Nicht zwei Lehrer derselben Schule und nicht zwei Korrektoren waren in allen Stücken über die Rechtschreibung einig: Und eine Autorität, die man hätte anrufen können, gab es nicht.
Der Gymnasialdirektor Konrad Duden beschrieb im Jahr 1903 den jämmerlichen Zustand der deutschen Rechtschreibung. Als er 1854 zu unterrichten begann, schrieb man in Sachsen anders als in Bayern, in Bayern anders als in Preußen und in Behörden anders als in Schulen. Und sogar innerhalb einer Schule existierten mehrere Auffassungen von korrekter Rechtschreibung. Ein unakzeptabler Zustand, fand Duden, zumal der industrielle Fortschritt und der wachsende Schriftverkehr eine einfache und normierte Rechtschreibung dringend notwendig machten. Den entscheidenden Anstoß zu Veränderung gab die Reichsgründung 1871. Die geeinigten Deutschen sollten nun auch einheitlich schreiben. Konrad Duden war nicht der Einzige, der so dachte, doch der Beharrlichste. Geboren am 3.1. 1829 in Wesel im Rheinland, studierte er Philologie, Germanistik und Geschichte, wurde Lehrer und mit 40 Jahren Direktor eines Gymnasiums. Der Chefredakteur der Dudenredaktion in Mannheim, Werner Scholze-Stubenrecht:
"Er galt bei seinen Schülern und bei anderen als jemand, der Autorität qua Persönlichkeit hat. Also, der musste nicht brüllen und nicht schlagen, sondern der hat die Schüler dadurch beeindruckt, dass er eben eine Person war, dass er wusste, wovon er sprach, dass er vernünftig mit ihnen umgegangen ist."
Duden wollte die altmodischen Gelehrtenschulen in moderne Bildungsanstalten umwandeln und seinen Schülern das Lernen erleichtern. Er verfasste einfache Regeln für den Unterricht an seiner Schule und veröffentlichte sie in einem Büchlein. Sein Hauptgrundsatz lautete:
"Schreib, wie du sprichst."
Orthografie sollte für jeden erlernbar sein, unabhängig von seiner Herkunft und seinem Bildungsstand. So plädierte Duden zum Beispiel für eine strikte Kleinschreibung, ersetzte das "c" in Casse oder Conferenz durch das gesprochene "k" sowie das "th" in Tür, Tor oder Turm durch ein einfaches "t". Lehrer begrüßten die Vereinfachung. Für viele Wissenschaftler und Schriftsteller war sie jedoch "eine Verhunzung der Sprache". Sie hielten es für ein Zeichen von Bildung und Kultur, dass sich die Wortgeschichte in der Rechtschreibung ablesen ließ. Auf der "Ersten Orthografischen Konferenz" 1876 in Berlin erarbeiteten Vertreter beider Lager Beschlüsse für eine einheitliche Schreibung, doch sie scheiterten am Veto des Reichskanzlers Bismarck. Duden wollte trotzdem handeln. Er verglich die dünnen Regelwerke, die es bereits in manchen Ländern für den Schulgebrauch gab, formulierte Gemeinsamkeiten und erstellte dazu ein umfangreiches Wörterverzeichnis. 1880 veröffentlichte er das Ergebnis unter dem Titel:
Vollständiges Orthografisches Wörterbuch der deutschen Sprache nach den neuen preußischen und bayerischen Regeln
Das Buch fand reißenden Absatz.
"Er hat 23 oder 25.000 Stichwörter zusammengetragen, die es dann auch möglich gemacht haben, dass sein Wörterbuch auch außerhalb der Schulen verwendet werden konnte. Und das war eine sehr gute Idee, denn da gab es offensichtlich so etwas wie eine Marktlücke."
Vor allem Setzer, Drucker und Korrektoren schienen darauf gewartet zu haben. Bald erschienen Bücher, Zeitungen und Zeitschriften nach Dudens Schreibung. Offizielle Regeln für das gesamte deutsche Sprachgebiet wurden jedoch erst auf der zweiten Rechtschreibkonferenz 1901 festgelegt. Da die Traditionalisten immer noch einflussreich waren, musste Duden Abstriche hinnehmen.
"Das hat sich ausgependelt und ist ein Kompromiss geworden, mit dem hat er auch gelebt. Er hat dann auch gesagt, obwohl er eben dachte, dass es noch bessere Möglichkeiten der Regelung gibt, das Wichtigste und Entscheidende ist, dass man eine Einheitlichkeit für den gesamten deutschen Sprachraum gewonnen hat. Und das hat ihn sehr gefreut."
Neun Dudenauflagen erschienen bis zum Tod des Herausgebers am 1. August 1911. Seither führt ein Redaktionsteam die Arbeit fort. Die amtlichen Regeln änderten sich erst mit der Rechtschreibreform von 1996. Sie bestimmte die Schreibung von Fremdwörtern, die Groß- und Klein- sowie die Getrennt- und Zusammenschreibung neu. Nach der Einführung kritisierten Schriftsteller, Verlage, Organisationen und Schulen die Reform so heftig, dass sie bis 2006 zwei Mal nachgebessert wurde.
Der Gymnasialdirektor Konrad Duden beschrieb im Jahr 1903 den jämmerlichen Zustand der deutschen Rechtschreibung. Als er 1854 zu unterrichten begann, schrieb man in Sachsen anders als in Bayern, in Bayern anders als in Preußen und in Behörden anders als in Schulen. Und sogar innerhalb einer Schule existierten mehrere Auffassungen von korrekter Rechtschreibung. Ein unakzeptabler Zustand, fand Duden, zumal der industrielle Fortschritt und der wachsende Schriftverkehr eine einfache und normierte Rechtschreibung dringend notwendig machten. Den entscheidenden Anstoß zu Veränderung gab die Reichsgründung 1871. Die geeinigten Deutschen sollten nun auch einheitlich schreiben. Konrad Duden war nicht der Einzige, der so dachte, doch der Beharrlichste. Geboren am 3.1. 1829 in Wesel im Rheinland, studierte er Philologie, Germanistik und Geschichte, wurde Lehrer und mit 40 Jahren Direktor eines Gymnasiums. Der Chefredakteur der Dudenredaktion in Mannheim, Werner Scholze-Stubenrecht:
"Er galt bei seinen Schülern und bei anderen als jemand, der Autorität qua Persönlichkeit hat. Also, der musste nicht brüllen und nicht schlagen, sondern der hat die Schüler dadurch beeindruckt, dass er eben eine Person war, dass er wusste, wovon er sprach, dass er vernünftig mit ihnen umgegangen ist."
Duden wollte die altmodischen Gelehrtenschulen in moderne Bildungsanstalten umwandeln und seinen Schülern das Lernen erleichtern. Er verfasste einfache Regeln für den Unterricht an seiner Schule und veröffentlichte sie in einem Büchlein. Sein Hauptgrundsatz lautete:
"Schreib, wie du sprichst."
Orthografie sollte für jeden erlernbar sein, unabhängig von seiner Herkunft und seinem Bildungsstand. So plädierte Duden zum Beispiel für eine strikte Kleinschreibung, ersetzte das "c" in Casse oder Conferenz durch das gesprochene "k" sowie das "th" in Tür, Tor oder Turm durch ein einfaches "t". Lehrer begrüßten die Vereinfachung. Für viele Wissenschaftler und Schriftsteller war sie jedoch "eine Verhunzung der Sprache". Sie hielten es für ein Zeichen von Bildung und Kultur, dass sich die Wortgeschichte in der Rechtschreibung ablesen ließ. Auf der "Ersten Orthografischen Konferenz" 1876 in Berlin erarbeiteten Vertreter beider Lager Beschlüsse für eine einheitliche Schreibung, doch sie scheiterten am Veto des Reichskanzlers Bismarck. Duden wollte trotzdem handeln. Er verglich die dünnen Regelwerke, die es bereits in manchen Ländern für den Schulgebrauch gab, formulierte Gemeinsamkeiten und erstellte dazu ein umfangreiches Wörterverzeichnis. 1880 veröffentlichte er das Ergebnis unter dem Titel:
Vollständiges Orthografisches Wörterbuch der deutschen Sprache nach den neuen preußischen und bayerischen Regeln
Das Buch fand reißenden Absatz.
"Er hat 23 oder 25.000 Stichwörter zusammengetragen, die es dann auch möglich gemacht haben, dass sein Wörterbuch auch außerhalb der Schulen verwendet werden konnte. Und das war eine sehr gute Idee, denn da gab es offensichtlich so etwas wie eine Marktlücke."
Vor allem Setzer, Drucker und Korrektoren schienen darauf gewartet zu haben. Bald erschienen Bücher, Zeitungen und Zeitschriften nach Dudens Schreibung. Offizielle Regeln für das gesamte deutsche Sprachgebiet wurden jedoch erst auf der zweiten Rechtschreibkonferenz 1901 festgelegt. Da die Traditionalisten immer noch einflussreich waren, musste Duden Abstriche hinnehmen.
"Das hat sich ausgependelt und ist ein Kompromiss geworden, mit dem hat er auch gelebt. Er hat dann auch gesagt, obwohl er eben dachte, dass es noch bessere Möglichkeiten der Regelung gibt, das Wichtigste und Entscheidende ist, dass man eine Einheitlichkeit für den gesamten deutschen Sprachraum gewonnen hat. Und das hat ihn sehr gefreut."
Neun Dudenauflagen erschienen bis zum Tod des Herausgebers am 1. August 1911. Seither führt ein Redaktionsteam die Arbeit fort. Die amtlichen Regeln änderten sich erst mit der Rechtschreibreform von 1996. Sie bestimmte die Schreibung von Fremdwörtern, die Groß- und Klein- sowie die Getrennt- und Zusammenschreibung neu. Nach der Einführung kritisierten Schriftsteller, Verlage, Organisationen und Schulen die Reform so heftig, dass sie bis 2006 zwei Mal nachgebessert wurde.