Gong - Punkt 22 Uhr schaltet BBC Scotland nach London zu Big Ben. Die Wahllokale haben geschlossen, mit der Prognose kommt jetzt die Sensation: David Cameron hat wohl doch wieder gewonnen. Ein klein wenig trübt diese Nachricht die Freude der vielleicht 40 oder 50 Parteimitglieder hier im Club der Schottischen Nationalpartei mitten im alten Teil Edinburghs:
"Ich wäre noch glücklicher, wenn Labour die stärkste Partei geworden wäre. Die Tories werden ihre Politik jetzt fortsetzen. Das ist schlecht für die Leute, die arbeiten gehen, und die, die ganz unten sind."
Die meisten SNP-Mitglieder drängeln sich vor der Theke, Lager und Brownbeer wird ausgeschenkt – gegenüber stehen zusammengeklappte Wahlwerbeschilder mit dem gelben SNP-Signet, daneben die stilisierte schottische Distel. Die Räume sind gemütlich, wie in einem Vereinsheim eingerichtet, wer an der Theke keinen Platz findet, setzt sich gegenüber ins Zimmer vor die Großleinwand.
"Wir wollen nur ein Land wie alle anderen europäischen Länder sein"
Nicola Sturgeon, die Parteichefin erscheint vor einer Halle in Glasgow, sofort wird sie von den Reportern bestürmt. Man soll noch etwas vorsichtig sein, meint sie zur Prognose, aber das ist schon ein historischer Wendepunkt für Schottland.
Dave Williams ist ein Mann der ersten Stunde, seit 1970 dabei – er hat den Abend organisiert und lässt kurz die 45 Jahre Revue passieren, die seit den Anfängen vergangen sind. Hart sei das damals gewesen bei der Scottish National Party, einen Schritt vor, zwei zurück. 1999 dann das eigene schottische Parlament, das war eine große Sache. Und dann der September im letzten Jahr, dem Referendum trauert Dave Williams immer noch mehr als nach.
"Wir haben verloren damals, das wäre ein Sieg gewesen. Heute dieser Sieg, der ist nur zweitrangig dagegen. Die Unabhängigkeit ist die Raison d'etre unserer Partei. Wir wollen nur ein Land wie alle anderen europäischen Länder sein, wie Portugal, Österreich oder Griechenland." Wobei das vielleicht ein schlechtes Beispiel sei, lacht er.
"Wir haben verloren damals, das wäre ein Sieg gewesen. Heute dieser Sieg, der ist nur zweitrangig dagegen. Die Unabhängigkeit ist die Raison d'etre unserer Partei. Wir wollen nur ein Land wie alle anderen europäischen Länder sein, wie Portugal, Österreich oder Griechenland." Wobei das vielleicht ein schlechtes Beispiel sei, lacht er.
Viele hätten lieber heute als morgen ein zweites Referendum
Nach und nach trudeln die Ergebnisse aus den Wahlkreisen ein. Carol ist Rentnerin, freut sich über den schönen Abend, aber trauert auch noch dem Referendum nach. Aber ihre Tochter und ihr Mann, die seien sofort am Tag danach auch bei der SNP eingetreten. Carol hat Geschichte studiert, antike und mittelalterliche Geschichte, natürlich auch schottische Geschichte. Das alles passt zusammen, meint sie – die Schotten sind hochpolitisch, wegen der Vergangenheit und der Probleme der Gegenwart.
Die nächsten Wahlkreise werden auf der Leinwand eingeblendet, die Kandidaten stehen in Turnhallen wie beim Traditionsverein nebeneinander, wenn die langjährigen Mitglieder geehrt werden. Mit knallbunter Rosette am Revers. Hier im Club führt sich Carol wie zuhause im Wohnzimmer. Man sei halt eine gute Gemeinschaft.
Alasdar Rankin gesellt sich zu uns, er ist Stadtrat hier in Edinburgh. Anfang 50, ein Hüne von Mann. Alasdar nicht mit "i" sondern mit "as" geschrieben, die schottische Schreibweise ist ihm ganz wichtig. Wir fachsimpeln über schottisches Bier und die vielen kleinen Brauereien, die es jetzt in Schottland gibt. Und über das Referendum. Viele hier im Club hätten lieber heute als morgen ein zweites Referendum. Stadtrat Alasdar weiß, dass das nicht so einfach geht. Die Schotten haben einen riesigen Sieg eingefahren, aber das Rad lässt sich nicht so leicht zurückdrehen.
"Wir akzeptieren das klare Resultat vor sechs Monaten. Jetzt wollen wir das Beste für Schottland erreichen – mithilfe der Abgeordneten, die ins Unterhaus gewählt werden."