Unten auf der Straße ist die Hölle los. Aber hoch droben in der Dichterwohnung, wo sich Jan Peter Bremer gern mit Journalisten trifft, ist es mucksmäuschenstill. Dieser, seiner Straße hat der Autor seinen neuen Roman "Der amerikanische Investor" gewidmet. Aber wer erwartet, dass nun das Mulitkulti-Treiben im angesagten Berliner Stadtbezirk Kreuzberg literarisch aufersteht, wird enttäuscht. Denn wir sehen in erster Linie einen ziemlich lethargischen Zeitgenossen vor uns, einen Autor, der seine Gehwerkzeuge verkümmern lässt und sich, bettlägerig oder allenfalls am Schreibtisch lümmelnd, lieber auf Fantasiereise begibt. Er ist ein Einzelgänger wie alle Protagonisten der Bremer-Romane, doch er ist nicht mehr auf die einsilbigen Dialoge mit einem Diener oder auf die Entourage seiner kleinen Familie wie in den Vorgänger-Romanen angewiesen. Jetzt schwirrt er – auf seine Art - in "die weite Welt" hinaus.
"Das sehe ich auch so. Deswegen habe ich auch das Buch meiner Straße gewidmet. Weil es mir bisher noch nie gelungen ist, in meiner Literatur überhaupt in die Stadt vorzudringen. Das Buch davor 'Still leben' spielte in einem kleinen Häuschen auf dem Berg, es war eine reine Familientragik, da gab es nur die Familie, da kamen keine anderen Menschen dazu. Und in dem Buch, das spielt ja in der Stadt, und man spürt die Stadt auch. Deswegen habe ich das meiner Straße gewidmet. Aber noch aus einem andern Grund, weil das hier am Mehringdamm relativ kiezig ist, und die Leute, die hier schon immer wohnen, sich alle kennen. Das sind fast alles alte Berliner. Das Buch hat ja eine gewisse Schnelligkeit und auch eine gewisse Gedankenschnelligkeit, und diese Gedankenschnelligkeit, die man Berlin auch zuschreibt, die hab ich hier am Mehringdamm tatsächlich studieren dürfen und selbst gelernt und dann in mein Schreiben hinüberführen dürfen."
Behände hangelt sich der von der Kiez-Wirklichkeit seines Umfelds beflügelte Autor von einem Stichwort zum nächsten, kommt vom Hölzchen aufs Stöckchen, folgt der angeblichen Logik des nächstbesten Gedankens, als wolle er das automatische Schreiben der Surrealisten neu erfinden. All das Schürfen nach ausgefallenen Ideen dient nur dem einen Zweck, dem ständigen Redefluss oder auch inneren Monolog seines Protagonisten auf die Sprünge zu helfen, der sich eigentlich als argloser und kraftloser Mensch bezeichnet und an einer Schreibblockade leidet. Von Anfang an eilt der namenlose Protagonist – natürlich erfolglos – einem Satz hinterher, den er sich unbedingt notieren wollte. "Einen fassbaren Satz, der einen tiefen Eindruck in ihm hinterlassen hatte. Nur, wo war dieser Satz jetzt hin und was wurde in ihm erörtert? Hatte er diesen Satz selbst, aus eigener Kraft geformt oder hatte er ihn aus einem fremden Mund empfangen?" Und so geht es weiter. Mit von der Partie sind eine berufstätige, meist abwesende Ehefrau, die den Lebensunterhalt bestreitet, zwei Kinder, ein Hund, drei Hausmeister, ein pensionierter, ein vorheriger und ein neuer, eine fast 100 Jahre alte Frau, ein amerikanischer Investor sowie eine sanierungsbedürftige, einsturzgefährdete Wohnung.
"Als ich dann diesen Text angefangen habe zu schreiben, waren wir in einer Umsetzwohnung. Das heißt, wir mussten aus dieser Wohnung hinaus in eine andere Wohnung, weil sie vor allen Dingen die Küche und das Badezimmer sanieren mussten, die deswegen auch gesperrt waren. Diese Umsetzwohnung hatte nur zwei Zimmer, das war ein riesiges Atelier, in dem einen Zimmer waren die Kinder und in dem anderen Zimmer war so ein Wohnzimmertrakt. Und das einzige Zimmer, in dem ich arbeiten konnte und ein bisschen Ruhe hatte, war das Badezimmer. Das war sehr groß, und ich habe den Anfang des Textes oder bis in die Mitte des Textes in dieser Umsetzwohnung im Badezimmer diesen Text geschrieben. Allein dieser doch etwas skurrile Ort zum Arbeiten, wo dann die Familie manchmal zu so zweckbetonten Besuchen kurz hereinkommt und dann muss man hinterher kurz lüften und so. Das hat mir irgendwie gut gefallen und hat auch damit zu tun, dass dieser ganze Ansatz des Textes doch relativ skurril geraten ist."
Staunend und mit steigendem Lesevergnügen fängt man an, den Erzähltricks nachzuspüren, die Bremer anwendet, um seinen geforderten Autor bei Erzähllaune zu halten. "Er holte tief Luft" heißt es da oder "Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn", "Er ließ den Kopf noch tiefer sinken", "Er schloss die Augen", bevor der sinnierende Autor zu einer neuen Gedankenoffensive startet. Dazu gehören immer wieder Selbstbeschuldigungen, die auch an seine Kinder gerichtet sein können: "Euer Vater, Kinder, ist ein gleißender Nebel. Geduldig hockt er in einer Wolke und wartet auf das Flugzeug des amerikanischen Investors, um es an den nächsten Felsen zu geleiten." Der amerikanische Investor wiederum, dessen Vorbild der wahre Besitzer der Kreuzberger Liegenschaft Nicolas Berggruen ist, verwandelt sich unter der Feder von Jan Peter Bremer in eine Art Feenfigur, die fern und unerreichbar auch im Buch die ganze Zeit im Flugzeug um die Welt fliegt. Bremer spricht auch vom Grundschwung seines Romans, der nach kleinen Bewegungsabläufen wieder zu dem nach Worten ringenden Autor zurückkehre und wieder neuen Schwung nehme. Durchs Flugzeug beflügelt schafft er es dann bis nach Afrika, auf arktisches Eis, warum nicht auch in die Mongolei. Wenn der Autor immer wieder neue Rollenspiele ausprobiert, sich gar zum Diener des Investors hochstilisiert, um diesen devot auf seinen Reisen zu begleiten, ist das Lesevergnügen nicht mehr zu stoppen.
"Das gucke ich schon, ob das jetzt komisch ist oder nicht, Oder ob man es vielleicht komischer machen kann. Ich gucke auch, ob es nicht zu anekdotenhaft wirkt. Das möchte ich auch nicht. Es soll ein in sich geschlossenes Werk werden. Das habe ich alles bekommen, nachdem ich diese Figur des Investors tatsächlich gefunden habe. Da wusste ich: Aha, da habe ich jetzt drei Ebenen drin, die mich alle interessieren. Die Wohnungsebene, die Ebene auf der Straße unten, das Leben, von dem er sich quasi ausgeschlossen fühlt und das supervisionäre Leben in der Luft, was ihn bestimmt und von dem sich aber auch ausgeschlossen fühlt, was ihm auch Angst macht."
Dabei darf man nie vergessen, dass es sich bei diesen einhundertsiebenundfünfzig Seiten um einen Monolog in der dritten Person handelt, der keine Sekunde langatmig daherkommt und seinen Spannungsbogen souverän im Griff hat. Man ist nur hin und wieder versucht, eine richtige Handlung hineinzudichten oder dem Text ein Genre, ein Märchen oder eine Liebesgeschichte, unterzuschieben. Doch allenfalls ließe er sich zur Parabel verbiegen. Die Ohnmacht dieses Autors, der es zuletzt nicht einmal fertigbringt einen Brief an seinen neuen Hausbesitzer zu schreiben, erinnert nur zu gut an die Hilflosigkeit des kleinen Mannes angesichts heutiger globaler Finanzszenarien. Doch einen Plot sucht man - wie auch in den früheren Bremer-Romanen - vergebens. Die Fragestellung lautet vielmehr und das noch auf der vorletzten Romanseite: "Wie viele Geschichten ließen sich wohl aus diesem Satz formen?"
"Ich geh da ganz anders ran. Mir ging es immer nur darum, eine Balance zu halten, dass das Ganze nicht ins komplett Unglaubhafte oder ins komplett Hineinverstiegene abdriftet. Ich gucke mir eigentlich nur die Textblöcke an und die einzelnen Sätze und versuche, sie so anzuordnen, wie sie mir am meisten Spaß machen. Das ist der Pfad, durch den ich gehe. Ich höre den Text eigentlich mehr als dass ich ihn schreibe. Ich laufe da so einer inneren Stimme nach. Dass ich mir dabei ein bestimmtes Ziel setze, auch, was der Leser dann darüber denken könnte, das probiere ich überhaupt nicht. Ich probiere, den Text so zu schleifen, dass er in alle möglichen Richtungen glänzen kann und mir gefällt, aber wie man ihn dann am Ende bezeichnen könnte, das interessiert mich, ehrlich gesagt, nicht besonders."
Es hat also keinen Zweck, sich am Titel oder an der Figur des amerikanischen Investors abzuarbeiten und dem Autor Jan Peter Bremer unbedingt ein verstärktes soziales oder politisches Engagement zu unterstellen. Das hässliche Zauberwort "Gentrifizierung" taugt genauso wenig als Stich- oder Schimpfwort für ein Textgebilde, das zwar ein persönliches Erlebnis und daraus resultierende Existenzängste im Zusammenhang mit heute gängigen Wohnungssanierungen zum Schreibanlass genommen hat, sich aber weniger in soziale Missstände vertieft, sondern sich mit absurden Wortkaskaden mit kafkaeskem Einschlag immer wieder selbst übertrifft. Jan Peter Bremer hat einen "Roman im Konjunktiv" geschrieben, der die Wirklichkeit scheut wie der Teufel das Weihwasser und einzig und allein dem Stilwillen seines Meisters gehorcht. Ergebnis: ein kleines Meisterwerk!
"Nein, das hat mich nicht zum politischen Schriftsteller gemacht. Mich hat total gefreut, dass mir dieses Thema in den Schoß gefallen ist, und dass ich es dann auch durch meine Schreibmühle quetschen konnte und dass es tatsächlich einen aktuellen Bezug hat und trotzdem in keiner Weise unliterarischer geworden ist dadurch als die früheren Bücher. Das ist ein großes Glück."
Jan Peter Bremer: "Der amerikanische Investor", Berlin Verlag 2011, 157 Seiten, 16.90 Euro
"Das sehe ich auch so. Deswegen habe ich auch das Buch meiner Straße gewidmet. Weil es mir bisher noch nie gelungen ist, in meiner Literatur überhaupt in die Stadt vorzudringen. Das Buch davor 'Still leben' spielte in einem kleinen Häuschen auf dem Berg, es war eine reine Familientragik, da gab es nur die Familie, da kamen keine anderen Menschen dazu. Und in dem Buch, das spielt ja in der Stadt, und man spürt die Stadt auch. Deswegen habe ich das meiner Straße gewidmet. Aber noch aus einem andern Grund, weil das hier am Mehringdamm relativ kiezig ist, und die Leute, die hier schon immer wohnen, sich alle kennen. Das sind fast alles alte Berliner. Das Buch hat ja eine gewisse Schnelligkeit und auch eine gewisse Gedankenschnelligkeit, und diese Gedankenschnelligkeit, die man Berlin auch zuschreibt, die hab ich hier am Mehringdamm tatsächlich studieren dürfen und selbst gelernt und dann in mein Schreiben hinüberführen dürfen."
Behände hangelt sich der von der Kiez-Wirklichkeit seines Umfelds beflügelte Autor von einem Stichwort zum nächsten, kommt vom Hölzchen aufs Stöckchen, folgt der angeblichen Logik des nächstbesten Gedankens, als wolle er das automatische Schreiben der Surrealisten neu erfinden. All das Schürfen nach ausgefallenen Ideen dient nur dem einen Zweck, dem ständigen Redefluss oder auch inneren Monolog seines Protagonisten auf die Sprünge zu helfen, der sich eigentlich als argloser und kraftloser Mensch bezeichnet und an einer Schreibblockade leidet. Von Anfang an eilt der namenlose Protagonist – natürlich erfolglos – einem Satz hinterher, den er sich unbedingt notieren wollte. "Einen fassbaren Satz, der einen tiefen Eindruck in ihm hinterlassen hatte. Nur, wo war dieser Satz jetzt hin und was wurde in ihm erörtert? Hatte er diesen Satz selbst, aus eigener Kraft geformt oder hatte er ihn aus einem fremden Mund empfangen?" Und so geht es weiter. Mit von der Partie sind eine berufstätige, meist abwesende Ehefrau, die den Lebensunterhalt bestreitet, zwei Kinder, ein Hund, drei Hausmeister, ein pensionierter, ein vorheriger und ein neuer, eine fast 100 Jahre alte Frau, ein amerikanischer Investor sowie eine sanierungsbedürftige, einsturzgefährdete Wohnung.
"Als ich dann diesen Text angefangen habe zu schreiben, waren wir in einer Umsetzwohnung. Das heißt, wir mussten aus dieser Wohnung hinaus in eine andere Wohnung, weil sie vor allen Dingen die Küche und das Badezimmer sanieren mussten, die deswegen auch gesperrt waren. Diese Umsetzwohnung hatte nur zwei Zimmer, das war ein riesiges Atelier, in dem einen Zimmer waren die Kinder und in dem anderen Zimmer war so ein Wohnzimmertrakt. Und das einzige Zimmer, in dem ich arbeiten konnte und ein bisschen Ruhe hatte, war das Badezimmer. Das war sehr groß, und ich habe den Anfang des Textes oder bis in die Mitte des Textes in dieser Umsetzwohnung im Badezimmer diesen Text geschrieben. Allein dieser doch etwas skurrile Ort zum Arbeiten, wo dann die Familie manchmal zu so zweckbetonten Besuchen kurz hereinkommt und dann muss man hinterher kurz lüften und so. Das hat mir irgendwie gut gefallen und hat auch damit zu tun, dass dieser ganze Ansatz des Textes doch relativ skurril geraten ist."
Staunend und mit steigendem Lesevergnügen fängt man an, den Erzähltricks nachzuspüren, die Bremer anwendet, um seinen geforderten Autor bei Erzähllaune zu halten. "Er holte tief Luft" heißt es da oder "Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn", "Er ließ den Kopf noch tiefer sinken", "Er schloss die Augen", bevor der sinnierende Autor zu einer neuen Gedankenoffensive startet. Dazu gehören immer wieder Selbstbeschuldigungen, die auch an seine Kinder gerichtet sein können: "Euer Vater, Kinder, ist ein gleißender Nebel. Geduldig hockt er in einer Wolke und wartet auf das Flugzeug des amerikanischen Investors, um es an den nächsten Felsen zu geleiten." Der amerikanische Investor wiederum, dessen Vorbild der wahre Besitzer der Kreuzberger Liegenschaft Nicolas Berggruen ist, verwandelt sich unter der Feder von Jan Peter Bremer in eine Art Feenfigur, die fern und unerreichbar auch im Buch die ganze Zeit im Flugzeug um die Welt fliegt. Bremer spricht auch vom Grundschwung seines Romans, der nach kleinen Bewegungsabläufen wieder zu dem nach Worten ringenden Autor zurückkehre und wieder neuen Schwung nehme. Durchs Flugzeug beflügelt schafft er es dann bis nach Afrika, auf arktisches Eis, warum nicht auch in die Mongolei. Wenn der Autor immer wieder neue Rollenspiele ausprobiert, sich gar zum Diener des Investors hochstilisiert, um diesen devot auf seinen Reisen zu begleiten, ist das Lesevergnügen nicht mehr zu stoppen.
"Das gucke ich schon, ob das jetzt komisch ist oder nicht, Oder ob man es vielleicht komischer machen kann. Ich gucke auch, ob es nicht zu anekdotenhaft wirkt. Das möchte ich auch nicht. Es soll ein in sich geschlossenes Werk werden. Das habe ich alles bekommen, nachdem ich diese Figur des Investors tatsächlich gefunden habe. Da wusste ich: Aha, da habe ich jetzt drei Ebenen drin, die mich alle interessieren. Die Wohnungsebene, die Ebene auf der Straße unten, das Leben, von dem er sich quasi ausgeschlossen fühlt und das supervisionäre Leben in der Luft, was ihn bestimmt und von dem sich aber auch ausgeschlossen fühlt, was ihm auch Angst macht."
Dabei darf man nie vergessen, dass es sich bei diesen einhundertsiebenundfünfzig Seiten um einen Monolog in der dritten Person handelt, der keine Sekunde langatmig daherkommt und seinen Spannungsbogen souverän im Griff hat. Man ist nur hin und wieder versucht, eine richtige Handlung hineinzudichten oder dem Text ein Genre, ein Märchen oder eine Liebesgeschichte, unterzuschieben. Doch allenfalls ließe er sich zur Parabel verbiegen. Die Ohnmacht dieses Autors, der es zuletzt nicht einmal fertigbringt einen Brief an seinen neuen Hausbesitzer zu schreiben, erinnert nur zu gut an die Hilflosigkeit des kleinen Mannes angesichts heutiger globaler Finanzszenarien. Doch einen Plot sucht man - wie auch in den früheren Bremer-Romanen - vergebens. Die Fragestellung lautet vielmehr und das noch auf der vorletzten Romanseite: "Wie viele Geschichten ließen sich wohl aus diesem Satz formen?"
"Ich geh da ganz anders ran. Mir ging es immer nur darum, eine Balance zu halten, dass das Ganze nicht ins komplett Unglaubhafte oder ins komplett Hineinverstiegene abdriftet. Ich gucke mir eigentlich nur die Textblöcke an und die einzelnen Sätze und versuche, sie so anzuordnen, wie sie mir am meisten Spaß machen. Das ist der Pfad, durch den ich gehe. Ich höre den Text eigentlich mehr als dass ich ihn schreibe. Ich laufe da so einer inneren Stimme nach. Dass ich mir dabei ein bestimmtes Ziel setze, auch, was der Leser dann darüber denken könnte, das probiere ich überhaupt nicht. Ich probiere, den Text so zu schleifen, dass er in alle möglichen Richtungen glänzen kann und mir gefällt, aber wie man ihn dann am Ende bezeichnen könnte, das interessiert mich, ehrlich gesagt, nicht besonders."
Es hat also keinen Zweck, sich am Titel oder an der Figur des amerikanischen Investors abzuarbeiten und dem Autor Jan Peter Bremer unbedingt ein verstärktes soziales oder politisches Engagement zu unterstellen. Das hässliche Zauberwort "Gentrifizierung" taugt genauso wenig als Stich- oder Schimpfwort für ein Textgebilde, das zwar ein persönliches Erlebnis und daraus resultierende Existenzängste im Zusammenhang mit heute gängigen Wohnungssanierungen zum Schreibanlass genommen hat, sich aber weniger in soziale Missstände vertieft, sondern sich mit absurden Wortkaskaden mit kafkaeskem Einschlag immer wieder selbst übertrifft. Jan Peter Bremer hat einen "Roman im Konjunktiv" geschrieben, der die Wirklichkeit scheut wie der Teufel das Weihwasser und einzig und allein dem Stilwillen seines Meisters gehorcht. Ergebnis: ein kleines Meisterwerk!
"Nein, das hat mich nicht zum politischen Schriftsteller gemacht. Mich hat total gefreut, dass mir dieses Thema in den Schoß gefallen ist, und dass ich es dann auch durch meine Schreibmühle quetschen konnte und dass es tatsächlich einen aktuellen Bezug hat und trotzdem in keiner Weise unliterarischer geworden ist dadurch als die früheren Bücher. Das ist ein großes Glück."
Jan Peter Bremer: "Der amerikanische Investor", Berlin Verlag 2011, 157 Seiten, 16.90 Euro