetticher-Affäre – mit allzu forschen Kommentaren zurück. Immerhin - die aktuellen Zahlen sieht er als gute Ausgangsbasis für den anstehenden Wahlkampf.
""Natürlich geht man mit Selbstbewusstsein rein. Wenn man sieht, dass eine rot-grüne Koalition, für die ich stehe, mit Unterstützung des SSW weit über 20 Punkte Vorsprung hat vor schwarz-gelb, dann macht einen das zuversichtlich aber nicht übermütig."
Und von Übermut oder gar Häme angesichts eines an sehr privaten Dingen gescheiterten politischen Gegners hält Torsten Albig schon lange nichts. Wie weite Teile der CDU und der Öffentlichkeit mit von Boetticher umgegangen seien – das habe mit Fairness nicht allzu viel zu tun, kritisiert Albig.
"Hier hat man gesehen, dass Politik ein sehr, sehr hartes und manchmal brutales Geschäft ist und diese Brutalität, die die Leute wahrnehmen, diese Bedingungslosigkeit, mit der man, um Macht zu erhalten oder Macht einem wieder wegzunehmen, auch Verletzungen in Kauf nimmt – am Ende stößt es die Menschen ab und das merken sie spätestens in Wahlbeteiligungen."
Christian von Boetticher war übrigens nicht beim Familienfest der CDU im Wildpark Eekholt – er hat inzwischen angekündigt, dass er im kommenden Jahr nicht wieder für ein Landtagsmandat kandidieren will. Er wird aber als Delegierter auf dem Sonderparteitag der CDU am kommenden Sonnabend mit über Jost de Jager als seinen Nachfolger im Amt des Parteichefs abstimmen.
"Spektakel gibt's ja immer ... hier ist was los, alle freuen sich, alle reden nett mit einander, so soll es sein ... Christian von Boetticher ist vorbei ... es geht mehr um die momentane Politik oder eben halt ums Wetter ... solche Dinge haben wir schon öfter erlebt, und am Ende hat es sich immer zum Guten gewendet."
Christian von Boetticher – der Name hat die CDU im Norden ganz schön auf Trab gehalten. Rückblende: Am Abend des 14. Augusts tritt der damalige Landesvorsitzende und designierte Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Mai 2012 vor die Presse.
"Ja, es ist wahr, ich hatte mich im Frühjahr 2010 in eine junge Frau verliebt und bin mit ihr mehrere Monate zusammen gewesen. Ich habe keinen privaten, wohl aber den politischen Fehler gemacht, die Bedeutung einer solchen Beziehung für eine möglicherweise anstehende Spitzenkandidatur damals nicht bedacht zu haben."
Rücktritt von allen Parteiämtern, Verzicht auf die Spitzenkandidatur – das jähe Ende einer Traumkarriere, die den 40-Jährigen vom Europaabgeordneten über die Position des Landwirtschaftsministers bis hin zum Fraktionschef im Kieler Landtag und schlussendlich zum Nachfolger von Peter Harry Carstensen als Landesvorsitzender der CDU geführt hatte. Hartnäckig halten sich Gerüchte über angebliche Intrigen aus der eigenen Partei gegen von Boetticher – Beweise gibt es nicht, aber es wird spekuliert.
"Klar ist, dass Christian von Boetticher auch eine umstrittene Persönlichkeit war, also nicht so unbedingt die feste Hausmacht hatte ... es gibt, wenn man Spitzenkandidat ist bei einer so großen Partei im Land Schleswig-Holstein, immer Leute, die einen nicht mögen, die einem das nicht gönnen, oder die vielleicht selber Ambitionen haben ... ich kenne nicht den Täter, ich kenne nicht seine Motive, aber ich vermute mal, dass es keine sehr edlen Motive gewesen sind."
Intrige hin, Kampagne her - nur zwei Tage später hat sich die Parteispitze neu sortiert und Wirtschaftsminister Jost de Jager als neuen Hoffnungsträger aus dem Hut gezaubert. Als einziger Kandidat für den Landesvorsitz und künftiger Spitzenkandidat für die Landtagswahl tourte der 46-Jährige seither durchs Land – und traf überall auf ...
"Aufbruchsstimmung ... nach vorne schauen natürlich, jetzt ist keine Zeit, Wunden zu lecken, sondern jetzt ist die Zeit anzupacken und ein gutes Ergebnis im Mai nächsten Jahres herauszuholen ... Ärmel hochkrempeln, auf jeden Fall, es kann nur nach vorne gehen ... es geht um Schleswig-Holsteins Zukunft."
Die CDU hat – so scheint es – den von-Boetticher-Schock schnell überwunden, beinahe trotzig feiert die Basis de Jager, der genau weiß, was das Parteivolk in so einer Situation hören will:
"Wir treten an, um zu gewinnen. Ich trete an, um zu gewinnen, die vielen Wahlkreiskandidaten, die im Moment aufgestellt werden, treten an, um ihre Wahlkreise zu gewinnen, und wir alle sollten zusammen nach vorne gucken, wir sollten zusammen die Dinge in die Hand nehmen, und dann, liebe Freunde, ist mir überhaupt nicht bang für den 6. Mai 2012 – vielen Dank."
Diese Jetzt-Erst-Recht-Stimmung ist auch beim Familienfest der CDU zu spüren. Und sie steckt an, auch den – noch amtierenden – Landesvater Peter Harry Carstensen. Inspiriert von der Präzision des Landeanflugs eines jungen Seeadlers bei der Greifvogel-Flugschau im Wildpark Eekholt wagt er eine Prognose: Trotz der vergangenen turbulenten Wochen sieht er die Union auf dem Weg zu einer präzisen Punktlandung bei der nächsten Landtagswahl.
"Das haben wir in den letzten Jahren gezeigt, dass wir Punktlandungen machen können. Wer hat 2005 damit gerechnet, dass ich Ministerpräsident werde, das war eine Punktlandung. Dort anzutreten gegen Heide Simonis war etwas, was ungewöhnlich war, aber erfolgreich war. Und das, was der Adler macht ist manchmal für uns Menschen ungewöhnlich – aber außerordentlich erfolgreich."
Bei allem Optimismus – der Sturz von Boettichers hat Spuren hinterlassen, auch bei den Wählern in Schleswig-Holstein. Erstmals seit Jahren ist die CDU bei Umfragen in der Wählergunst hinter die Sozialdemokraten zurück gefallen – SPD, Grüne und die Partei der dänischen Minderheit, der Südschleswigsche Wählerverband SSW, liegen derzeit klar vor der Regierungskoalition aus CDU und FDP. Der SPD-Spitzenkandidat Torsten Albig hält sich trotzdem – wie schon während der gesamten von Boetticher-Affäre – mit allzu forschen Kommentaren zurück. Immerhin - die aktuellen Zahlen sieht er als gute Ausgangsbasis für den anstehenden Wahlkampf.
""Natürlich geht man mit Selbstbewusstsein rein. Wenn man sieht, dass eine rot-grüne Koalition, für die ich stehe, mit Unterstützung des SSW weit über 20 Punkte Vorsprung hat vor schwarz-gelb, dann macht einen das zuversichtlich aber nicht übermütig."
Und von Übermut oder gar Häme angesichts eines an sehr privaten Dingen gescheiterten politischen Gegners hält Torsten Albig schon lange nichts. Wie weite Teile der CDU und der Öffentlichkeit mit von Boetticher umgegangen seien – das habe mit Fairness nicht allzu viel zu tun, kritisiert Albig.
"Hier hat man gesehen, dass Politik ein sehr, sehr hartes und manchmal brutales Geschäft ist und diese Brutalität, die die Leute wahrnehmen, diese Bedingungslosigkeit, mit der man, um Macht zu erhalten oder Macht einem wieder wegzunehmen, auch Verletzungen in Kauf nimmt – am Ende stößt es die Menschen ab und das merken sie spätestens in Wahlbeteiligungen."
Christian von Boetticher war übrigens nicht beim Familienfest der CDU im Wildpark Eekholt – er hat inzwischen angekündigt, dass er im kommenden Jahr nicht wieder für ein Landtagsmandat kandidieren will. Er wird aber als Delegierter auf dem Sonderparteitag der CDU am kommenden Sonnabend mit über Jost de Jager als seinen Nachfolger im Amt des Parteichefs abstimmen.