Da steht er also, Mo Yan, Chinas umstrittener Literaturnobelpreisträger. Er ist salopp gekleidet, in Hose und Hemd. Die Blitzlichter flackern, daran hat er sich gewöhnt, besonders gefallen scheint ihm die Aufmerksamkeit jedoch immer noch nicht.
Der Autor war in den letzten Monaten kaum in der Öffentlichkeit zu sehen: Anlässlich des chinesisch-deutschen Schriftstellerforums diskutiert er nun aber mit seinen europäischen Kollegen, bei einer Podiumsdiskussion in der chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften. Mo Yan gibt sich gewitzt und charmant. Im Zentrum des Treffens: die Frage nach der Literatur in Zeiten der Globalisierung. Eine Entwicklung, die für Mo Yan durchaus ambivalent ist:
"Die Globalisierung bedeutet einerseits Vielstimmigkeit, weniger Schranken. Gleichzeitig ist sie für mich aber auch ein Albtraum, denn alles wird immer standardisierter und uniformierter, die Unterschiede verschwimmen. Auch Sprachen und die Kulturen verlieren ihre Einzigartigkeit, ich finde, das muss man verhindern, man muss sie beschützen."
Mo Yan selbst schöpft beim Schreiben seiner Bücher aus den Erinnerungen und Bildern seiner Kindheit. Seine Romane sind stets in seinem Heimatort Gaomi angesiedelt und haben Chinas brutale Geschichte zum Gegenstand.
Als Mo Yan vergangenes Jahr den Nobelpreis erhielt, hofften viele Beobachter, er würde unmissverständlich Freiheit für Liu Xiaobo verlangen, für Chinas inhaftierten Friedensnobelpreisträger. Bis heute aber hat er sich mit klaren Worten zurückgehalten. Die Aufgabe des Schriftstellers sei die Analyse gesellschaftlicher Umstände, sagt er stattdessen in Peking. Politische Forderungen gehörten nicht zwangsläufig dazu.
"Autoren sind auch einfach nur Mitglieder der Gesellschaft, man sollte von ihnen nicht immer politische Verantwortung erwarten. Unter Mao Zedong waren uns Schriftstellern in China die Themen von der Partei vorgegeben, wir hatten politische Kampagnen zu unterstützen, solche Sachen. Das hat sich geändert und ich finde, Schriftsteller sollen frei schreiben und sich hemmungslos ausdrücken. Und wenn sie Verantwortung übernehmen wollen, dann können sie das tun. Ich akzeptiere beide Haltungen."
Und doch, in der Volksrepublik werden Bücher verboten und unliebsame Künstler hinter Gitter gesteckt. Müssen Chinas Autoren dazu nicht eindeutig Stellung beziehen? Die Frage steht immer mal wieder im Raum: Doch auch kein deutscher Autor spricht sie offen an. Es scheint, als wüssten die Gäste noch nicht recht, wie sich auf chinesischem Terrain bewegen. Hinzu kommen die sprachlichen Barrieren und das mangelnde Wissen über die tatsächliche Situation des Anderen.
Der ostdeutsche Schriftsteller Volker Braun, dessen Bücher in der DDR wiederholt aneckten und der von der Stasi bespitzelt wurde, erzählt schließlich von den Erfahrungen in der DDR. Es ist einer der wenigen Momente, in denen man spürt, wie nah sich chinesische und ostdeutsche Schriftsteller in manchem doch sind. Denn auch in China werden heute noch die Medien gelenkt.
"In dieser Zeit der DDR, der Staat hat nur in dieser Weise in die Literatur hingewirkt, dass es einen Gegenreflex gab. Dadurch, dass die offiziellen Medien oft so affirmativ waren und die Gesellschaft feierten, musste die Literatur unwillkürlich dagegen halten. Dass man dachte: Da muss man mal das sagen, was sonst nicht gesagt wird."
Doch auch auf dem Podium wird vieles verschwiegen. Der offene Dialog bleibt aus, etwa über das Schreiben in einem repressiven Staat. Während die Deutschen manchmal wirken, als wüssten sie nicht genau, wie und worüber sie in der Volksrepublik reden dürfen, bleiben Chinas Autoren routiniert hinter der Mauer der Selbstzensur. Bei solch einer offiziellen Veranstaltung darf man auch nichts anderes erwarten. Man kann deswegen nur hoffen, dass am Rande, in kleinen privaten Gesprächen ein wenig mehr Offenheit entsteht.
Der Autor war in den letzten Monaten kaum in der Öffentlichkeit zu sehen: Anlässlich des chinesisch-deutschen Schriftstellerforums diskutiert er nun aber mit seinen europäischen Kollegen, bei einer Podiumsdiskussion in der chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften. Mo Yan gibt sich gewitzt und charmant. Im Zentrum des Treffens: die Frage nach der Literatur in Zeiten der Globalisierung. Eine Entwicklung, die für Mo Yan durchaus ambivalent ist:
"Die Globalisierung bedeutet einerseits Vielstimmigkeit, weniger Schranken. Gleichzeitig ist sie für mich aber auch ein Albtraum, denn alles wird immer standardisierter und uniformierter, die Unterschiede verschwimmen. Auch Sprachen und die Kulturen verlieren ihre Einzigartigkeit, ich finde, das muss man verhindern, man muss sie beschützen."
Mo Yan selbst schöpft beim Schreiben seiner Bücher aus den Erinnerungen und Bildern seiner Kindheit. Seine Romane sind stets in seinem Heimatort Gaomi angesiedelt und haben Chinas brutale Geschichte zum Gegenstand.
Als Mo Yan vergangenes Jahr den Nobelpreis erhielt, hofften viele Beobachter, er würde unmissverständlich Freiheit für Liu Xiaobo verlangen, für Chinas inhaftierten Friedensnobelpreisträger. Bis heute aber hat er sich mit klaren Worten zurückgehalten. Die Aufgabe des Schriftstellers sei die Analyse gesellschaftlicher Umstände, sagt er stattdessen in Peking. Politische Forderungen gehörten nicht zwangsläufig dazu.
"Autoren sind auch einfach nur Mitglieder der Gesellschaft, man sollte von ihnen nicht immer politische Verantwortung erwarten. Unter Mao Zedong waren uns Schriftstellern in China die Themen von der Partei vorgegeben, wir hatten politische Kampagnen zu unterstützen, solche Sachen. Das hat sich geändert und ich finde, Schriftsteller sollen frei schreiben und sich hemmungslos ausdrücken. Und wenn sie Verantwortung übernehmen wollen, dann können sie das tun. Ich akzeptiere beide Haltungen."
Und doch, in der Volksrepublik werden Bücher verboten und unliebsame Künstler hinter Gitter gesteckt. Müssen Chinas Autoren dazu nicht eindeutig Stellung beziehen? Die Frage steht immer mal wieder im Raum: Doch auch kein deutscher Autor spricht sie offen an. Es scheint, als wüssten die Gäste noch nicht recht, wie sich auf chinesischem Terrain bewegen. Hinzu kommen die sprachlichen Barrieren und das mangelnde Wissen über die tatsächliche Situation des Anderen.
Der ostdeutsche Schriftsteller Volker Braun, dessen Bücher in der DDR wiederholt aneckten und der von der Stasi bespitzelt wurde, erzählt schließlich von den Erfahrungen in der DDR. Es ist einer der wenigen Momente, in denen man spürt, wie nah sich chinesische und ostdeutsche Schriftsteller in manchem doch sind. Denn auch in China werden heute noch die Medien gelenkt.
"In dieser Zeit der DDR, der Staat hat nur in dieser Weise in die Literatur hingewirkt, dass es einen Gegenreflex gab. Dadurch, dass die offiziellen Medien oft so affirmativ waren und die Gesellschaft feierten, musste die Literatur unwillkürlich dagegen halten. Dass man dachte: Da muss man mal das sagen, was sonst nicht gesagt wird."
Doch auch auf dem Podium wird vieles verschwiegen. Der offene Dialog bleibt aus, etwa über das Schreiben in einem repressiven Staat. Während die Deutschen manchmal wirken, als wüssten sie nicht genau, wie und worüber sie in der Volksrepublik reden dürfen, bleiben Chinas Autoren routiniert hinter der Mauer der Selbstzensur. Bei solch einer offiziellen Veranstaltung darf man auch nichts anderes erwarten. Man kann deswegen nur hoffen, dass am Rande, in kleinen privaten Gesprächen ein wenig mehr Offenheit entsteht.