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Schlüsselregion im Nahost-Konflikt

Nach einer Woche intensiver Luftangriffe sind israelische Infanterie- und Panzereinheiten am Samstagnachmittag in den Gazastreifen eingedrungen und haben die Bodenoffensive eröffnet. Die Jerusalemer Regierung hatte sie seit Tagen angedroht. Der Gazastreifen ist seitdem in mindestens zwei Teile zerschnitten und die Bewegungsfreiheit der Einwohner dadurch zusätzlich auf ein Minimum reduziert.

Von Peter Philipp |
    Die Zahl der Todesopfer soll inzwischen auf über 500 angestiegen sein, die der Verletzten soll fünfmal so groß sein. Die Versorgungslage wird immer katastrophaler, besonders in den rettungslos überfüllten Krankenhäusern. Das offizielle Israel bestreitet jedoch weiterhin, dass es humanitäre Probleme gebe.

    Israel weist gleichzeitig alle internationalen Appelle für eine sofortige Waffenruhe zurück. Auch den der EU-Außenminister, die sich auf Einladung des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy in Paris treffen. Es gibt Meinungsverschiedenheiten, schließlich einigt man sich aber auf den geringsten gemeinsamen Nenner und einen Appell an beide Seiten, wie der französische Außenminister Bernard Kushner erläutert:

    "Wir sind übereingekommen, eine sofortige Waffenruhe zu fordern. Eine humanitäre Waffenruhe, wenn Sie so wollen. Aber eine Waffenruhe, die humanitäre Hilfe ermöglicht, muss dauerhaft sein und eingehalten werden. Denn wir haben viele Waffenruhen erlebt, die nicht eingehalten wurden."

    Der tschechische Außenminister - Prag hat gerade den EU-Ratsvorsitz übernommen - sorgt gleich nach dem Treffen für Unruhe, weil er Israel für sein Vorgehen in Schutz nimmt. Ein Dementi folgt, darauf eine neue "Richtigstellung".

    Auf Israel bleibt dies ohne Wirkung: Eine Waffenruhe komme frühestens in Frage, wenn man sein Ziel erreicht habe. Vorher würde eine solche Waffenruhe nur die Hamas aufwerten. Was das Ziel ist, darüber gibt es allerdings widersprüchliche Angaben aus Israel: Wenn die Raketenangriffe aus Gaza unmöglich gemacht wurden, sagen die einen. Wenn Hamas entmachtet ist, sagen die anderen. Im Augenblick scheint noch unklar zu sein, wie man sich aus Gaza wieder unbeschadet zurückziehen will. Unbeschadet vor allem in propagandistischer Hinsicht: Luftangriffe könnte man durch einfachen Befehl einstellen, das Ende einer Bodenoffensive ist aber notgedrungen mit Rückzug verbunden. Und ein Rückzug - der Abzug aus dem Südlibanon zeigte das vor acht Jahren - wird von der Gegenseite nur allzu leicht als Sieg dargestellt und gefeiert.

    Auf jeden Fall will man möglichst viel in möglichst kurzer Zeit erreichen. Wobei eines jedoch sicher zu sein scheint: Eine erneute Besetzung des Gazastreifens auf Dauer kommt nicht in Frage. Israel hat im Laufe der letzten Jahrzehnte seine Erfahrungen mit Gaza gesammelt. Es weiß, was es bedeutet, dieses Gebiet zu besetzen, denn es ist nicht das erste Mal, dass israelische Truppen in den Gazastreifen einmarschieren.

    Der Teilungsplan der Vereinten Nationen von 1947 sieht vor, dass im geografischen Gebiet Palästina ein jüdischer und ein arabischer Staat entstehen, mit Jerusalem als gemeinsamer und internationaler Stadt. Am 15. Mai 1948 verlassen die Briten ihr bisheriges Mandatsgebiet, zeitgleich wird der Staat Israel ausgerufen und der erste Nahostkrieg bricht aus. An dessen Ende ist das Gebiet dreigeteilt: Israel hat sein Territorium ausgeweitet, das damalige Transjordanien hat das sogenannte Westjordanland - die "Westbank" - unter seine Kontrolle gebracht und im Gazastreifen herrschen die Ägypter. Die "internationale Stadt Jerusalem" bleibt Fiktion und der arabische Staat in Palästina ist bis heute nicht entstanden.

    Die Westbank und der Gazastreifen werden zum Zufluchtsort palästinensischer Flüchtlinge aus dem Südteil des neuen Staates Israel. Jordanien übernimmt wenig später die völkerrechtliche Verantwortung für die Westbank und ihre Einwohner, der Gazastreifen aber wird von Ägypten unter Militärverwaltung gestellt. Ein Gebiet von nur 360 Quadratkilometern Größe und einer damaligen Bevölkerung von unter 80.000 Einwohnern, rund 200.000 Flüchtlinge kommen hinzu. Heute - 60 Jahre später - leben im Gazastreifen rund 1, 5 Millionen Menschen.

    Es sind nicht nur die Ärmsten der Armen, sie sind auch beeinflusst durch radikale Ideologien wie die der "Moslembrüder", die ihren Ursprung in Ägypten haben und sehr schnell ihre Anhänger in den überfüllten Flüchtlingslagern des Gazastreifens finden. Ein gefährliches Gemisch: Selbst die Ägypter verhängen regelmäßige nächtliche Ausgehverbote und geben den Einwohnern des Gazastreifens besondere Ausweise, mit denen sie nicht ungehindert nach Ägypten reisen können.

    Vom Gazastreifen aus werden Anfang der Fünfziger Jahre die ersten Sabotageakte in Israel durchgeführt. So genannte "Fedayin" ("Opferbereite") legen Sprengladungen oder beschießen Fahrzeuge. Ein Vorwand für Israel, sich 1956 dem Suez-Krieg von Briten und Franzosen anzuschließen. Israel besetzt dabei auch den Gazastreifen, der damalige britische Premierminister Anthony Eden spricht allerdings scheinheilig nur von einer "Polizeiaktion", bei der man die Aufgabe der Vereinten Nationen übernommen habe:

    "Polizeiaktion heißt, nicht nur die Kämpfe jetzt einzustellen, sondern auch einen dauerhaften Frieden in deine Gegend zu bringen, die seit 10 Jahren unter ständiger Kriegsbedrohung gelebt hat oder zu leben versucht hat. Bis eine UN-Streitkraft eingesetzt werden kann, müssen wir und die Franzosen die Arbeit weiter machen. Bis der Job getan ist."

    Es kommt zum Waffenstillstand, die UNO hält Einzug in Gaza, Israel zieht sich zurück und Ägypten übernimmt seine alte Rolle. Bis 1967: Im Sechstagekrieg wird der Gazastreifen erneut überrollt, die ägyptischen Streitkräfte fliehen und Israel etabliert sich erneut als Besatzungsmacht.

    Diesmal soll es 38 Jahre dauern, bis Israel Gaza verlässt. Keine leichte Zeit: Rasch regt sich Widerstand gegen die Besatzung und Israel erweist sich dem gegenüber immer hilfloser. Man kommt auf die Idee, Flüchtlinge aus den Lagern in neuen Siedlungen im Gazastreifen anzusiedeln, dies ist aber kein Erfolg. Zumal es Israel nicht darum geht, den Leuten eine neue Heimat zu geben, sondern darum, die Lager auszudünnen und breite Patrouillenwege durch sie hindurch zu ziehen. Schon früh wird der Gazastreifen durch einen Zaun, einen Minengürtel und elektronische Warnanlagen von Israel abgegrenzt und Arbeiter aus Gaza werden in Israel immer weniger akzeptiert, nachdem immer wieder Terrorakte von ihnen in Israel begangen werden.

    Der "kleine Grenzverkehr" kommt fast völlig zum Erliegen mit der ersten Intifada, dem palästinensischen Aufstand, der 1987 ausbricht und bei dem zum ersten Mal Hamas auftritt - in Konkurrenz zur PLO.

    Sechs Jahre später die Abkommen von Oslo: Die PLO unter Yasser Arafat einigt sich mit Israel auf eine Autonomie im Gazastreifen und der Westbank und einen Plan, wie daraus innerhalb von fünf Jahren ein palästinensischer Staat werden und endgültig Frieden einkehren kann. Gaza ist längst zur Hochburg von Hamas geworden, zunächst aber wartet man dort ab, ob Oslo die Wende bringt. Als dies nicht geschieht und die Lebensbedingungen sich nicht verbessern, wird Hamas erneut gestärkt.

    Nicht erst seit, aber besonders während der zweiten Intifada entwickelt sich Gaza für Israel zu einem äußerst heißen Pflaster: Keiner will dort Reservedienst leisten, die inzwischen entstandenen israelischen Siedlungen im Gazastreifen werden von den meisten Israelis als Belastung betrachtet und die Idee kommt auf, im Rahmen des Friedensprozesses vielleicht zuerst auf Gaza zu verzichten.

    "Gaza first" heißt die Devise, die zunächst von der Arbeiterpartei aufgegriffen, dann aber selbst von Ariel Sharon verfolgt wird. Einem Mann, der Zeit seines Lebens für "Großisrael" und die Besiedlung besetzter Gebiete stand, nun aber für einen einseitigen Rückzug aus Gaza und die Auflösung der dortigen Siedlungen eintritt.

    Scharon will mit diesem Schritt besonders in den USA den Eindruck wettmachen, dass er an mangelnden Fortschritten im Friedensprozess schuld sei. Zu Hause aber sieht er sich deswegen wachsender Kritik ausgesetzt und dies führt schließlich dazu, dass er im Jahr 2005 seine eigene Partei gründet - "Kadima" - die heute noch mit Ehud Olmert und Tsipi Livni an der Regierung ist. Scharon zum Rückzug aus Gaza, den er im Sommer 2005 durchführen lässt:

    "Dieser Schritt ist leider sehr schmerzlich, aber notwendig. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, einen Riss in der Nation zu verhindern. Dies ist vielleicht einer der schwersten Schritte, den ich während meiner Regierungszeit als Ministerpräsident unternehmen musste"."

    Dieser zweite Rückzug aus Gaza wird im Sommer 2005 ohne die befürchteten Schwierigkeiten vollzogen. Nur der nationalistische "Likud" - Sharons alte Partei - verurteilt den Schritt weiterhin als Gefahr für Israel. Erst recht, als die islamistische Hamas im Januar 2006 die Wahlen gewinnt. Sie lehnt einen Friedensschluss mit Israel weiterhin ab, schon bald fliegen auch Raketen aus dem nördlichen Gazastreifen nach Israel und gefährden dort grenznahe Orte. Die ersten Raketen dieser Art sind bereits fünf Jahre zuvor eingesetzt worden, allein im Jahr 2006 zählen die Israelis aber bereits über 1000 solcher Raketen auf ihrem Gebiet.

    Hinzu kommt, dass die Hamas den israelischen Oberfeldwebel Gilad Shalit entführt. Shalit wird bis heute im Gazastreifen festgehalten. Scharon-Nachfolger Olmert muss handeln. Er schickt die Armee nach Gaza. Nicht um den Streifen erneut zu besetzen, sondern angeblich, um Shalit zu finden und um die Abschuss-Orte für die primitiven, aber trotzdem nicht ungefährlichen "Kassam"-Raketen unter Kontrolle zu bringen und dafür zu sorgen, dass es von dort keine Angriffe mehr gibt.

    Keines der beiden Ziele wird erreicht. Nur überschatten bald die Ereignisse im Libanon alles andere. Auch hier will Israel Raketen-Angriffe und andere Überfälle der schiitisch-islamistischen Hisbollah durch eine Militäraktion unterbinden. Es kommt zum Libanonkrieg, bei dem rund 1500 Menschen getötet werden - überwiegend Libanesen. Am Ende hat Israel sein erklärtes Kriegsziel im Libanon nicht erreicht: Hisbollah ist heute stärker denn je, sie hat ihren Weg zurück in die Regierung erzwungen und Israel muss weiterhin mit neuen Problemen an seiner Nordgrenze rechnen.

    Im Gazastreifen ist es kaum anders: Hamas wird zwar vom Westen als Terrororganisation betrachtet und behandelt, aber mit der Zeit mehren sich die Stimmen, Israel solle doch mit ihr verhandeln und sich arrangieren. Angesichts der strikten Weigerung von Hamas eine absurde Forderung. Die freilich auch weitgehend kaschiert, dass Israel selbst mit der friedenswilligen "Fatah" von Präsident Abbas keine konkreten Verhandlungen führt und keine Fortschritte macht. Und das, obwohl Hamas die Fatah inzwischen in Gaza völlig entmachtet hat. Statt nun erst recht Fatah zu unterstützen, lässt Israel sich auf einen Kleinkrieg mit Hamas ein, der vor allem in einer massiven Blockade des Gazastreifens besteht, aber auch in immer wiederkehrenden militärischen Operationen in Gaza: Einmal werden Tunnel nach Ägypten zerbombt, dann werden Hamas-Militante ermordet oder es wird - wieder einmal - nach Raketenschützen gesucht. Das Ergebnis ist mager: Es gibt zwar immer wieder Tote und Verletzte, den Beschuss durch Raketen kann Israel aber nicht unterbinden. Auch nicht durch noch so gut vorbereitete Bodenoperationen.

    Weitgehend zum Stillstand kommen die Raketenangriffe erst, als Hamas nach massiver ägyptischer Vermittlung 2008 zu einer halbjährigen Waffenruhe bereit ist. Ein Jahr zuvor hat Hamas die Macht in Gaza gewaltsam an sich gerissen und die wichtigsten Vertreter der Fatah vertrieben. Immer noch fliegen gelegentlich Raketen, aber im großen und ganzen hält die Waffenruhe. Was von Israel auch wiederholt bestätigt wird. Gleichwohl wächst die Zahl derer in Israel, die warnen, Hamas nutze die Waffenruhe dazu aus, mehr und neuere Waffen anzuhäufen und sie werde diese früher oder später gegen Israel einsetzen. Besonders der Iran sorge dafür, dass - wie schon im Libanon die Hisbollah - Hamas im Gazastreifen reichlich Nachschub an Kriegsgerät bekommt.

    Ein Vorwurf, der bisher durch nichts bewiesen ist. Der Nachschub kommt vielmehr aus Ägypten über die Grenze in den Gazastreifen. Aus einem Land, das selbst keine Beziehungen mit dem Iran unterhält, das Frieden mit Israel geschlossen hat, dessen Regierung keine Sympathien für Hamas hegt und die sich mehr als alle anderen um eine Beilegung des Konflikts zwischen Hamas und Fatah wie auch zwischen den Palästinensern und Israel eingesetzt hat.

    Es ist offensichtlich, dass bei der neuen Auseinandersetzung, die nach der Nichtverlängerung der Waffenruhe durch Hamas ausbricht, von Israel aber seit Monaten vorbereitet worden ist, den Raketenangriffen mit Bombardierungen aus der Luft nicht Einhalt geboten werden kann. Die hohe Zahl der Raketen - darunter neuere und weiter reichende als in den letzten Jahren - beweist dies. Die Konsequenz für Israel: Eine Bodenoffensive soll den Raketenbeschuss beenden und für die Zukunft unmöglich machen.

    Vergessen die Erfahrungen aus Gaza von 2006, vergessen auch der Fehlschlag im Libanonkrieg, für den die Regierung Olmert anschließend von einer Untersuchungskommission auf das Schärfste kritisiert worden ist.

    In Gaza 2009 sei alles anders, versichern israelische Militärexperten der skeptischen Bevölkerung: Diesmal sei man besser vorbereitet und was im Libanon geschah, werde sich in Gaza nicht wiederholen. Ohne dies offen zuzugeben, hofft man in Jerusalem aber offenbar auch, dass man Hamas diesmal völlig entmachten und die Fatah von Präsident Abbas wieder nach Gaza bringen kann. Um das zu erreichen, genügt es allerdings nicht, Ministerien und Verwaltungsgebäude von Hamas zu zerbomben, man muss die Anführer finden oder töten sowie die Waffenlager von Hamas ausheben. Und dies kann nur mit einer Bodenoffensive geschehen. Aber: Erst wenn dies erreicht ist und wenn Fatah wieder Gaza und auch dessen Grenzen kontrolliert, ist die Sicherheit Israels gewährleistet.

    Israel verlässt sich dabei auch auf die Zurückhaltung der meisten arabischen Regierungen, die fast überall im krassen Widerspruch zur Stimmung auf der Straße steht. Und Israel verlässt sich darauf, dass auch der Westen Verständnis zeige für sein Vorgehen. Immerhin hatte der Westen auf den Wahlsieg von Hamas ja mit großem Entsetzen reagiert und sich an den Sanktionen gegen den Hamas geführten Gazastreifen beteiligt. Inzwischen hat sich die Meinung aber etwas geändert. Wenn man einmal von George W. Bush und Bundeskanzlerin Merkel absieht. Bush kann unter Androhung eines Vetos noch eine Israel-kritische Resolution des Sicherheitsrates verhindern, UN-Generalsekretär Ban Ki-moon lässt sich dadurch nicht den Mund verbieten:

    ""Ich verurteile entschieden und in stärkster Weise die andauernden Raketen- und Mörser-Angriffe durch Hamas und andere palästinensische Militante. Aber ich verurteile auch den unangemessenen Einsatz von Gewalt durch Israel. Alle Parteien müssen das internationale humanitäre Völkerrecht respektieren."

    Der UN-Generalsekretär setzt sich nicht durch. George W. Bush leistet Israel noch einmal Schützenhilfe - im wahrsten Sinne des Wortes - indem er eine Abstimmung über einen Appell zur Waffenruhe verhindert. So, wie er es 2006 während des Libanonkrieges auch getan hatte. Eine weitere Sitzung des Sicherheitsrates wird zunächst verschoben. Offenbar will man die Ergebnisse der Reisediplomatie abwarten, die jetzt einsetzt. Obwohl nicht viel davon zu erwarten ist. So ist der britische Außenminister David Milliband der Meinung, dass die EU wieder einmal in erster Linie mit Geld helfen kann und helfen wird.

    "Ich glaube, die EU hat eine verbale Rolle, was ja auch wichtig ist, in dem sie zu einer sofortigen Waffenruhe aufruft und ihr ganzes Gewicht dahinter stellt. Zweitens glaube ich, dass die EU eine wichtige humanitäre Rolle spielt, da wird viel europäisches Geld benötigt, um die Menschen mit Lebensmitteln zu versorgen, mit Treibstoff und Medizin, die so dringend in Gaza gebraucht werden."

    Besonders für die Palästinenser keine ermutigende Aussage. Nicht nur für die in Gaza, sondern auch die in der Westbank. Auf den Straßen wurde bereits gegen das israelische Vorgehen demonstriert und Präsident Abbas hat seinen Ton auch deutlich verschärft: Zunächst gab er Hamas die Verantwortung für die Eskalation, jetzt spricht er von einem israelischen Verbrechen. Selbst wenn er es wollte, er kann natürlich nicht zugeben, dass es ihm und der Fatah ganz recht wäre, wenn der unbequeme Rivale Hamas jetzt ausgeschaltet würde und man wieder die Kontrolle über Gaza übernehmen könnte.

    Auch in der Arabischen Welt werden die Erklärungen aus Europa keine Begeisterung auslösen können. Auf jeden Fall nicht unter den Bürgern, die sich in den letzten Tagen mehr als deutlich mit den Palästinensern in Gaza solidarisiert und ihren eigenen Regierungen - besonders im Fall Ägypten - Untätigkeit oder sogar Kollaboration mit Israel vorgeworfen haben. Dass in vielen dieser Staaten eine Diskrepanz herrscht zwischen der Politik der Herrschenden und den Gefühlen der Bürger ist nicht neu. Auch, dass die Bürger dem Westen verübeln, dass er so offen mit ihren repressiven Regimen zusammenarbeitet. Der Konflikt um Hamas und der Krieg in Gaza könnte dieses Gefühl noch weiter verstärken. Auch deswegen täten die Europäer, täte auch Washington unter seinem nächsten Präsidenten gut daran, sich endlich tatkräftig für eine dauerhafte Friedensregelung einzusetzen. Nur so können den Hoffnungen und Wünschen aller entgegen gekommen werden. Eine neue Waffenruhe wäre zwar sicher gut, sie bliebe aber weit entfernt vom eigentlichen Ziel eines Friedens.