Letzte Vorbereitungen in der Küche von Barbara und Ian Lindsay in Prestwick. Die Papierservietten zeigen abwechselnd das schottische Andreaskreuz und den britischen Union Jack.
Es ist so weit, die Gäste sind eingetroffen. Vier Paare und ein Junggeselle. Die Herren tragen aus gegebenem Anlass alle ihren Kilt. Sie arbeiten überwiegend als Ärzte wie der Gastgeber, die Frauen unterrichten im Gesundheitsbereich. Alle fallen in die Altersgruppe 55 bis 65. Ian, der Hausherr, der in Nordirland geboren wurde, eröffnet die Diskussion für die Fraktion der Unionisten; er steht der Unabhängigkeit skeptisch gegenüber.
Schottland pflege eine starke Identität innerhalb des Vereinigten Königreichs, niemand fühle sich dadurch bedroht. Anne, die vor fast 40 Jahren ebenfalls aus dem nahen Nordirland als Krankenschwester nach Schottland kam, pflichtet ihm bei:
Sie war damals im Glauben, sie komme einfach zu ihren schottischen Vettern. Sie wolle da keine Grenze sehen.
"Ängstliche Nächte"
Wollen wir wirklich auf ein kleines Schottland mit 5 Millionen Einwohnern schrumpfen, fragt Billy rhetorisch. Ja, Schottland habe Öl, Whisky, Kultur...
Alasdair, der zeitlebens die Separatisten wählte, hält dagegen: Schottland könne besser werden. Er fühle sich durch die britische Regierung in London nicht repräsentiert, er wolle nicht Weltpolizist spielen.
Alasdair, der zeitlebens die Separatisten wählte, hält dagegen: Schottland könne besser werden. Er fühle sich durch die britische Regierung in London nicht repräsentiert, er wolle nicht Weltpolizist spielen.
Die Vorspeise, traditioneller Haggis, ist verzehrt, das Gespräch wendet sich wirtschaftlichen Themen zu. Das Gesundheitssystem wird erörtert, höhere Steuern für Besserverdienende in einem unabhängigen Schottland. Alisdair rührt das alles wenig:
"Half of the economists say we'll be worse off, half of them say we'll be better off. The general consensus among economists is it'll not make that much difference, very small."
Die Hälfte der Ökonomen sage einem unabhängigen Schottland schlechtere Zeiten voraus, die andere Hälfte bessere. Der Unterschied sei indessen klein.
"I am a yes-voter but I still have nights of fear..."
Monica gesteht, sie sei zwar für die Unabhängigkeit, verbringe aber weiterhin ängstliche Nächte, wenn sie der anderen Seite zuhöre.
Schottland noch nicht bereit für Unabhängigkeit?
Schlussendlich müsse das Herz entscheiden. Ihre Beweggründe seien nicht anti-englisch, aber sie wolle die Chance, ein unabhängiges Land zu werden, ergreifen.
"For most of us around the table, I thinks our heart says that we want to be an independent strong country..."
Billy räumt ein, das Herz neige zur Unabhängigkeit, aber Schottland sei noch nicht bereit. Vielleicht sei das nach weiteren Jahren der Teil-Autonomie einmal der Fall.
Katie widerspricht sanft: das sei die einzige Chance.
"Does anybody else sense that there is a kind of panic amongst the No-voters?"
Ian, der Gastgeber, fragt besorgt, ob die Nein-Stimmen etwa weiche Knie bekommen hätten? - Und so bleibt die Frage am Esstisch von Prestwick ungelöst. Die Diskussion war, wie auch landesweit, stets höflich, verständnisvoll, offen und diszipliniert - ein Ruhmesblatt für die britische Demokratie. Brian holt seine Gitarre hervor und rundet den Abend ironisch ab:
"Well I'm gonna say how it's gonna be: Yes for me and No for you." (Gelächter)