Auf den 200. Geburtstag Abraham Lincolns am Donnerstag machten in der amerikanischen Hauptstadt weder großformatige Anzeigen noch monströse Plakate aufmerksam. Solcherlei Werbemaßnahmen, wie sie bei vergleichbaren Anlässen eines historischen Datums nötig sind, wurden dem Festkomitee durch den ersten schwarzen Präsidenten Barack Obama abgenommen, der sich wo immer möglich während des Wahlkampfs auf Abraham Lincoln, den Einer der Nation, berief und auch als Präsident keine Gelegenheit auslässt, in die Fußstapfen des großen Emanzipators zu treten.
Schon vor zwei Jahren verkündete Obama seine Kandidatur vor dem Old State House in Springfield, Illinois, wo Lincolns Karriere begonnen hatte. Nach Washington reiste er im historischen Lincoln-Sonderzug zum Amtseid, den er auf der Lincoln-Bibel schwor. Und fast den ganzen Donnerstag verbrachte Obama bei Gedenkfeiern zum 200. Geburtstag Lincolns - angefangen tags zuvor bei einem Empfang am frisch renovierten Fords Theater, wo Lincoln ermordet worden war, über eine Gedenkfeier mit Senatoren und Abgeordneten auf dem Kapitolsberg bis zu einer Rede in Lincolns Heimatstadt Springfield in Illinois. Zu dick aufgetragen, meinen manche Historiker inzwischen zurecht, seien die Analogien, die Obama weckt.
Doch immerhin, der 44. Präsident trägt dazu bei, den 16. im amerikanischen Bewusstsein zu neuen Leben zu erwecken, in Washington wie im Rest des Landes, und zwar jenseits des Mythos als Porträt auf dem 5-Dollar-Schein, als überlebensgroße entrückte Statue im Lincoln Memorial oder als Lieferant von Soundbites für Politiker von ganz links bis ganz rechts.
Das Smithsonian Institute in Washington, der größte Museumskomplex der Welt, gibt sich dabei alle Mühe, den Facetten Lincolns und seiner Zeit gerecht zu werden. Einfach ist diese Aufgabe nicht. Denn je näher der 200. Geburtstag Lincolns rückte, desto mehr Bücher sind über ihm erschienen - über seinen Weg von der Armut zum Präsidentenamt, seine melancholische Gemütshaltung, die problematische Ehe und juristische Karriere, über seine Haltung zu Afroamerikanern, seine Beweggründe, die Sklaverei zu beenden, Bürgerkrieg und Wiederaufbau des Südens bis hin zu einzelnen politischen Reden.
Einzelaspekte von Lincolns Leben werden in verschiedenen Museen abgehandelt - meist didaktisch auf den breiten Zuschauergeschmack hin ausgerichtet. Das "National Museum of Health and Medicine" befasst sich mit den gerichtsmedizinischen und polizeilichen Aspekten von Lincolns Tod. Das Nationalarchiv zeigt für wenige Tage die Original-Emanzipationsproklamation von 1862, die der erste formale Schritt zur Abschaffung der Sklaverei war. Und das "National Museum of American History" illustriert Lincolns ersten politischen Schritte bis zu seinem Mord am 14. April 1865 mit 60 Exponaten, darunter seinen zuletzt getragenen Gehrock und Zylinder.
Anspruchsvoller und eine intellektuelle Herausforderung ist die umfassende Schau "With Malice toward None" in der Kongressbibliothek auf dem Kapitolsberg. Sie verzichtet auf persönliche Aspekte und konzentriert sich ausschließlich auf Abraham Lincolns Genese zum Autor und Redner, auf das Wort - von ersten kindlichen Sätzen bis hin Entwürfen für seine berühmte Gettysburg-Rede, die amerikanische Schüler heute auswendig lernen.
In dem kurzen rhetorischen Meisterwerk brachte Lincoln sein für damalige Verhältnisse revolutionäres Demokratieverständnis zum Ausdruck, eine "Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk". Ein Jahr nach der Rede bezeichnete Karl Marx die Präsidentschaft Lincolns und die Abschaffung der Sklaverei bewundernd als "schnellste Revolution der Welt".
Der Person Lincoln am Deutlichsten auf den Grund geht eine kleine, nur 31 Fotografien umfassende Ausstellung in einem winzigen Raum in der National Portrait Gallery. Sie heißt "One Life: The Mask of Lincoln" und versucht, dem bis heute als "Rätsel" bezeichneten 16. Präsidenten auf die Spur zu kommen. Wie konnte der Nobody, der aus dem Mittleren Westen und noch dazu aus ärmlichen Verhältnissen kam, die Nominierung durch seine Partei, die Republikaner, erlangen, und dann Präsident werden, der die Nation im blutigsten Krieg auf amerikanischem Boden einte und die Sklaverei abschaffte?
Die Fotoporträts liefern Hinweise darauf, dass Lincoln gleichzeitig außergewöhnlich anpassungsfähig wie auch in der Lage war, seine politischen Vorstellungen durchzusetzen. Eines seiner Mittel bestand dabei, bewusst oder unbewusst, der Öffentlichkeit ein sich wandelndes Image von sich selbst zu präsentieren - mithilfe einer damals in Mode kommenden neuen Technologie, der Fotografie. Besonders beeindruckend ist ein Foto des bartlosen Lincoln kurz vor einer entscheidenden Rede in New York, mit der vor zunächst skeptischen Parteifreunden den Eindruck zerstreute, er sei ein Landei.
Er konnte sie vielmehr davon überzeugen, dass er ein ernstzunehmender Denker und großartiger charismatischer Redner war. Das Foto vom 27. Februar 1860 gilt als "Fotografie, die Lincoln zum Präsidenten machte". Womit sich der Kreis zu Obama wieder schließt, der zurecht von sich behaupten kann, mithilfe des Internet Präsident geworden zu sein.
Schon vor zwei Jahren verkündete Obama seine Kandidatur vor dem Old State House in Springfield, Illinois, wo Lincolns Karriere begonnen hatte. Nach Washington reiste er im historischen Lincoln-Sonderzug zum Amtseid, den er auf der Lincoln-Bibel schwor. Und fast den ganzen Donnerstag verbrachte Obama bei Gedenkfeiern zum 200. Geburtstag Lincolns - angefangen tags zuvor bei einem Empfang am frisch renovierten Fords Theater, wo Lincoln ermordet worden war, über eine Gedenkfeier mit Senatoren und Abgeordneten auf dem Kapitolsberg bis zu einer Rede in Lincolns Heimatstadt Springfield in Illinois. Zu dick aufgetragen, meinen manche Historiker inzwischen zurecht, seien die Analogien, die Obama weckt.
Doch immerhin, der 44. Präsident trägt dazu bei, den 16. im amerikanischen Bewusstsein zu neuen Leben zu erwecken, in Washington wie im Rest des Landes, und zwar jenseits des Mythos als Porträt auf dem 5-Dollar-Schein, als überlebensgroße entrückte Statue im Lincoln Memorial oder als Lieferant von Soundbites für Politiker von ganz links bis ganz rechts.
Das Smithsonian Institute in Washington, der größte Museumskomplex der Welt, gibt sich dabei alle Mühe, den Facetten Lincolns und seiner Zeit gerecht zu werden. Einfach ist diese Aufgabe nicht. Denn je näher der 200. Geburtstag Lincolns rückte, desto mehr Bücher sind über ihm erschienen - über seinen Weg von der Armut zum Präsidentenamt, seine melancholische Gemütshaltung, die problematische Ehe und juristische Karriere, über seine Haltung zu Afroamerikanern, seine Beweggründe, die Sklaverei zu beenden, Bürgerkrieg und Wiederaufbau des Südens bis hin zu einzelnen politischen Reden.
Einzelaspekte von Lincolns Leben werden in verschiedenen Museen abgehandelt - meist didaktisch auf den breiten Zuschauergeschmack hin ausgerichtet. Das "National Museum of Health and Medicine" befasst sich mit den gerichtsmedizinischen und polizeilichen Aspekten von Lincolns Tod. Das Nationalarchiv zeigt für wenige Tage die Original-Emanzipationsproklamation von 1862, die der erste formale Schritt zur Abschaffung der Sklaverei war. Und das "National Museum of American History" illustriert Lincolns ersten politischen Schritte bis zu seinem Mord am 14. April 1865 mit 60 Exponaten, darunter seinen zuletzt getragenen Gehrock und Zylinder.
Anspruchsvoller und eine intellektuelle Herausforderung ist die umfassende Schau "With Malice toward None" in der Kongressbibliothek auf dem Kapitolsberg. Sie verzichtet auf persönliche Aspekte und konzentriert sich ausschließlich auf Abraham Lincolns Genese zum Autor und Redner, auf das Wort - von ersten kindlichen Sätzen bis hin Entwürfen für seine berühmte Gettysburg-Rede, die amerikanische Schüler heute auswendig lernen.
In dem kurzen rhetorischen Meisterwerk brachte Lincoln sein für damalige Verhältnisse revolutionäres Demokratieverständnis zum Ausdruck, eine "Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk". Ein Jahr nach der Rede bezeichnete Karl Marx die Präsidentschaft Lincolns und die Abschaffung der Sklaverei bewundernd als "schnellste Revolution der Welt".
Der Person Lincoln am Deutlichsten auf den Grund geht eine kleine, nur 31 Fotografien umfassende Ausstellung in einem winzigen Raum in der National Portrait Gallery. Sie heißt "One Life: The Mask of Lincoln" und versucht, dem bis heute als "Rätsel" bezeichneten 16. Präsidenten auf die Spur zu kommen. Wie konnte der Nobody, der aus dem Mittleren Westen und noch dazu aus ärmlichen Verhältnissen kam, die Nominierung durch seine Partei, die Republikaner, erlangen, und dann Präsident werden, der die Nation im blutigsten Krieg auf amerikanischem Boden einte und die Sklaverei abschaffte?
Die Fotoporträts liefern Hinweise darauf, dass Lincoln gleichzeitig außergewöhnlich anpassungsfähig wie auch in der Lage war, seine politischen Vorstellungen durchzusetzen. Eines seiner Mittel bestand dabei, bewusst oder unbewusst, der Öffentlichkeit ein sich wandelndes Image von sich selbst zu präsentieren - mithilfe einer damals in Mode kommenden neuen Technologie, der Fotografie. Besonders beeindruckend ist ein Foto des bartlosen Lincoln kurz vor einer entscheidenden Rede in New York, mit der vor zunächst skeptischen Parteifreunden den Eindruck zerstreute, er sei ein Landei.
Er konnte sie vielmehr davon überzeugen, dass er ein ernstzunehmender Denker und großartiger charismatischer Redner war. Das Foto vom 27. Februar 1860 gilt als "Fotografie, die Lincoln zum Präsidenten machte". Womit sich der Kreis zu Obama wieder schließt, der zurecht von sich behaupten kann, mithilfe des Internet Präsident geworden zu sein.