Archiv


Schräge Bewerbungen

Die Jobbörse "Absolventa" vergibt das erste demokratische Stipendium – mitentscheiden kann jeder, der Lust hat. Wie das funktioniert und warum der Verein auf die Idee gekommen ist, erklärt uns Pressesprecher Felix Struening im Interview.

Felix Struening im Gespräch mit Sandra Pfister |
    Felix Struening: Da kann man vielleicht zwei Gründe festhalten. Das eine ist, dass wir gesehen haben, dass die herkömmliche Förderung meistens eine Eliteförderung ist, dass sie also vorwiegend an Studiennoten, Uni-Abschlüssen et cetera festgemacht wird. Und zweitens, dass sich die fachliche Ausprägung auf bestimmte Fächer wie BWL oder Maschinenbau et cetera beschränkt. Das heißt, wenn Firmen, Unternehmen Studenten fördern wollen, dass sie es dann meistens auch in den Studiengängen machen, die ihnen am direktesten zuträglich sind.

    Pfister: Aber wollen Sie denn nicht auch die Besten haben?

    Struening: Natürlich wollen wir die Besten haben, aber wie gesagt, nicht beschränkt auf Fächer oder beschränkt auf Uni-Noten, sondern im Sinne eines eigenständigen demokratischen Wahlkampfes der Stipendiaten oder der potenziellen Stipendiaten in dem Sinne, wer sich am besten vertreten kann, wer seine Idee am besten verkaufen kann, wer vielleicht das interessanteste Projekt hat. Das kann kreativ sein oder aber zum Beispiel von sozialem Anspruch.

    Pfister: Könnte man es auch so formulieren, dass Ihnen die Leute, die bei der Studienstiftung oder bei der Ebert-Stiftung beispielsweise landen, dass die Ihnen zu stromlinienförmig sind?

    Struening: Das würde ich jetzt nicht unbedingt so behaupten, aber es gibt immer wieder Projekte, die wir bei unserer täglichen Arbeit gesehen haben, die förderungswürdig sind, auch wenn der Kandidat vielleicht keine 1,0 hat und in dem Sinne, wie Sie sagen, stromlinienförmig ist, die jenseits des Mainstreams laufen, aber die trotzdem ein Interesse haben sollten, gefördert zu werden.

    Pfister: Nun sind ja allerhand interessante Projekte bei Ihnen auf der Homepage zu sehen. Welchem Projekt würden Sie persönlich denn Ihre Stimme geben?

    Struening: Ja, da ist natürlich jetzt die Frage, wie weit das demokratisch bleibt, wenn ich hier meinen Favoriten nenne. Ich kann es vielleicht trotzdem tun, es gibt da den Johann Lukas bei uns, der extra einen Rap-Song dafür geschrieben hat und sich darin eindringlich verdeutlicht, warum gerade er das Stipendium haben sollte. Ähnlich kreativ ist eine Karina, die einen Film im 50er-Jahre-Stil abgedreht hat, der einfach vom Aufwand her sehr beeindruckend ist.

    Pfister: Und warum wollen die beiden das Stipendium?

    Struening: Das ist beim Johann Lukas, soweit ich das verstanden habe, dass er aus einem nicht akademischen Haushalt kommt und der Erste ist, der dort studiert und dafür eine gewisse Förderung bräuchte, um zum Beispiel ein Auslandssemester, in diesem Fall in der Türkei, zu machen.

    Pfister: Und die zweite, Carina?

    Struening: Bei Carina ist es so, dass sie Medienkommunikation studiert hat und dafür einfach gewisse Hardware braucht, um ihre Abschlussarbeit zu vollenden. Da geht es vor allem um die Förderung für Papier und Drucktechnik, um ein Magazin zu erstellen.

    Pfister: Es kann ja alles gefördert werden, vom Studienabschluss über ein Promotionsvorhaben, also die Bandbreite ist recht breit. Die Bewerber können selbst sagen, wie viel Geld sie für ihr Vorhaben brauchen. Wie bescheiden sind denn die meisten?

    Struening: Ja, das dürfte auch damit zusammenhängen, dass wir natürlich eine Gesamtfördersumme von 25.000 Euro haben, die ja unter den Stipendiaten in dem Sinne aufgeteilt wird, dass derjenige mit dem höchsten Stimmenvolumen dann auch seinen Betrag erhält. Und dessen Förderbetrag wird ja von den 25.000 Euro abgezogen. Es folgt der Nächste mit dem zweithöchsten Stimmenvolumen. Daraus ergibt sich natürlich, dass wenn man die Konkurrenz beachtet, die Leute vielleicht nicht gerade 15.000 Euro sagen, weil dann vielleicht andere denjenigen eher herunterstimmen, also nur mit einem Stern bewerten, um selber den eigenen Anteil, die eigene Chance zu vergrößern.

    Pfister: Das heißt, da sind auch viele, die wollen 1000, 2000 Euro?

    Struening: Das bewegt sich meistens in dem Bereich zwischen 150 Euro zum Beispiel für Studienliteratur bis zu 5000 Euro, das sind dann oft zum Beispiel die Semestergebühren in Australien, wo sehr viele hin wollen.

    Pfister: Die Abstimmung läuft seit dem 11. Mai. Bis zum 30. Juni können Interessierte noch Ihr Votum abgeben. Wie viele haben das denn bislang getan?

    Struening: Wir haben bisher ungefähr 50.000, gute 50.000 Abstimmungen an sich gehabt. Dabei muss man sagen, dass die Kandidaten, die wirklich gute Bewerbungen haben, und hinzukommen diejenigen, die wirklich guten Wahlkampf betreiben, auch mehrere hundert Stimmen schon auf sich vereinen konnten, auch im Sinne von mehreren Sternen pro Person. Es ist also durchaus nützlich, da für sich selber Werbung zu machen, ähnlich wie das die Parteien im September tun werden oder bis September.

    Pfister: Und wie machen die Kandidaten für sich Werbung?

    Struening: Das geht natürlich einerseits, indem sie per E-Mail Freunde und Verwandte auf sich hinweisen. Sie stellen den Kandidaten aber zum Beispiel auch ein Wahlkampfbanner zur Verfügung, also ein Bild, wo das demokratische Stipendium anmoderiert wird und der Kandidat das dann zum Beispiel in seinem Blog oder bei Facebook etc. einbinden kann.

    Pfister: Felix Struening vom Studentenverein "Absolventa". Auf dessen Homepage können auch Sie abstimmen unter www.absolventa.de, wer das Studierendenstipendium von Absolventa bekommen soll.