Wertanlage, Rohstoff, Schmuck Von schmutzigem und sauberem Gold
Zentralbanken, aber auch viele Privatleute besitzen Gold, ob als Barren, Münzen oder Schmuck. Allerdings wirft das mitunter ethische Fragen auf. Denn oft wird Gold in kleinen Minen unter sehr schlechten Arbeits- und Umweltbedingungen abgebaut.
Arbeiter in Uganda graben einen tiefen Schacht – mit einfachsten Mitteln wie Schaufeln und Hacken schichten sie Berge an Erdreich auf. So versuchen sie, in primitiven Minen an die Steine zu gelangen, in denen sie Goldadern vermuten. Es ist oft ein schmutziges Geschäft, das Edelmetall zu fördern. Doch es lohnt sich, weil Gold gerade in den reichen Ländern der Erde und gerade in Krisenzeiten als Geldanlage attraktiv ist. Goldschmuck ist seit jeher begehrt.
Dokumentiert ist diese schmutzige Arbeit in einem Video der „Earthbeat Foundation“, einer Stiftung, die Guya Merkle gegründet hat. Die 36-Jährige stammt aus der Goldstadt Pforzheim, ihr Vater leitete ein Schmuckunternehmen, diese Aufgabe musste sie nach seinem plötzlichen Tod übernehmen – zunächst ein Misserfolg: “21, vollkommen überfordert, keine Idee, wie man ein Unternehmen führt. Insofern führte das dann dazu, dass ich nach zwei, drei sehr unglücklichen Jahren dieses Unternehmen gegen die Wand gefahren habe, weil ich nicht wusste, wie, was, wo. Und damit hatte ich ganz schön zu kämpfen persönlich, emotional, weil dann doch das Familienunternehmen und alles kaputt war.“
Das ließ ihr keine Ruhe – Guya Merkle beschloss also, sich näher anzusehen, wo und unter welchen Bedingungen Gold gefördert wird. Sie reiste nach Peru zu einer kleinen Goldmine in den Anden: „Ich stand da und dachte, wie kann auch nur ein vernünftiger Mensch das hier akzeptieren, und mein erster Moment war: Zum Glück ist diese Firma pleite. Ich möchte damit nichts zu tun haben. Die sprengen da wie wild irgendwelche Schächte in den Berg, wissen aber auch nicht richtig, wie man das absichert, das heißt solche Minen kollabieren sehr oft. Ohne Schulung und ohne Werkzeug wird da dieses Erz weggeklöppelt.“
Danach werden die Steine zertrümmert und zermahlen, Merkle erklärt den weiteren Fortgang: „Dann kommt eigentlich dieser superschädliche Prozess, dass ohne jegliche Schutzmaßnahmen, also ohne Maske, ohne Handschuhe, dieser Sand dann mit einem Wasser und Quecksilbergemisch quasi zu einem Amalgam gebunden wird, und dann muss das Quecksilber natürlich auch wieder weg aus diesem Amalgam. Und dafür wird das verbrannt. Und Quecksilber gehört zu den giftigsten Stoffen, die wir haben, vor allen Dingen, wenn es verbrannt wird.“
Auf dem Rückflug wurde Merkle klar, dass sie dagegen etwas tun wollte. Sie beschloss, eine Stiftung zu gründen, die nun, nach schwierigen Anfangsjahren, versucht, diesen Menschen zu helfen.
Die Problematik der Kleinstminen
20 bis 25 Prozent des Goldes weltweit werden in kleinen und Kleinstminen geschürft, schätzen Fachleute wie Tobias Kind-Rieper vom WWF, dem World Wildlife Fund for Nature: „Dieser ist informell, dieser ist illegal. Dieser geht mit unglaublich viel Korruption und Geldwäsche einher. Das ist eines der größten Probleme in Südamerika, wo Gold dann gewaschen wird und in europäischen Markt gelangt.“
Weltweit arbeiten 40 Millionen Menschen in dem Sektor, sind 150 bis 200 Millionen Menschen abhängig vom Einkommen dieses Goldes. Das jetzt einfach nicht mehr zu importieren, würde auch massive Auswirkungen vor Ort haben.
Tobias Kind-Rieper WWF
Nicht nur in Südamerika, auch in Afrika gibt es dieses Problem. In solchen Minen werden Kinder eingesetzt, weil nur sie klein genug sind, um in die Stollen zu kriechen. Der Ertrag ist oft dürftig, die Arbeiter erhalten kaum Lohn. All das verstößt gegen bestehende Gesetze, sagt Tobias Kind-Rieper vom WWF und nennt weitere Kriterien, die eigentlich beachtet werden müssten: „Da zählt zum Beispiel die Einhaltung von Menschenrechten dazu, wie viel Wasser genutzt wird, wo abgebaut wird, nicht in Naturschutzgebieten, nicht in indigenen Schutzgebieten etc.“
Doch sei es unrealistisch, auf die Zertifizierung dieser Kleinstminen zu setzen, meint Guya Merkle. Denn viele von ihnen holten im Jahr allenfalls ein bis drei Kilo Gold aus der Erde: „Das kostet viel Geld, so eine Mine umzustellen. Das heißt, diese Minen fliegen immer unter dem Radar. Die werden niemals transformiert werden.“
Das lohne sich allenfalls für die mittelgroßen Minen, meint die Gründerin der Earthbeat Foundation. Die meisten Affinerien in den Industrieländern versuchen deshalb, eine Zulieferung von Gold aus Kleinstminen zu vermeiden. In Affinerien wird Gold von Verschmutzungen gereinigt, damit es verarbeitet werden kann. Die Kleinstminen auszusparen, das dürfte allerdings nicht vollständig gelingen, glaubt WWF-Experte Kind-Rieper: „Weltweit arbeiten 40 Millionen Menschen in dem Sektor, sind 150 bis 200 Millionen Menschen abhängig vom Einkommen dieses Goldes. Das jetzt einfach nicht mehr zu importieren, würde auch massive Auswirkungen vor Ort haben. Das heißt es geht darum, den Abbau vor Ort und auch die Lebensumstände der Menschen vor Ort zu verbessern.“
Wie aber gehen die großen Affinerien mit diesem Problem um? Die Gold- und Silberscheideanstalt Argor Heraeus ist eine Tochter des Technologiekonzerns Heraeus. „Wir verarbeiten zu ungefähr einem Drittel frisches Gold, frisches Gold bedeutet also Minenmaterial. Das kriegen wir aus Minen auf der ganzen Welt, wobei wir sagen müssen, dass wir höchste Standards anlegen an die Compliance, also an den Ursprung des Goldes“, erklärt Robin Kolvenbach, Co-Chef von Argor Heraeus. Die Schweiz, in der das Unternehmen angesiedelt ist, habe sehr strikte Gesetze, was Gold angehe, versichert er.
Es bestehen jedoch auch supranationale Regularien wie die der OECD mit 38 Mitgliedsstaaten, die Anforderungen an die Überprüfung der Goldminen stellt. Der Industrieverband „London Bullion Market“ stellt eigene Regeln auf, die in der „Responsible Gold Guidance“ festgelegt sind. Die müssen zertifizierte Affinerien anwenden. Heraeus aber gehe noch einen Schritt weiter und habe einen eigenen Standard für ethisches Gold definiert, sagt Kolvenbach: „Für uns ist entscheidend, dass das Gold hergestellt wurde unter Einhaltung der Menschenrechte, das ist sozusagen die unterste Ebene. Die zweite Ebene ist, dass die Umwelt nicht zerstört wird am Ort, wo das Gold hergestellt wird. Und darunter gibt es noch ein paar Ebenen, wie beispielsweise, dass kein Quecksilber eingesetzt wird, dass keine Chemikalien eingesetzt werden, dass Bildung lokal zur Verfügung steht, dass die lokalen Communitys davon profitieren.“
Wege gegen den Goldschmuggel
Das seien nur einige der Kriterien. Um festzustellen, ob das gelieferte Gold tatsächlich aus den zertifizierten Großminen stamme, sprühe man die Barren dann vor Ort mit fälschungssicheren Markern ein, erklärt Kolvenbach: „Wir machen einen PCR Test - so wie einen Corona-Test am Ende. Und stellen damit sicher, dass während des Transports kein Gold in unsere Wertschöpfungskette reingeschmuggelt wurde, was da nicht hingehört. Wir überprüfen die Mine selber und den Ursprung des Goldes und stellen sicher, dass auf dem Weg der Mine zu uns kein Gold sozusagen sich in das Material einschmuggelt.“
Das gilt umso mehr, weil nun auch aus politischen Gründen etwa Gold aus Russland oder China in Deutschland nicht mehr akzeptiert wird. Doch Goldschmuggel ist gang und gäbe. Das weiß auch Guya Merkle von der „Earthbeat Foundation“, sie verweist auf den Kongo: „Es gibt einen Bann auf kongolesisches Gold. Aus dem Kongo darf kein Gold gekauft werden. Uganda ist kein goldreiches Land, die haben Kaffee und andere Sachen, aber ganz wenig Gold. Wenn man sich mal anguckt, wie viel Gold Uganda exportiert, so viel Gold haben die gar nicht. Ich habe es selber gesehen: der Schmuggel vom Kongo nach Uganda, der blüht in voller Form. Und somit wird eben dieses kongolesische Gold doch in den Weltmarkt reingegeben, indem er einfach in Uganda offiziell reinfließt, es wird als ugandisches Gold deklariert, und schon haben wir es.“
In der Praxis sei es deshalb sehr schwer, illegal geschürftes Gold aus dem Kreislauf herauszuhalten, sagt auch Kolvenbach: „Das Problem ist: Gold ist wie Wasser. Es findet seinen Weg. Und es gibt Länder, in denen die Richtlinien, die wir anlegen, nicht so strikt sind wie das, was wir tun und unsere Werte nicht so in der Form vorliegen wie sie bei uns sind. Und wenn man einfach nur die Augen verschließt, wird sich an der Gesamtsituation global gesehen nichts ändern. Deshalb sehe ich es schon als unsere Aufgabe an, gemeinsam mit Partnern, NGOs, Fairtrade, Fairmined als Beispiel, für Verbesserungen an der Stelle zu sorgen.“
Solche Organisationen versuchen, mit einem Zertifizierungssystem gemeinschaftlichen Kleinbergbau zu unterstützen. Man wolle einen „positiven Beitrag zu verantwortungsvollen Praktiken leisten“, beschreibt die „Alliance for Responsible Mining“ ihr Gütesiegel „Fairmined“.
Die Schmuckindustrie und ihre Verantwortung
Woher das Gold stammt, das verarbeitet wird, das ist auch in der Schmuckindustrie eine immer wichtigere Frage. Seit dem vergangenen Jahr wird in Deutschland fair gehandeltes Gold zertifiziert, bei dem wie auch in anderen Wirtschaftsbereichen darauf geachtet wird, dass die Schürfer vor Ort mindestens 95 Prozent des in London gehandelten Weltmarktpreises erhalten. Doch tatsächlich hat solch fair gehandeltes Gold bisher nur einen sehr kleinen Anteil am Gesamtaufkommen.
Zwei Drittel des Goldes, das heute verarbeitet wird, gewinnt man aus Altgold. Viele Schmuckhersteller sind in Pforzheim angesiedelt, die Stadt im Nordschwarzwald nennt sich deshalb „Goldstadt“. Die dortige Sparkasse Pforzheim-Calw bezeichnet sich selbst als einen der größten Goldhändler in Deutschland - Gold ist jedenfalls ein Schwerpunkt ihrer Arbeit: „Hier in Pforzheim und Umgebung sind ja mehrere große Scheideanstalten angesiedelt, von denen wir unser Gold hauptsächlich beziehen“, erklärt der Edelmetallexperte der Sparkasse, Raphael Krämer.
„Und diese arbeiten kein Primär-, das heißt Minengold auf, sondern konzentrieren sich ausschließlich auf das Recycling von edelmetallhaltigem Schrott, das heißt Altschmuck, Zahngold oder Industrieabfälle. Und im Recycling, das heißt der Wiederverwertung von Gold, liegt unseres Erachtens auch der Kern der Nachhaltigkeit, da die Umweltbelastung und der CO2-Ausstoß in der Goldproduktion hauptsächlich bei der Gewinnung in den Minen anfällt.“
Neben dem „frischen“ Gold verarbeiten die Scheideanstalten auch Goldbarren, die in den Tresoren von Banken und Notenbanken lagerten. Doch gerade die Zentralbanken verkaufen nur sporadisch. Die dritte Goldquelle ist eben edelmetallhaltiger Schrott, etwa elektronische Geräte, sagt Robin Kolvenbach von Heraeus: „Einen alten Computer oder ein altes Handy aufzuarbeiten ist ziemlich kompliziert, das müssen Sie aufschmelzen, müssen aus der Schmelze das Gold gewinnen und müssen das Gold dann über viele Schritte raffinieren, um wieder beim Feingold anzukommen.“
Gold als Anlage in Krisenzeiten?
Diese mühevolle Arbeit lohnt sich aber trotzdem, weil nicht nur Goldschmuck begehrt ist. Gold nutzen Menschen seit Jahrtausenden zur Wertaufbewahrung und als Tauschmittel. Mit Gold wurde bis zu Beginn der 1970er Jahre der amerikanische Dollar gedeckt - 35 Dollar mussten für eine Unze Gold gezahlt werden. Auch wenn die Golddeckung seither abgeschafft ist, so halten viele Notenbanken weltweit immer noch Gold zur Absicherung ihrer Währungen.
Notwendig für das Funktionieren des internationalen Finanzsystems sei das Edelmetall nicht mehr, sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank. Man könne die Vermögensgüter in den Notenbankbilanzen damit jedoch breiter streuen. Neben Fremdwährungen, also Devisen, liegt Gold deshalb immer noch in den Tresoren der Zentralbanken: „Der Goldpreis entwickelt sich anders als der Preis von übrigen Währungen, so dass die Währungsreserven einer Notenbank diversifiziert werden, wie das im Fachjargon heißt. Gold hat sicherlich auch eine Vertrauensfunktion, in dem es klassischerweise einen sicheren Hafen darstellt für Kapitalströme in Krisenzeiten.“
Das machen sich seit langem auch Privatanleger zunutze. Vor allem in Krisenzeiten setzen sie auf das Edelmetall, denn dann könne es das Vermögen absichern helfen, sagt Wolfgang Wrzesniok-Roßbach. Der langjährige Goldexperte hat vor einigen Jahren die Beratungsfirma „Fragold“ gegründet: „Salopp gesagt: wenn es den Leuten ans Portemonnaie geht, dann kaufen sie eher Gold, hohe Inflation, schlechte Aktienmärkte, keine Zinsen, dann wird Gold gekauft. Es ist nicht so sehr die politische Krise, ein Krieg, ein Anschlag oder derartige Dinge.“
So hat sich der Goldpreis zu Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine zwar kurzzeitig erhöht, Anfang März musste man für eine Feinunze mehr als 2.000 Dollar zahlen. Inzwischen ist der Preis auf unter 1.800 Dollar abgesackt. Das sei aber immer noch gut, meint der Goldexperte: „Das ist acht Mal so viel wie es 1999 war. So gesehen haben wir jetzt eine 20-jährige Hausse-Phase mit Schwankungen natürlich, die auch mal stärker waren. Aber wir haben einen sehr, sehr deutlichen Preisanstieg seit dem damaligen Tiefstkurs, den wir 1999 gesehen haben. Der Tiefstkurs damals lag bei 250 Dollar die Unze.“
Gold kann man als eine Art Währung ansehen, auch wenn man sie nicht direkt im Zahlungsverkehr einsetzen kann, man kann also beim Bäcker oder im Supermarkt nicht damit bezahlen. Und Gold bringt keinerlei Rendite – eben weder über Zinsen noch etwa über Dividenden. Es kommt allein auf die Entwicklung des Werts an. Und der steige vor allem in Zeiten, sagt auch Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank, in denen sich andere Geldanlagen schlecht entwickelten: „Das funktioniert halt nicht in jeder Phase, und jetzt sind wir halt in einer Phase, in der schlechte Konjunkturaussichten drohen. Wir erwarten Rezession in den USA, viele erwarten Rezession im Euroraum, Chinas Konjunktur kühlt sich ab. Aber die Zentralbanken senken nicht die Zinsen, sondern erhöhen sogar die Zinsen. Das ist eine ungewöhnliche Situation. In so einer Situation kann Gold nicht als sicherer Hafen funktionieren.“
Dennoch raten viele Anlageexperten, das Depot mit Gold abzusichern. So rät auch Wolfgang Wrzesniok-Roßbach von Fragold: „In normalen Zeiten würde ich auch nicht mehr als fünf bis zehn Prozent empfehlen des flüssigen Vermögens, dass man das eben in Gold anlegt und dann den Rest eben auch in anderen Anlagen. In Krisenzeiten kann man das sicherlich auch mal erhöhen auf 15, vielleicht auch 20 Prozent, aber eigentlich auf keinen Fall mehr.“
Doch wie geht das verantwortungsvoll? Wrzesniok-Roßbach verweist auf die Regeln der „London Bullion Market Association“, denen sich die Edelmetall-Scheideanstalten in den westlichen Ländern unterworfen hätten: „Deswegen kann man davon ausgehen, dass das Anlagegold, was man heute kauft, auch sauberes Gold ist. Etwas anders sieht es vielleicht aus, wenn man nach Asien schaut. Da wird vielleicht nicht immer so genau hingeschaut, wo kommt das Gold eigentlich her? Heute ist es oft so, dass zum Beispiel illegal gefördertes Gold aus Afrika dann die Wege über den mittleren Osten, vielleicht auch nach Indien oder eben in den fernen Osten findet.“
Es ist sehr viel Greenwashing da draußen. Und es gibt wenig Institutionen und Schmuckmarken und Unternehmen, die wirklich am Wandel arbeiten.
Guya Merkle
Tobias Kind-Rieper vom WWF sieht das anders. Er rät auch beim Kauf in Deutschland zu einer kritischen Grundhaltung: „Fragen Sie Ihre Bank: wo kommt dieses Gold her? Und wenn sie das nicht beantworten können, dann sollte das schon ein ganz großer Fingerzeig dahingehend sein, dass sie das eben nicht wissen, wo sie herkommen.“
Das gelte genauso für die Schmuckbranche, meint Guya Merkle, die zur Finanzierung ihrer Stiftung wieder eine eigene Schmuckfertigung aufgebaut hat: „Man muss da wirklich mit Vorsicht dran gehen, weil jede Schmuckbrand ist heutzutage nachhaltig, alle sagen Recycling. Es ist sehr viel Wischiwaschi, es ist sehr viel Greenwashing da draußen. Und es gibt wenig Institutionen und Schmuckmarken und Unternehmen, die wirklich am Wandel arbeiten.“
Auch beim Schmuckkauf gilt deshalb: Nachfragen, wo das Gold herkommt. Die Kunden selbst können zum Recycling beitragen, indem sie Goldschmuck verkaufen, den sie nicht mehr mögen oder benötigen. Auch dabei gelte es vorsichtig zu sein, meint Goldexperte Wrzesniok-Roßbach: „Ich würde sagen, dass heute, wenn man Gold verkauft, egal ob es Dentalgold ist, ob es Schmuck ist, nicht mehr als zehn Prozent des aktuellen Wertes abgezogen werden sollen. Diese zehn Prozent, die sind gerechtfertigt, einfach weil das Gold aufgearbeitet werden muss und dann wieder in neues Gold, in reines Gold verwandelt werden muss. Aber eben nicht mehr, und leider gibt es da durchaus schwarze Schafe im Markt, die dann 30 oder sogar 50 Prozent abziehen.“
Mehr recyceltes Gold – selbst das wäre ein wichtiger Weg, um auch den Arbeitern in den Kleinstminen zu helfen, die ohnehin nur wenige Kilogramm Gold im Jahr fördern, meint Guya Merkle. „Wieso lassen wir die nicht einfach in der Erde und schaffen alternative Einkommensquellen für die Menschen und nutzen das Gold, das schon da ist? Müssen wir alle zehn Monate ein neues Handy kaufen? Muss das wirklich sein? Müssen wir, wenn wir ein neues Handy kaufen, die anderen fünf in unserer Schublade lassen oder können wir die nicht wieder fachgerecht zurück in den Kreislauf geben?
Gold aus alten Handys nutzen
Mit ihrer Schmuckfirma nutzt sie das Gold, das aus alten Handys gewonnen wird. Woher die Handy-Hersteller ihr Gold einst bezogen hatten, lässt sich allerdings nicht mehr sicher nachvollziehen.
Recycling helfe, den CO2-Fußabdruck zu verringern, sagt Robin Kolvenbach von Argor Heraeus. Doch er gibt auch zu bedenken: „Was wir aber sehen ist, dass die Menge an Gold aus recycelten Quellen, die zur Verfügung steht, nicht ausreicht, um überhaupt nur annähernd die Schmuckproduktion im Jahr zu decken und wir deshalb, um tatsächlich die Industrie nachhaltig zu dekarbonisieren, Minen dekarbonisieren müssen. Und auch Minengesellschaften haben das verstanden. Wir arbeiten aktiv daran, auch dieses Ziel voranzutreiben.“
Denn Gold bleibt für die Industrie wie für die Schmuckherstellung ein sehr bedeutender Rohstoff. Umso wichtiger ist ein verantwortungsvoller Umgang damit.