"Ich war völlig verzweifelt und wusste nicht mehr weiter. Das hat so viel Energie und Kraft gekostet, sich da mit den Roboter-Menschen zu streiten."
Sabrina Bergemann aus Stuttgart hatte ihrem Stromanbieter gekündigt, weil sie umziehen wollte. Angeblich ging ihre Kündigung jedoch nicht rechtzeitig ein. Der Stromanbieter forderte die vertragsgemäße Vorauszahlung fürs folgende Jahr: 3000 Euro. Sabrina Bergemann schrieb Faxe, Mails, bekam weitere Rechnungen, Mahnungen vom Inkasso-Büro.
"Das ging ein Jahr lang so und irgendwann hatte ich so die Nase voll und habe mich dann an die Schlichtungsstelle gewendet, weil ich einfach nicht mehr weiter kam."
Die Schlichtungsstelle Energie wurde nach EU-Vorgaben per Gesetz eingerichtet und schlichtet Streitigkeiten zwischen privaten Strom- und Gaskunden und ihren Anbietern. Eingerichtet wurde die Schlichtungsstelle vom Bundesverband der Verbraucherzentralen und dem Verband der Energieunternehmen. Die Kosten tragen die Strom- und Gasanbieter; Beschwerden sind für Verbraucher also in jedem Fall kostenlos. Jedes Jahr gehen rund 10.000 Klagen ein wie die von Stromkundin Sabrina Bergemann. Ein Viertel dieser Anträge lehnt die Schlichtungsstelle jedoch ab, weil sie zentrale Bedingungen nicht erfüllen, sagt Thomas Kunde, Geschäftsführer der Schlichtungsstelle Energie.
"Die Schlichtungsstelle ist zuständig nur für private Verbraucher. Wir schlichten keine Gewerbetreibenden bei uns. Voraussetzung ist auch, dass sich der Verbraucher zunächst an das Energieversorgungsunternehmen gewandt haben muss. Er muss sich zunächst dort beschwert haben und das Versorgungsunternehmen hat dann vier Wochen Zeit, dieser Beschwerde zu begegnen. Kann da keine Lösung gefunden werden, kann sich der Verbraucher an die Schlichtungsstelle mit einem Antrag wenden."
Nur die Hälfte der Fälle kommt in die zweite Phase
Der Antrag kann formlos per Mail oder Brief gestellt werden. Allerdings sollte Anliegen und Sachverhalt verständlich beschrieben werden und mit allen Dokumenten belegt sein. In Phase 1 der Schlichtung bittet die Schlichtungsstelle den Strom- oder Gasanbieter um Stellungnahme. So erledige sich knapp die Hälfte der Streitigkeiten, sagt Thomas Kunde. Weiter strittige Fälle kommen in die zweite Runde:
"Dann steigen wir tiefer ein. Das heißt, dass dann ein Schlichter, das sind alles Volljuristen, die hier bei uns beschäftigt sind, sich den Fall noch einmal genau anschaut, sich auch anschaut, was an Meinungsäußerungen der Beteiligten im Schlichtungsverfahren bereits eingegangen ist. Dann macht die Schlichtungsstelle von sich aus einen Einigungsvorschlag."
Spätestens damit seien dann 95 Prozent der Fälle beendet, sagt Thomas Kunde. Die restlichen fünf Prozent der Fälle landeten beim Ombudsmann der Schlichtungsstelle, einem ehemaligen Berliner Verwaltungsrichter. Der formuliert eine ausführlichere, schriftliche Schlichtungsempfehlung. Akzeptieren beide Seiten, ist der Fall beendet, der Vergleich geschlossen. Wenn nicht, bleibt noch der Weg vors Gericht. So wurde auch der Fall von Sabrina Bergemann geschlichtet. Am Ende der Schlichtung musste Sabrina Bergemann 600 Euro zahlen.
"Ich kann ehrlich gesagt gar nicht genau sagen, ob ich gewonnen oder verloren habe. So vom Bauchgefühl bin ich einfach froh, dass es vorbei ist."
Von knapp 2.000 Strom- und Gasversorgern in Deutschland sind rund 400, also 20 Prozent, in Schlichtungen verwickelt, sagt Thomas Kunde von der Schlichtungsstelle. Allerdings seien die Mehrheit der Beschwerden in einem Jahr oft nur eine Handvoll Unternehmen verantwortlich. Doch die kritisierten Unternehmen würden sich bessern:
"Wir stellen durchaus fest, dass unsere Anregungen auch aufgenommen werden. Das heißt, wenn wir Empfehlungen aussprechen, dass Unternehmen das in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgegriffen haben; dass sich Verbesserungen entwickeln im Beschwerdemanagement von Unternehmen, die vielleicht 2012 ganz stark bei uns vertreten waren, wo das aber merklich sinkt."
Auch Stromkundin Sabrina Bergemann aus Stuttgart ist zufrieden mit der Schlichtungsstelle: "Das war alles in allem sehr gut. Die haben da scheinbar auch gute Kontakte, um mit den Leuten zu sprechen, die das klären können. Die haben mir eine große Last abgenommen, einfach, weil ich mich nicht mehr mit den rumstreiten musste und die auch den Eindruck gemacht haben, als ist ihnen daran gelegen, mir zu helfen und das Ganze zu beenden."