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Schluss mit fürstlichen Bezügen

Der französische Präsident François Hollande versprach seinen Wählern im Wahlkampf höhere Steuern für Reiche und die Deckelung hoher Managergehälter. Nach der Sommerpause soll ein Gesetzentwurf vorgelegt werden.

Von Margit Hillmann |
    16. Etage, im Wolkenkratzer des französischen Gaskonzerns GDF-Suez: Betriebsrat Jacques Mouton steht am großen Panoramafenster mit Blick auf die Skyline des Pariser Businessviertels La Defense: gläserne Bürotürme, die hoch in den blauen Nachmittagshimmel ragen. – die Firmensitze französischer Konzerne der ersten Liga, wie Total, Société Generale oder EDF.

    "Die wollen immer noch höher hinaus. Es gibt einen richtigen Wettbewerb zwischen den Chefs von EDF, Total und GDF-Suez, wer den höchsten Turm hat. Alle ein bisschen größenwahnsinnig: ich bin ein großer Boss, also brauche ich ein großes Auto und einen hohen Turm."

    Schwindelerregende Höhen erreichen mittlerweile auch die Spitzengehälter französischer Manager, meint Betriebsrat Mouton: 3,1 Millionen Euro hat sein Chef – der Manager der Unternehmensgruppe GDF-Suez - im letzten Jahr verdient. "Zu viel", kritisiert der Gewerkschafter. - Auch wenn Gérard Mestrallet den Konzern - an dem der französische Staat ein Drittel der Aktien hält - bisher eher gut durch die Krise gebracht habe.

    "Das ist inakzeptabel für die Belegschaft. Es ärgert sie. Wie ist das auch zu begründen, dass ein Unternehmenschef über drei Millionen Euro im Jahr verdient, während der Durchschnittslohn der Beschäftigten von GDF Suez bei monatlich 1800 brutto liegt?! Was rechtfertigt einen solchen Unterschied?"

    Auch Frankreichs neuer sozialistischer Regierung sind die hohen Managergehälter ein im Dorn im Auge. Sie hat nun eine "moralische" Obergrenze festgelegt: nicht mehr als das Zwanzigfache der unteren Lohngruppen ihres Unternehmens sollen die Manager verdienen. Auf umgerechnet 450.000 Euro Jahresgehalt begrenzten die Sozialisten denn auch vergangene Woche per Dekret den Verdienst der Chefmanager in Staatsbetrieben und in Konzernen, in denen der Staat Mehrheitseigner ist. Vergleichbare Einkommensgrenzen sollen bald für die Spitzenmanager aller französischer Konzerne gelten. Einen entsprechenden Gesetzentwurf will die französische Regierung nach der Sommerpause vorlegen. Betriebsrat Mouton lobt die Initiative der Sozialisten. Und doch bleibt er skeptisch.

    "In einem Privatunternehmen entscheidet die Mehrheit im Aufsichtsrat über die Gehälter. Nicht der Staat. Und dass die großen Aktionäre drastischen Kürzungen der Managergehälter zustimmen, weil die Regierung das so will, ist ziemlich unrealistisch. Wir fordern dagegen einen gesetzlichen Rahmen, der die Managereinkommen transparenter macht, Mitspracherecht für Arbeitnehmervertreter und verbindliche Regeln für Unternehmen, die staatliche Gelder in Anspruch nehmen. Da kann und muss die Regierung dafür sorgen, dass als Gegenleistung Managergehälter begrenzt werden. Das wären Maßnahmen, die in der Praxis anwendbar sind."

    Beim größten französischen Arbeitgeberverband – dem MEDEF – sieht man dagegen keinerlei Handlungsbedarf. In Frankreich kassierten die Chefs börsennotierter Unternehmen letztes Jahr durchschnittlich dreieinhalb Millionen Euro. Gerade mal die Hälfte des Verdienstes ihrer britischen Kollegen, argumentiert Verbandssprecher Jerôme Dubus. Gesetzliche Einkommensobergrenzen sei nicht nur juristisch mehr als fragwürdig. Sie schaden der französischen Wirtschaft, warnt der Arbeitgebervertreter.

    "Es gibt nur sehr wenige Manager, die in der Lage sind, einen großen Konzern erfolgreich zu leiten. Entsprechend teuer sind sie. Können wir auf diesem Markt nicht mehr mithalten, weil wir die international üblichen Gehälter nicht zahlen dürfen, sackt das Management auf ein mittelmäßiges Niveau ab. Erfolgreiche Konzerne brauchen absolute Topkräfte."

    Der Medef werde sein ganzes Gewicht in die Waagschale werfen, um ein solches Gesetz zu verhindern. Und er sei zuversichtlich, dass man damit Erfolg haben werde, versichert Verbandssprecher Jerôme Dubus.

    "So weit wird man nicht gehen, dass es tatsächlich zu einem solchen Gesetz kommt. Vertrauen Sie uns."

    Betriebsrat Mouton von GDF-Suez will abwarten, was der Gesetzesentwurf der Regierung im Detail vorsieht. Gleichzeitig setzt er auf die Schützenhilfe französischer Kleinaktionäre. Die könnten sich - nach amerikanischem und britischem Vorbild – zusammentun und maßlose Manager in die Wüste schicken, so die Hoffnung des Betriebsrats.

    "Nicht nur die Gewerkschaften sind sauer. -Auch die Kleinaktionäre, die seit der Finanzkrise Verluste einstecken müssen, während sich die Manager ihre Gehälter noch einmal kräftig erhöht haben."