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Schönheit mit Nebenwirkungen

Kosmetikprodukte können hormonell wirksame Stoffe enthalten, die auch in winzigen Mengen auf den Menschen wirken. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) hat Kosmetika auf solche Substanzen untersucht - mit einem "erschreckenden Ergebnis".

Von Philip Banse |
    Die Umweltorganisation hat sich die Inhaltsstoffe von über 60.000 Körperpflegeprodukten angesehen und geschaut, ob dort Stoffe enthalten sind, die auf unser Hormonsystem wirken können und etwa mit verringerter Spermienbildung, verfrühter Pubertät und Brustkrebs in Verbindung gebracht werden. Ergebnis: Fast jedes dritte Kosmetikprodukt in Deutschland enthält hormonell wirksame Chemikalien, sagt BUND-Experte Jurek Vengels:

    "Und zwar ist es so, dass gerade bei den bekannten großen Marken erschreckend viele Marken betroffen sind. Insbesondere bei Beiersdorf zum Beispiel mit den bekannten Marken Nivea oder auch 8x4 war fast jedes zweite Produkt betroffen. Und bei L´Oréal, dem großen Konkurrenten sozusagen, sieht es ganz genau so aus: jedes zweite Produkt betroffen. Etwa 45 Prozent bei beiden Herstellern."

    Beiersdorf will die Ergebnisse der Studie noch prüfen; L´Oréal hat auf meine Anfrage bisher nicht reagiert. Der BUND hat nach 16 Stoffen gesucht, die von der EU als besonders heikel eingestuft wurden, weil ihre hormonelle Wirksamkeit in Tierversuchen bereits belegt wurde. Vor allem gefährdet seien Säuglinge, Kleinkinder und Schwangere, sagt Sarah Häuser vom BUND:

    "Die Weltgesundheitsorganisation hat im Frühjahr 2013 hormonelle Stoffe als globale Bedrohung bezeichnet, weil mit ihnen bestimmte Krankheiten in Zusammenhang stehen, die in den letzten Jahrzehnten häufiger auftreten. So kann man in Europa bei einem großen Teil der jungen Männer – in einigen Ländern bei 40 Prozent der jungen Männer – eine verringerte Spermienqualität feststellen. Es treten auch immer häufiger genitale Missbildungen bei männlichen Neugeborenen auf. Zudem sind die hormonbedingten Krebsarten wie Brustkrebs, Hodenkrebs, Prostatakrebs in den letzten 40 bis 50 Jahren weltweit stark angestiegen."

    Zwar sei ein Zusammenhang zwischen diesen Krankheiten und den hormonell wirksamen Stoffen noch nicht 100prozentig nachgewiesen; auch würden all diese hormonell wirksamen Stoffe legal eingesetzt. Dennoch fordert der Bund die Unternehmen auf, auf hormonell wirksame Stoffe zu verzichten. Das Experiment sei einfach zu riskant, sagt Sarah Häuser, auch weil die kritisierten Stoffe mittlerweile in vielen Produkten auftauchten:

    "Ob es jetzt die Weichmacher in der Plastiksandale sind oder Bisphenol A in Thunfisch aus der Dose. Diese hormonell wirksamen Stoffe können eben zusammenwirken und wie ein Hormoncocktail wirken, der dann im Körper des Menschen zu Schäden führen kann. Die gegenwärtige Risikobewertung der Europäischen Union berücksichtigt diese Kombinationseffekte noch nicht. Da gibt es also Grenzwerte für einzelne Stoffe, aber noch nicht für Kombinationseffekte von verschiedenen hormonell wirksamen Chemikalien."

    Die Untersuchung des BUND hat auch gezeigt: Körperpflegeprodukte können auch ohne Stoffe hergestellt werden können, die auf das menschliche Hormonsystem wirken. UV-Schutz und Konservierungseffekte ließen sich auch anders erreichen, sagt Studienleiter Jurek Vengels.

    "Insbesondere die Naturkosmetik, die praktisch frei von diesen hormonell wirksamen Stoffen, da kann ich eigentlich sicher zugreifen, wenn ich mich vor diesen Stoffen schützen will. Und auch bei den konventionellen Anbietern gibt es sehr große Unterschiede. Wir haben zum Beispiel feststellen können, dass die Eigenmarken der Drogeriemarktkette dm nur zu etwa 17 Prozent belastet sind."

    Der BUND fordert die deutsche Regierung auf, die verdächtigsten Hormon-Chemikalien zu verbieten. Die neue Kosmetikrichtlinie der EU will 2015 überprüfen, welche Chemikalien in Kosmetika enthalten sein dürfen. Daher sei es jetzt der richtige Augenblick, auf Änderungen und Verbote hinzuarbeiten. Bis dahin müssen Verbraucher jedoch selbst überprüfen, ob die verdächtigen Stoffe in Produkten enthalten sind. Das geht besonders einfach mit der ToxFox, einer App für iPhone und Browser, die der Bund heute vorgestellt hat: Einfach im Laden den Barcode des Produkts scannen, die App zeigt dann eventuell enthaltende hormonell wirksame Stoffe an, gibt Hintergrundinformationen und die Möglichkeit eine Protestmail an die Hersteller zu schicken. Ich habe das ausprobiert, funktioniert soweit gut.