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Schleswig-Holstein
Ex-Hochschulministerin Wende rechnet ab

Polizei und Staatsanwaltschaft rückten im Sommer 2014 an, um Korruptionsvorwürfe gegen die dann zurückgetretene Wissenschaftsministerin Waltraud Wende zu untersuchen. Nun hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt. Wende sieht sich als Opfer einer Hexenjagd - aber die Opposition im Landtag hält die Vorwürfe weiter politisch für berechtigt.

Von Johannes Kulms |
    Der Plenarsaal im Landtag von Schleswig-Holstein.
    Der Plenarsaal im Landtag von Schleswig-Holstein. (Imago/Nordpool)
    Rund 350 Kilometer liegen zwischen Kiel und Berlin – dem heutigen Wohnort von Waltraud "Wara" Wende. Sie hat in jeder Hinsicht Abstand genommen von Schleswig-Holstein, jenem Bundesland, das sie bis vor knapp zwei Jahren noch als Wissenschaftsministerin mitregiert hat. Was zum Ende ihrer Amtszeit geschah, vergleicht Wende heute mit einer Hexenjagd:
    "Ich glaube, dass es ein aufgeheiztes Klima war im Sommer vor zwei Jahren. Die Opposition hat alles skandalisiert, was ich gemacht, gesagt habe, auch dann eben die Rückkehroption. Die Presse in Schleswig-Holstein – das tut mir leid, dass ich das sagen muss – hat mitgespielt. Niemand hat mal kritisch gefragt: Wie war denn eigentlich die Situation von Frau Wende, bevor die nach Schleswig-Holstein gekommen ist?"
    Doch von den Korruptionsvorwürfen blieb am Ende nichts mehr hängen – zumindest juristisch: Nach mehr als zweijähriger Arbeit teilte die Staatsanwaltschaft Kiel vergangene Woche mit, dass das Ermittlungsverfahren gegen Wende eingestellt worden sei. Es bestehe "keine für eine Anklageerhebung erforderliche überwiegende Verurteilungswahrscheinlichkeit", heißt es in einer Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft.
    Worum ging es eigentlich? Bis 2010 war die Germanistin Professorin im niederländischen Groningen gewesen. Dann folgte ein Ruf aus dem hohen Norden: Wende wurde Präsidentin der Universität Flensburg. Und von diesem Posten aus wurde sie 2012 schleswig-holsteinische Bildungsministerin. Es war – ohne Zweifel – ein ziemlicher Quereinstieg.
    Wende hatte mit der Uni Flensburg eine Rückkehroption vereinbart – für den Fall, dass sie aus ihrem Ministeramt ausscheiden würde. Die Hochschule stimmte zu, obwohl eine solche Rückkehroption eigentlich nur jemandem mit einer Professur zusteht. Und die hatte Wende in Flensburg nicht.
    Genau hieraus entstanden die Korruptionsvorwürfe. Der Verdacht: Wende habe mit dem bis heute im Amt wirkenden Uni-Kanzler Frank Kupfer einen Deal abgesprochen: Sie unterstützt ihn bei seiner Wiederwahl, damit Kupfer sich im Gegenzug stark macht für ihre Rückkehroption.
    Die Staatsanwaltschaft brauchte zwei Jahre, um herauszufinden, dass die Vorwürfe haltlos waren. Nicht nur das macht Wende wütend, sondern auch, wie die Staatsanwaltschaft dieses Ergebnis kommuniziert hat.
    "Ich habe eben nicht und auch mein Anwalt hat eben nicht von der Staatsanwaltschaft gehört, dass das Verfahren eingestellt worden ist, sondern es wurde erst eine Presseerklärung geschrieben. Das ist absolut ungewöhnlich, das macht man so nicht. Und das empört mich natürlich nach wie vor."
    Im Sommer 2014 waren E-Mails zwischen Wende und Mitarbeitern der Uni Flensburg veröffentlicht worden, die zumindest nahelegten, dass Waltraud "Wara" Wende hier mit Nachdruck um die Rückkehroption an die Uni gekämpft hatte.
    CDU nimmt Vorwürfe nicht zurück
    Auch deswegen gibt es bei der Opposition im Kieler Landtag nach der Einstellung der Ermittlungen weiterhin Zweifel. Ja, in der Politik gehe es hart zu, sagt CDU-Fraktionschef Daniel Günther. Doch von einer Hexenjagd damals will er nichts wissen – und sieht sich dementsprechend auch nicht als Jäger:
    "Wir haben das politisch zu bewerten gehabt. Und wenn eine zukünftige Ministerin ihr Umfeld unter Druck setzt, um ihr ein rechtswidriges Rückkehrrecht zu organisieren und das auch in drastischen Tönen einfordert, dann ist das Missbrauch eines politischen Amtes, was man anstrebt. Und da haben wir von keinem Vorwurf, den wir ihr damals gemacht haben, einen zurückzunehmen."
    Die Uni Flensburg erklärt, sie habe ihre Lehren aus dem Fall gezogen. Die Rechtsabteilung sei ausgebaut und Lücken in der Protokoll- und Aktenführung geschlossen worden. Hausintern hätten die Ermittlungen sehr viel Unruhe verursacht, so Uni-Präsident Werner.
    Bei Waltraud Wende ist äußerlich viel mehr Ruhe eingekehrt, als sie sich wünscht. Die 58-Jährige lebt als Pensionärin ohne finanzielle Sorgen in Berlin und würde doch gerne wieder als Professorin arbeiten. Doch ihre berufliche wie politische Zukunft sei vernichtet worden, meint Wende. Und will doch nicht ausschließen, eines Tages noch mal in die Politik zu gehen
    "Ich würde drüber nachdenken, weil ich gestalte gerne. Und ich muss Ihnen sagen: Es gab einerseits das, was in der Öffentlichkeit über einen Tsunami. Und es gab andererseits die Arbeit im Ministerium. Und ich habe wahnsinnig gerne mit den Mitarbeitern im Ministerium zusammengearbeitet."