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Schnelles Internet ausgebremst

Die Datenmenge im Internet steigt unaufhörlich: Die Nutzer spielen online, schauen Filme online und stellen gigantische Mengen an Fotos und Videos ins Netz. Nun hat die Telekom angekündigt, ihren Kunden ab einem bestimmten Datenvolumen die Übertragungsgeschwindigkeit zu drosseln. Mit weitreichenden Folgen für die Netzpolitik.

Von Jan Rähm |
    Ist es mit dem freien Internet bald vorbei? Das fragen sich derzeit viele Kunden der Deutschen Telekom. Diese - als Betreiber der Internet-Anschlüsse - hat angekündigt, ihre Tarife ab Mai weitreichend zu ändern. Einer der Gründe liegt weit in der Geschichte.

    Deutschland hat ein weitreichendes Kommunikationsnetz auf Kupferbasis, wie es kaum ein anderes Land bieten kann. Gebaut wurde es mit Steuermitteln.

    "Ein Abteilungsleiter im damaligen Postministerium hat irgendwann in den 60er-Jahren entschieden, wir erschließen jeden Haushalt, damals in Westdeutschland, mit Kupfer. Das war damals eine mutige Entscheidung."

    Kai Seim von der Breitband- und Netzwerk-Beratungsgesellschaft Seim & Partner erinnert daran, wie der Ausbau der Kommunikationsnetze in Deutschland in Schwung kam. Horrende Summen investierte das damalige Staatsunternehmen in den 1960er-Jahren in die Kupfernetze. Lange Jahre kämpfte der Telekommunikationsbereich der damaligen Post deswegen mit roten Zahlen.

    "Und als dieser Netzausbau fertig war, ist das ja auch fast schlagartig umgekippt. Das ist immer so. Wenn Sie aufhören zu investieren, fängt irgendwann der Cashflow an, flapsig formuliert, zu sprudeln."

    Heute betreibt die Deutsche Telekom dieses Netz. Zusätzlich haben die Telekom und ihre Mitbewerber in den vergangenen Jahren weitere Technologien ausgebaut wie Internet über das Fernsehkabel sowie die Funknetze UMTS und LTE. In Summe kann ein Großteil der Bevölkerung heute auf einen Internetanschluss zugreifen, wie er von der Bundesregierung in ihrer Breitbandstrategie von 2009 gefordert wurde. Die Lage ist dennoch unbefriedigend. Zwar ist das Land in Sachen Breitband-Internetanschluss ganz gut aufgestellt, doch Fachleute warnen: Deutschland läuft Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Schuld sind die alten Kupfernetze, die nicht mehr leistungsfähig genug sind. Ein neues Kommunikationsnetz – flächendeckend und zukunftssicher – muss her.

    Das Datenvolumen im Internet steigt unaufhörlich: Die Nutzer spielen heute online, statt offline, schauen sich Spielfilme lieber über das Internet an als von DVD. Zudem werden die Daten immer größer. Marktbeobachter rechnen damit, dass sich die Menge der übertragenen Daten in den nächsten drei Jahren vervierfacht. Um dem Datenaufkommen Herr zu werden, muss in die Netze investiert werden. Und diese Investitionen wollen finanziert werden. So begründet dann auch die Deutsche Telekom ihren jüngsten Vorstoß. Das Unternehmen will in allen Neuverträgen ab dem 2. Mai das Datenvolumen je Monat begrenzen. Telekom Pressesprecher Philipp Blank erklärt:

    "Ab 2016 könnte es sein, dass wir wirklich umsetzen, dass Tarife ein bestimmtes Tarifvolumen inklusive haben. Das heißt, wenn ich dieses Highspeed-Volumen aufgebraucht habe, habe ich die Möglichkeit, noch mal Volumen nachzubestellen, wenn ich mehr brauche, oder in einen Tarif zu wechseln, der grundsätzlich ein größeres Volumen inklusive hat."

    Ist das Kontingent des Nutzers ausgeschöpft, behält sich das Unternehmen vor, den Anschluss auf eine Datenrate von nur 384 kBit/s zu drosseln – das entspricht in etwa der Hälfte der Geschwindigkeit der ersten DSL-Anschlüsse vor über zehn Jahren.

    Alle neuen Telekom-Festnetz-Internet-Tarife werden jetzt die Drosselung enthalten. Umsetzen will die Telekom die Begrenzung frühestens in drei Jahren, sagt Philipp Blank von der Telekom:

    "Wenn die Umsetzung 2016 erfolgen soll, muss es in den Verträgen von vielen Kunden überhaupt erst vermerkt sein. Der andere Grund für diese schrittweise Einführung ist es, dass wir den Kunden genug Zeit geben wollen, sich daran zu gewöhnen."

    Obwohl die Drossel eigentlich nur für Neuverträge gilt, bekommen mit großer Wahrscheinlichkeit fast alle Kunden eine entsprechende Klausel in ihren Vertrag geschrieben. Grund ist die Umstellung der herkömmlichen Telefonanschlüsse auf das Internet-Protokoll. Das heißt: Telefongespräche werden nicht mehr wie bisher über ein spezielles Leitungsnetz, sondern als Datenstrom aus Bits und Bytes über Netzwerke und Internet geleitet. Durch die Umstellung werden die Kunden einen neuen Vertrag bekommen, der ebenfalls die Drossel-Klausel enthält.

    Die Obergrenze für das Datenvolumen ärgert den Netzwerk-Spezialisten Clemens Schrimpe aus Berlin maßlos. Schrimpe hat große Teile des deutschen Internets mit aufgebaut. Er kritisiert: Die Telekom begrenzt nicht einfach nur das Datenvolumen, sondern schaltet den Anschluss de facto ab:

    "Wenn man jemandem etwas verkauft und hinterher über 99 Prozent der Funktionalität wegnimmt, dann halte ich es nicht für eingeschränkt. Eingeschränkt klingt so irgendwie wie ein Auto, das schwer beladen ist und deswegen nicht 200 fährt, sondern nur noch 150. Das ist eingeschränkt. Was wir hier haben, um in dem Beispiel zu bleiben, ein Auto, das normalerweise 50/h fahren würde, fährt jetzt nur noch 375 Meter in der Stunde. Das heißt, es erfüllt seinen Zweck nicht mehr."

    Nicht nur, dass die Datenmengen reduziert werden sollen, sorgt für große Aufregung. Kritiker fürchten um die Netzneutralität. Netzneutralität bedeutet, dass jedes Datenpaket – egal ob E-Mail, Musikschnipsel, Video oder Textdatei – mit der gleichen Wichtigkeit durch das Internet geleitet wird und keines bevorzugt oder benachteiligt wird. Nun steht der Vorwurf im Raum, die Telekom wolle genau das mit ihrem Fernsehangebot "Entertain" machen. Das TV-Angebot, mit dem Benutzer das Fernsehprogramm und Filme über ihren Internetanschluss sehen können, soll nicht von der Daten-Drossel betroffen sein und somit bevorzugt zum Kunden kommen. Es nutzt eine andere Ebene des DSL-Zugangs. Die Anbieter alternativer Angebote dagegen müssen sich das freie Datenvolumen teilen. Die Telekom findet das gerechtfertigt. Entertain sei ein sogenannter Managed Service, erklärt Telekom-Sprecher Phillip Blank.

    "Managed Services unterscheiden sich ja von regulären Internetdiensten darin, dass die Dienste in einer gesicherten Qualität produziert werden und vom Kunden gesondert bezahlt werden. Wenn ein Kunde jetzt für einen Dienst extra zahlt, wird ihm kaum vermittelbar sein, warum der Dienst dann genauso behandelt wird wie andere reguläre Internetdienste."

    Die Reaktionen auf die Pläne der Deutschen Telekom sind heftig – und werden seit Tagen in der Netzgemeinde diskutiert. Und eine Internet-Petition gegen die Pläne fand bereits mehr als 100.000 Unterstützer. Der netzpolitische Sprecher der CDU-CSU-Fraktion, Michael Kretschmer, ist dagegen zurückhaltend:

    "Also man muss sich jetzt erst einmal anschauen, was die Telekom genau vorhat. Und dann bin ich der Meinung, haben wir die rechtlichen Möglichkeiten geschaffen, um auch diese Vorschläge bewerten zu können. Einmal haben wir eine Regulierung von Post und Telekommunikation, die Marktmacht und Missbrauch verhindern soll. Und auf der anderen Seite haben wir klar gesagt im Gesetz, wir sind klar für Netzneutralität."

    So klar festgeschrieben ist die Netzneutralität aber bis heute nicht. Zwar hat die Enquetekommission Internet und digitale Gesellschaft im Januar dieses Jahres ganz klar für die strikte Gleichberechtigung aller Daten im Netz votiert, doch hat die Regierung das Sondervotum bisher in keinem Gesetz festgeschrieben.

    Die Telekom versichert, dass ihre Pläne die Netzneutralität nicht verletzen. Ähnlich sieht es auch Netzwerk-Spezialist Clemens Schrimpe:

    "Ein Telekom-DSL-Anschluss besteht aus mehreren Teilen. Es gibt das sogenannte Zugangsnetz, das ist T-DSL. Und dann gibt es das Internet dahinter, hinter dem Zugang. Also das T-DSL bringt mich nur zu einem ISP. Der heißt in diesem Falle T-Online. Wenn man es auseinandernimmt, ist es nicht die Telekom, die drosselt, sondern T-Online. Dein T-DSL-Anschluss läuft weiter mit seiner normalen Anschlussgeschwindigkeit."

    Daher: Der Anschluss beim Kunden, in diesem Fall T-DSL, ist die Leitung zum Internetanbieter, kurz ISP. Gedrosselt wird bei dem. Die Leitung an sich bleibt unangetastet. Und damit läuft auch das TV-Angebot Entertain der Telekom wie vom Kunden gewohnt, auch wenn der Zugang zum Internet beschränkt wurde.

    Sowohl Internet als auch Fernsehen kommen von der Telekom und basieren auf den gleichen technischen Grundlagen. Doch die Services haben nicht direkt miteinander zu tun. Sie teilen sich nur dieselbe Leitung. Technisch funktioniert es ähnlich wie bei einem Wasseranschluss: Warmes und kaltes Wasser werden in je einem Rohr zum Wasserhahn geleitet. Erst dort kommt beides zusammen und fließt gesammelt aus dem Hahn. Bei der Telekom kommen Internet- und TV-Signal auch aus verschiedenen Quellen und werden zusammengeführt. Ganz ähnlich funktioniert das Netz der Kabelanbieter. Internet und Fernsehen werden digital über ein Kabel zum Kunden gebracht.

    Dessen ungeachtet legt sich die Telekom mit der Netzneutralität an – in ihrem Mobilfunknetz. Dort genießt der Dienst Spotify, mit dem Kunden fast unbegrenzt Musik über das Internet hören können, eine Vorzugsbehandlung. Als Premium-Partner wird er als Managed Service angeboten. So wird Spotify – ähnlich wie das TV-Paket Entertain der Telekom – unabhängig vom gebuchten Datenvolumen zum Kunden gebracht.

    Nur warum Musik-Dienst A wichtiger ist als Musik-Dienst B, der von der Telekom nicht als Premiumpartner bevorzugt behandelt wird, wird dem Kunden schwer zu vermitteln sein. Und genau hier sehen Experten auch die Netzneutralität verletzt. Philipp Blank von der Telekom:

    "Die Internetlobby definiert ja Netzneutralität als die strikte Gleichbehandlung von einzelnen Datenpaketen, und die ist aus unserer Sicht absolut nicht sinnvoll. Eine E-Mail ist etwas anderes als eine Videokonferenz. Ob eine E-Mail jetzt ein paar Sekunden später ankommt, macht für die meisten Kunden keinen Unterschied. Wenn eine Videokonferenz nicht funktioniert, wird der Dienst nicht funktionieren und von den Kunden nicht angenommen werden. Insofern gibt es da einen ganz klaren Unterschied zwischen Managed Services und normalen Internetdiensten."

    Wie soll das Internet in Zukunft aussehen? Wird es zu einem Zwei-Klassen-System? Bei den Antworten ist die Politik gefragt. Sie muss Rahmenbedingungen festlegen, die entweder die Ungleichbehandlung erlauben – oder die strikte Gleichbehandlung aller Daten einfordern. Und zwar in Form eines Gesetzes, wie es die Opposition aus SPD, Grünen und den Linken schon lange fordert.

    "Wenn das nicht nur Inhalt von Sonntagsreden ist, dass das Internet die Infrastruktur des 21. Jahrhunderts ist, dann muss der Gesetzgeber sich auch darum kümmern, dass diese Infrastruktur so ausgestaltet wird, wie man sie und unter demokratietheoretischen, unter teilhabetheoretischen Gesichtspunkten für richtig hält. Und deswegen kommt man um eine gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität nicht herum."

    Konstantin von Notz, netzpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. Halina Wawzyniak von der Partei Die Linke hofft auf konkrete Regelungen.

    "Es muss einfach gesetzlich verankert werden. Die Telekom erweist jetzt der Koalition einen großen Dienst, in Anführungszeichen, weil sie eben belegt, es regelt nicht der Markt."

    Es ist aber nicht nur die Verletzung der Netzneutralität, die beide netzpolitischen Sprecher ihrer Parteien verärgert. Halina Wawzyniak und Konstantin von Notz lehnen die Pläne der Telekom insgesamt ab.

    "Es gibt zwei sehr kritische Linien an dem Vorstoß der Deutschen Telekom. Das erste ist, dass man damit im Grunde einen Dammbruch schafft, weil es das erste Mal der Versuch ist, ein Zwei-Klassen-Internet einzuführen. Menschen werden umso besser im Netz unterwegs sein können, je mehr Geld sie zur Verfügung stehen haben. Das ist schlecht. Und die Telekom verbindet das ja mit dem Pushen ihres eigenen Geschäftsmodells, indem sie eben einen Service, den sie anbietet, Entertain, davon ausklammert. Insofern ist das auch unter Wettbewerbsgesichtspunkten problematisch."

    "Das Entscheidende ist ja erst mal, dass die Telekom argumentiert, dass bis zum Jahr 2016 das Netzaufkommen so hoch ist, dass es nicht mehr bewältigbar ist. Nun gibt es aber verschiedene Untersuchungen, die sagen, dass das im Backbone-Bereich, also beim Endkunden, überhaupt nicht der Fall ist. Und in der Enquete Internet und digitale Gesellschaft haben wir ja versucht, Zahlen zu bekommen, dieser angeblichen Netzüberlastung herauszubekommen, es gibt keine Zahlen. Insofern glaube ich, ist das einfach nur ein Vorwand."

    Dass das Datenvolumen kein Preistreiber sei, meint auch Netzwerk-Spezialist Clemens Schrimpe. Er kennt die zugrunde liegenden Hochleistungsnetze und wundert sich darum umso mehr über das Argument, Vielnutzer würden die Kosten exorbitant in die Höhe treiben:

    "Das ist, glaube ich, der Punkt an der ganzen Geschichte, der mich am meisten irritiert, dass man sozusagen Investitionskosten, die sich auf Equipment oder Infrastruktur beziehen, was volumenunabhängig arbeitet im Großen und Ganzen, jetzt versucht, in Volumenkosten bei den Endnutzern umzurechnen. Das halte ich für ein vorgeschobenes Argument."

    Für einen Internetanbieter gibt es drei Bereiche, in denen der Datenverkehr eine Rolle spielt. Das sind zum einen die Zubringernetze zum Kunden – die sogenannte "letzte Meile". Daneben sind es die eigentlichen Netzwerkstrukturen im Hintergrund. Die sind aber so leistungsfähig, dass sie - laut Schrimpe - von Überlastung auf absehbare Zeit nicht betroffen sein werden. Bleiben noch die Austauschknoten, über die die Telekom Daten von und zu anderen Netzbetreibern weiterleitet, das sogenannte Peering. Dass die Telekom an dieser Stelle an die anderen Netzbetreiber zahlen müsse, bezweifelt Clemens Schrimpe. Damit bleiben in seinen Augen nur die Zubringernetze.

    "Die Investitionen, die sie dort tätigen muss, ist in Leitungen, die sie aber hat, die sie teilweise selber besitzt, die sie nicht einmal selber anmieten muss, und in Equipment, aber auch das sind wieder Investitionskosten, die einmalig getätigt werden, natürlich mit Umlage, Abschreibung und Trallala und Betriebskosten. Aber der größere Teil davon sind Investitionskosten, die aber nicht davon abhängig sind, von dem Volumen, das man darüber macht. Diese Investitionen müssen sie tätigen, ob sie es nutzen oder nicht."

    Wie Clemens Schrimpe bemängeln auch andere Kritiker: Das teure sei der Netzausbau, nicht das Volumen. Die Kunden wollten schnelle Netze – und die seien immer teuer, unabhängig vom Volumen.

    Den Netzausbau wolle sie in den kommenden Jahren vorantreiben, sagt die Telekom. Dafür brauche sie die neuen Tarifmodelle und die möglichen Mehreinnahmen. Auch die Mitbewerber wollen ausbauen und suchen ebenfalls nach Finanzierungsmöglichkeiten. Daher können sie die Bestrebungen der Telekom gut verstehen. Stephan Albers vom Bundesverband Breitbandkommunikation Breko:

    "Wir müssen natürlich irgendwann aus dieser Spirale heraus. Das heißt, der Bandbreitenbedarf wird immer größer. Der Bedarf der Menschen immer größer. Und die Preise purzeln immer weiter in den Keller. Insofern müssen wir uns schon Gedanken darüber machen, wie wir auch zu vernünftigen Geschäftsmodellen kommen, und es gilt natürlich, am Ende entscheidet der Kunde."

    Für deutlich weniger als 20 Euro kommen Kunden hierzulande ins Internet. Damit sind die Preise für den Internetzugang in Deutschland sehr niedrig. Darin zeigen sich Telekom und Mitbewerber einig, auch Jürgen Grützner vom Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten VATM.

    "Wenn wir uns andere Länder, die einen sehr starken Glasfaserausbau betreiben, zum Beispiel in der Schweiz, anschauen, da liegt das Preisniveau deutlich, ich würde sagen, fast doppelt so hoch wie hier. Da rentieren sich dann auch viele Ausbaupläne, die sich in Deutschland nur sehr schwer oder gar nicht realisieren lassen."

    Stephan Albers vom Bundesverband Breitbandkommunikation Breko ergänzt:

    "Wir müssen den Kunden davon überzeugen, dass man für einen hochwertigen, einen leistungsfähigen, einen modernen Glasfaseranschluss auch ein paar Euro mehr im Monat bezahlen muss."

    Jürgen Grützner von VATM schränkt ein. Für ihn sind die Pläne der Telekom möglicherweise doch zu rigide.

    "Dass eine Drosselung auf einen Wert, der unterhalb der Versorgungspflicht, die wir alle als Unternehmen haben, also ein oder zwei Megabit, die sollten auf jeden Fall eingehalten werden. Damit ist normales Surfen weiterhin möglich. Wenn man da drunter geht, dann ist das aus unserer Sicht sehr schwierig auch politisch auszuhalten."

    Sowohl Breko als auch VATM betonen: Keines ihrer Mitgliedsunternehmen wie 1&1, QSC, Vodafone oder Versatel plane derzeit eine Datendrossel in seinem Internetangebot.

    Die Telekom will das deutsche Festnetz modernisieren. Sie will 24 Millionen Haushalte mit bis zu 100-MBit/s-schnellen Leitungen anbinden, jetzt liegt das Festnetz bei maximal der halben Bandbreite. Das sei aber nicht ausreichend, meinen Kritiker. Denn der Ausbau bezieht sich in erster Linie auf die Kupfernetze. Die gelten in Expertenkreisen nicht mehr als zukunftsfähig. Thomas Plückebaum vom Wissenschaftlichen Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste, WiK.

    "Den Bandbreitenforecast, den das WiK in seiner Studie sieht, der ist eben im Bereich mehrerer GBit pro Sekunde, und da sind die Kupfertechnologien alle tot. Die reichen dann nicht. Und das ist ein Forecast, der fängt in 2025 damit an. So, und das sind von heute an betrachtet noch grade zwölf Jahre. Dann müssen wir schon anfangen zu arbeiten."

    Dieser Forecast, eine Art Wetterbericht für den Bandbreitenbedarf der Zukunft, sieht künftig die Notwendigkeit von Leitungen mit der vielfachen Leistung heutiger Anschlüsse. Die bieten aber nur Glasfaser-Netze. Thomas Plückebaum:

    "70 bis 80 Milliarden kostet der Gesamtausbau, aber davon können bis auf 14 Milliarden der Rest durch Breitbandumsätze verdient werden, sodass nur 14 Milliarden fehlen. Und diese 14 Milliarden würde es dann gelten zu subventionieren."

    Trotzdem: Wer die Differenz zahlt, ist ungewiss. Ideen gibt es einige. So schlug die Enquetekommission Internet und digitale Gesellschaft vor, über Fördergelder, Konjunkturpakete oder auch eine Art "Abwrackprämie" für Kupfer nachzudenken.

    Gefragt sind Politik und Regulierung. Die Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde für den Telekommunikationssektor hat bereits angefangen, die Pläne der Telekom zu prüfen. Nur kann sie nicht den Netzausbau vorantreiben. Dafür müssen sich Politiker und Wirtschaft auf einen gemeinsamen Plan für die Breitbandnetze in Deutschland verständigen. Ähnlich wie in den 1960er-Jahren müsste heute also wieder jemand eine mutige Entscheidung treffen, um ein zukunftsfähiges, flächendeckendes und diskriminierungsfreies Breitbandnetz auszubauen. Nur kann eine solche Entscheidung heute kein Ministerialbeamter mehr allein treffen.