Nach Solingen
Scholz und Merz beraten über Migrationspolitik - Steinmeier hofft auf Ergebnisse

Bundeskanzler Scholz und der CDU-Vorsitzende Merz haben über Konsequenzen aus dem mutmaßlich islamistischen Messeranschlag mit drei Toten in Solingen gesprochen. Das schon länger angesetzte Treffen im Kanzleramt dauerte rund eine Stunde. Ergebnisse wurden zunächst nicht mitgeteilt. Merz will sich am Nachmittag äußern.

    Friedrich Merz (CDU), CDU-Bundesvorsitzender und Unionsfraktionsvorsitzender, kommt im Bundeskanzleramt an. Er wirft sich sein Jackett über die Schulter.
    Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender und Unionsfraktionsvorsitzender trifft zu einem Besuch bei Bundeskanzler Scholz im Kanzleramt ein. (Kay Nietfeld / dpa / Kay Nietfeld)
    Gestern hatte er der Bundesregierung erneut eine Zusammenarbeit angeboten und einen Forderungskatalog vorgelegt. Er enthält unter anderem einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan. Auf einer Wahlkampfveranstaltung in Dresden sagte Merz, CDU und CSU stünden bereit, vernünftige Gesetze mitzubeschließen, falls die SPD dafür keine Mehrheit in der Ampel finden sollte.

    Steinmeier hofft auf Verständigung

    Bundespräsident Steinmeier sagte, er sei froh, dass Scholz und Merz zu einem Gespräch zusammengekommen seien. Er hoffe, dass dieses zu Ergebnissen führen werde. Der Bundespräsident erinnerte daran, dass es bereits im vergangenen Jahr den Versuch von Koalition und Union gegeben habe, Probleme des Landes gerade auch in der Migrationspolitik gemeinsam zu lösen.
    Scholz hatte der Union einen so genannten "Deutschlandpakt" vorgeschlagen - mit Zusammenarbeit in Bereichen wie Bürokratieabbau, Planungsbeschleunigung und Migration. Die Gespräche von Scholz und Merz waren damals allerdings ohne Ergebnis geblieben.

    Wagenknecht: "Willkommenskultur ist vorbei"

    Die BSW-Vorsitzende Wagenknecht rief den Kanzler dazu auf, sich von der Flüchtlingspolitik seiner Vorgängerin Merkel zu distanzieren. Sie sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Willkommenskultur sei vorbei, und fügte wörtlich hinzu: "Wir schaffen es nicht." Wagenknecht forderte eine Zeitenwende in der Flüchlingspolitik und den Rücktritt von Bundesinnenministerin Faeser. Die BSW-Vorsitzende will unter anderem Abschiebungen durchsetzen und Asylverfahren außerhalb der Europäischen Union in Drittstaaten ermöglichen.

    Grünen-Politiker Pahlke warnt vor toxischer Diskussion

    Der Grünen-Innenpolitiker Pahlke sprach dagegen von einer toxischen Diskussion. Flucht sei eine globale Realität, sagte Pahlke im Deutschlandfunk. Man sei in der Pflicht, diesen Menschen nach der Genfer Flüchtlingskonvention Schutz zu geben. Das sei die rechtliche Grundlage, die man nicht einfach abschaffen könne, nur weil in Ostdeutschland gewählt werde. Pahlke war vor seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter in der zivilen Seenotrettung auf dem Mittelmeer aktiv.
    Der Ministerpräsident von Brandenburg, Woidke, sagte im Deutschlandfunk, das Sicherheitsgefühl sei in Teilen der Bevölkerung verloren gegangen. Es brauche jetzt schnelle Lösungen, die auch rechtlich umgesetzt werden könnten. Ein Überbietungswettbewerb an Ideen in der Öffentlichkeit helfe allerdings nicht weiter, betonte der SPD-Politiker. Das Interview mit dem brandenburgischen Ministerpräsidenten können Sie hier nachlesen.

    Linnemann fordert Kehrtwende in der Asylpolitik

    Heute früh hatte CDU-Generalsekretär Linnemann Scholz zu einer Kehrtwende in der Migrationspolitik aufgefordert. Linnemann sagte im Deutschlandfunk, er erwarte, dass sich Scholz in der Migrationspolitik deutlich bewege. Der Kanzler müsse einsehen, dass es so nicht weitergehen könne. Nach Solingen brauche es einen Paradigmenwechsel, um den Zusammenhalt in Deutschland zu sichern. Linnemann bekräftigte die Forderung nach einem Aufnahmestopp für Menschen aus Syrien und Afghanistan. Zudem müsse in diese Länder auch wieder abgeschoben werden. Das ganze Interview mit Carsten Linnemann gibt es hier zumNachlesen.

    Buschmann: Genereller Aufnahmestopp nicht möglich

    Bundesjustizminister Buschmann sprach sich gegen einen Aufnahmestopp für Migranten etwa aus Syrien oder Afghanistan aus. Pauschal für Deutschland oder die EU zu sagen, dass man bestimmte Menschen gar nicht mehr aufnehme, sei ein rechtliches Problem, betonte Buschmann im ARD-Fernsehen. Zwar sei es wichtig, über die Zahl und die Verteilung von Geflüchteten in Europa zu reden und auch über den Schutz der Außengrenzen. Man könne jedoch nicht einfach sagen, niemand dürfe mehr zu uns kommen, meinte der FDP-Politiker. Regierungssprecher Hebestreit erklärte, mögliche Vereinbarungen müssten zielführend sein und dürften zugleich nicht gegen das Grundgesetz oder die UNO-Menschenrechtscharta verstoßen.

    Baerbock: Über Abschiebungen von Straftätern reden

    Bundesaußenministerin Baerbock hält Abschiebungen von Straftätern nach Afghanistan und Syrien grundsätzlich für möglich. Sie sagte im Sender rbb, die Grünen würden es voll und ganz unterstützen, dass jetzt über das Thema noch einmal gesprochen werde. Baerbock betonte allerdings, dass die Umsetzung von Abschiebungen schwierig sei und verwies auf die in Afghanistan herrschenden Taliban sowie auf das Assad-Regime in Syrien.
    Bundesinnenministerin Faeser nahm die Länder in die Verantwortung. Gesetzlich habe man bereits umfassende neue Grundlagen für mehr Rückführungen geschaffen, sagte die SPD-Politikerin der Funke-Mediengruppe. Entscheidend für den Erfolg sei vor allem, dass die neuen Regelungen in den Ländern auch umgesetzt würden.
    Diese Nachricht wurde am 27.08.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.