"Hier ist Nürnberg!
Wir bringen Dokumente und Tatsachen vom Nürnberger Prozess. Wie wir in unserer Sendung am Samstag bereits berichteten, hat die Anklage gegen Generalstab und Oberkommando der Wehrmacht jetzt begonnen."
Am 7. Januar 1946 berichtete der Rundfunk der britischen Besatzungszone über die Prozesse gegen die Kriegsverbrecher in Nürnberg. Nach den Anklagen gegen die anderen Organisationen des Dritten Reiches und gegen die Köpfe des Naziregimes erhob der Chefankläger, Oberst Tilford Taylor, schwere Vorwürfe gegen die Deutsche Wehrmacht.
"Es ist nicht die Meinung der Anklage, dass jedes Mitglied dieser Gruppe ein schlechter Mensch war oder dass sie alle gleich schuldig waren. Aber wir werden zeigen, dass diese Gruppe nicht nur mit Hitler zusammenarbeitete und die wesentlichsten Nazipläne unterstützte, sondern wir werden zeigen, dass sie das Wichtigste für den wesentlichen und grundlegenden Erfolg des Naziprogrammes für Deutschland beitrug."
Die allermeisten männlichen Deutschen waren in den Jahren zuvor Mitglied der Wehrmacht gewesen. Deren Soldaten, so die weit verbreitete Legende, die bis heute Anhänger hat, waren sauber geblieben: Im Gegensatz zur SS hätten sie keinen Anteil an den Verbrechen der Nazis gehabt. In den Nürnberger Prozessen kamen andere Fakten auf den Tisch. Unter der Verantwortung der deutschen Armee starben rund drei Millionen sowjetische Kriegsgefangene. Der so genannte Kommissarbefehl 1941 sah die Ermordung der politischen Kommissare der Roten Armee vor. Ausgeführt wurde die Erschießung dieser Offiziere grundsätzlich von Angehörigen der Wehrmacht. Gleiches gilt für die Massaker an der Zivilbevölkerung. Der Erlass Hitlers über die Ausübung der Kriegsgerichtsbarkeit im Gebiet Barbarossa - gemeint waren die im Feldzug gegen die Sowjetunion besetzten Gebiete - bestimmte,
"dass Straftaten feindlicher Zivilpersonen der Zuständigkeit der Militärgerichte entzogen sind. Freischärler sind im Kampf oder auf der Flucht schonungslos zu erledigen."
Das gab Zivilisten jeglicher Willkür der deutschen Soldaten preis. Die Wehrmacht, das hatten die Alliierten bereits in Jalta beschlossen, war als verbrecherische Organisation zu behandeln, nach dem Sieg sollte sie aufgelöst werden. James Byrnes, der US-amerikanische Außenminister, verteidigte diesen Schritt in seiner Rede während eines Deutschlandbesuches am 6. September 1946 in Stuttgart.
"Die Befreiung vom Militarismus wird dem deutschen Volke Gelegenheit geben, seine großen Kräfte und Fähigkeiten den Werken des Friedens zuzuwenden. Es braucht sie nur zu ergreifen. "
Wenige Tage vor der Stuttgarter Rede des US-amerikanischen Außenministers, am 20. August 1946, hatten die Alliierten das Kontrollratsgesetz Nr. 34 erlassen. Die Wortwahl war deutlich: Das Gesetz bedeutete mehr als die Entwaffnung der Deutschen. Die Wehrmacht wurde für illegal erklärt.
"Alle deutschen Streitkräfte zu Lande, zur See und in der Luft, mit allen ihren Gliederungen, Stäben und Einrichtungen, einschließlich der Organisationen ehemaliger Kriegsteilnehmer sowie aller Vereinigungen, die der Aufrechterhaltung der militärischen Tradition in Deutschland dienen, werden hiermit als aufgelöst und völlig liquidiert betrachtet und für ungesetzlich erklärt."
Verstöße gegen dieses Gesetz konnten mit der Todesstrafe geahndet werden. Das Verbot der Wehrmacht war ein Teil der Entnazifierung in Deutschland. Dass dies nicht nur mit dem Ausfüllen eines Fragebogens getan war, sondern auch bedeutete, dass alle mit dem Nationalsozialismus verstrickten Institutionen aufgelöst werden mussten, erklärt Karl Heinrich Knappstein, Ministerialdirigent im hessischen Ministerium für Wiederaufbau in einer Rundfunkrede im August 1946.
"Wir hatten in jenen Jahren zwischen den beiden Weltkriegen jene Ultrademokratie, die so demokratisch war, dass sie sogar ihren Feinden das Messer in die Hand gab zu ihrer eigenen Tötung. Wir müssen eine Demokratie aufbauen, die aber auch ihre Grenzen hat. Freiheit wollen wir, jawohl. Aber keine Freiheit den Feinden der Freiheit. Toleranz wollen wir, jawohl. Aber keine Toleranz den Feinden der Toleranz."
Die Auflösung der Wehrmacht war eine der Lehren, die aus dem Scheitern der Weimarer Republik gezogen wurden. Sie sollte den Deutschen einen neuen Anfang ohne militaristische Tradition ermöglichen. Die Bundeswehr, die 1955 gegründet wurde, hat stets darauf bestanden, keine Nachfolgeorganisation der Wehrmacht zu sein. Dennoch rekrutierte sich ihr Führungsstab anfangs zu mehr als zwei Dritteln aus Offizieren der Wehrmacht.
Wir bringen Dokumente und Tatsachen vom Nürnberger Prozess. Wie wir in unserer Sendung am Samstag bereits berichteten, hat die Anklage gegen Generalstab und Oberkommando der Wehrmacht jetzt begonnen."
Am 7. Januar 1946 berichtete der Rundfunk der britischen Besatzungszone über die Prozesse gegen die Kriegsverbrecher in Nürnberg. Nach den Anklagen gegen die anderen Organisationen des Dritten Reiches und gegen die Köpfe des Naziregimes erhob der Chefankläger, Oberst Tilford Taylor, schwere Vorwürfe gegen die Deutsche Wehrmacht.
"Es ist nicht die Meinung der Anklage, dass jedes Mitglied dieser Gruppe ein schlechter Mensch war oder dass sie alle gleich schuldig waren. Aber wir werden zeigen, dass diese Gruppe nicht nur mit Hitler zusammenarbeitete und die wesentlichsten Nazipläne unterstützte, sondern wir werden zeigen, dass sie das Wichtigste für den wesentlichen und grundlegenden Erfolg des Naziprogrammes für Deutschland beitrug."
Die allermeisten männlichen Deutschen waren in den Jahren zuvor Mitglied der Wehrmacht gewesen. Deren Soldaten, so die weit verbreitete Legende, die bis heute Anhänger hat, waren sauber geblieben: Im Gegensatz zur SS hätten sie keinen Anteil an den Verbrechen der Nazis gehabt. In den Nürnberger Prozessen kamen andere Fakten auf den Tisch. Unter der Verantwortung der deutschen Armee starben rund drei Millionen sowjetische Kriegsgefangene. Der so genannte Kommissarbefehl 1941 sah die Ermordung der politischen Kommissare der Roten Armee vor. Ausgeführt wurde die Erschießung dieser Offiziere grundsätzlich von Angehörigen der Wehrmacht. Gleiches gilt für die Massaker an der Zivilbevölkerung. Der Erlass Hitlers über die Ausübung der Kriegsgerichtsbarkeit im Gebiet Barbarossa - gemeint waren die im Feldzug gegen die Sowjetunion besetzten Gebiete - bestimmte,
"dass Straftaten feindlicher Zivilpersonen der Zuständigkeit der Militärgerichte entzogen sind. Freischärler sind im Kampf oder auf der Flucht schonungslos zu erledigen."
Das gab Zivilisten jeglicher Willkür der deutschen Soldaten preis. Die Wehrmacht, das hatten die Alliierten bereits in Jalta beschlossen, war als verbrecherische Organisation zu behandeln, nach dem Sieg sollte sie aufgelöst werden. James Byrnes, der US-amerikanische Außenminister, verteidigte diesen Schritt in seiner Rede während eines Deutschlandbesuches am 6. September 1946 in Stuttgart.
"Die Befreiung vom Militarismus wird dem deutschen Volke Gelegenheit geben, seine großen Kräfte und Fähigkeiten den Werken des Friedens zuzuwenden. Es braucht sie nur zu ergreifen. "
Wenige Tage vor der Stuttgarter Rede des US-amerikanischen Außenministers, am 20. August 1946, hatten die Alliierten das Kontrollratsgesetz Nr. 34 erlassen. Die Wortwahl war deutlich: Das Gesetz bedeutete mehr als die Entwaffnung der Deutschen. Die Wehrmacht wurde für illegal erklärt.
"Alle deutschen Streitkräfte zu Lande, zur See und in der Luft, mit allen ihren Gliederungen, Stäben und Einrichtungen, einschließlich der Organisationen ehemaliger Kriegsteilnehmer sowie aller Vereinigungen, die der Aufrechterhaltung der militärischen Tradition in Deutschland dienen, werden hiermit als aufgelöst und völlig liquidiert betrachtet und für ungesetzlich erklärt."
Verstöße gegen dieses Gesetz konnten mit der Todesstrafe geahndet werden. Das Verbot der Wehrmacht war ein Teil der Entnazifierung in Deutschland. Dass dies nicht nur mit dem Ausfüllen eines Fragebogens getan war, sondern auch bedeutete, dass alle mit dem Nationalsozialismus verstrickten Institutionen aufgelöst werden mussten, erklärt Karl Heinrich Knappstein, Ministerialdirigent im hessischen Ministerium für Wiederaufbau in einer Rundfunkrede im August 1946.
"Wir hatten in jenen Jahren zwischen den beiden Weltkriegen jene Ultrademokratie, die so demokratisch war, dass sie sogar ihren Feinden das Messer in die Hand gab zu ihrer eigenen Tötung. Wir müssen eine Demokratie aufbauen, die aber auch ihre Grenzen hat. Freiheit wollen wir, jawohl. Aber keine Freiheit den Feinden der Freiheit. Toleranz wollen wir, jawohl. Aber keine Toleranz den Feinden der Toleranz."
Die Auflösung der Wehrmacht war eine der Lehren, die aus dem Scheitern der Weimarer Republik gezogen wurden. Sie sollte den Deutschen einen neuen Anfang ohne militaristische Tradition ermöglichen. Die Bundeswehr, die 1955 gegründet wurde, hat stets darauf bestanden, keine Nachfolgeorganisation der Wehrmacht zu sein. Dennoch rekrutierte sich ihr Führungsstab anfangs zu mehr als zwei Dritteln aus Offizieren der Wehrmacht.