18 junge Frauen und Männer sitzen am langen Tisch im Seminarraum. Viele haben einen Laptop vor sich. Andere Stapel mit beschriebenen Blättern. In der "Schreibwerkstatt Mehrsprachigkeit" tauschen sie sich aus. So wie die 30-jährige Venus Clausz, die mit ihren Eltern aus dem Iran nach Deutschland kam. Damals war sie sieben Jahre alt:
"Ich brauche Unterstützung bei meinen Hausarbeiten. Und ich kann keine Unterstützung bekommen von zuhause. Und meine Freunde sind auch alle Studenten und sind selber mit ihren eigenen Sachen beschäftigt, mit den Hausarbeiten."
Sie könne schlecht formulieren, sei auch grammatikalisch nicht immer sicher, sagt Venus Clausz. Der Kurde Hidir Karul, der 1995 als unbegleitetes Flüchtlingskind nach Deutschland kam, schreibt schon an seiner Doktorarbeit. Auch er sucht den Austausch:
"Und auch darüber reflektieren, ob das, was ich da mache, ist das richtig. Gibt es andere Lösungsvorschläge, gibt es andere Strategien, wie man an die Sache rangeht."
Zweimal in der Woche können die Studierenden sich in der Schreibwerkstatt und im Schreibcafé austauschen. Auch in den Semesterferien. Angeleitet werden sie dabei von ausgebildeten studentischen Coachs. Wie der 22-jährigen Anna Tilmans:
"Ich habe das Gefühl mit den Studierenden, mit denen ich arbeite, dass viele von denen viele Gedanke und Ideen haben und sie aber schwer miteinander verknüpfen. Oder so viele haben, dass sie gar nicht wissen, welche in welche Reihenfolge sie bringen sollen. Und ich habe das Gefühl, dass bei vielen auch eine Unsicherheit herrscht, was zum Beispiel in eine Einleitung kommt und was in ein Fazit gehört."
Die Kunst des richtigen Zitierens wird genauso besprochen wie die Gliederung einer wissenschaftlichen Arbeit. Bei ihrer Ausbildung zum Schreibcoach hat die russischstämmige Anna Tilmansselber viel gelernt:
"Für mich war es aber auch wichtig, dass ich bei dieser Beratung auch selbst über mein eigenes Schreibverhalten reflektiere und dementsprechend das verbessern kann. Und durch mein neu erworbenes Wissen, aber auch anderen helfen kann. Weil ich finde, diese Erwartung, man kommt an die Uni und man kann schon wissenschaftlich schreiben, die finde ich völlig falsch."
Wissenschaftlich zu schreiben, müssen natürlich auch deutschstämmige Studierende lernen, sagt Dr. Dagmar Knorr. Die Linguistin hat die Schreibwerkstatt mitkonzipiert:
"Wir haben festgestellt, dass sich in Texten mehrsprachiger Studierender Phänomene zeigen, die wir in Texten muttersprachlicher, deutschsprachiger Studierender so nicht finden. Wir haben zum Beispiel ein Phänomen, dass Substantive verwendet werden mit Verben, die so nicht zusammenpassen. Also eine Anforderung im Deutschen wird gestellt, muss erfüllt werden. Aber eine Anforderung wird nicht gegeben oder nicht durchgeführt."
Am Hamburger Fachbereich für international vergleichende und interkulturelle Erziehungswissenschaften arbeitet man daran, solche Phänomene aufzuspüren und zu systematisieren. Ingrid Gogolin ist dort Professorin. Die größte Differenz zwischen einsprachig und mehrsprachig aufgewachsenen Jugendlichen zeigt sich in der Schriftlichkeit, sagt sie:
"Unglücklich ist, dass in unseren Schulen nicht sehr auf den Unterschied zwischen gesprochener Sprache und geschriebener Sprache und den unterschiedlichen Anforderungen, die das mit sich bringt, eingegangen wird. In der Universität wird diese Konzentration auf die Schrift, auf das, was über Schrift transportiert wird, enorm hoch. Sehr viel höher als das in der Schule der Fall ist."
Die Hoffnung für Ingrid Gogolin ist, dass die Studierenden, die in der Schreibwerkstatt gefördert wurden als Lehrer später ihren Schülern mit einem anderen Problembewusstsein gegenübertreten:
"Und, dass die dann viel besser in der Lage sind, mit sprachlichen, kulturellen gemischten Klassen umzugehen, als wenn sie dieses Bewusstsein nicht hätten."
Die aus Siebenbürgen stammende A. M. (*) hat in der Schreibwerkstatt jedenfalls schon viel gelernt. Wie man wissenschaftliche Hausarbeiten exakter schreibt. Und dass sie das eigentlich auch leisten kann:
"Aber ich glaube diese Angst, dass ich irgendwie minderwertiger bin, weil ich denke, dass mein Deutsch nicht so gut ist, dass mich das schon daran hindert."
"Ich brauche Unterstützung bei meinen Hausarbeiten. Und ich kann keine Unterstützung bekommen von zuhause. Und meine Freunde sind auch alle Studenten und sind selber mit ihren eigenen Sachen beschäftigt, mit den Hausarbeiten."
Sie könne schlecht formulieren, sei auch grammatikalisch nicht immer sicher, sagt Venus Clausz. Der Kurde Hidir Karul, der 1995 als unbegleitetes Flüchtlingskind nach Deutschland kam, schreibt schon an seiner Doktorarbeit. Auch er sucht den Austausch:
"Und auch darüber reflektieren, ob das, was ich da mache, ist das richtig. Gibt es andere Lösungsvorschläge, gibt es andere Strategien, wie man an die Sache rangeht."
Zweimal in der Woche können die Studierenden sich in der Schreibwerkstatt und im Schreibcafé austauschen. Auch in den Semesterferien. Angeleitet werden sie dabei von ausgebildeten studentischen Coachs. Wie der 22-jährigen Anna Tilmans:
"Ich habe das Gefühl mit den Studierenden, mit denen ich arbeite, dass viele von denen viele Gedanke und Ideen haben und sie aber schwer miteinander verknüpfen. Oder so viele haben, dass sie gar nicht wissen, welche in welche Reihenfolge sie bringen sollen. Und ich habe das Gefühl, dass bei vielen auch eine Unsicherheit herrscht, was zum Beispiel in eine Einleitung kommt und was in ein Fazit gehört."
Die Kunst des richtigen Zitierens wird genauso besprochen wie die Gliederung einer wissenschaftlichen Arbeit. Bei ihrer Ausbildung zum Schreibcoach hat die russischstämmige Anna Tilmansselber viel gelernt:
"Für mich war es aber auch wichtig, dass ich bei dieser Beratung auch selbst über mein eigenes Schreibverhalten reflektiere und dementsprechend das verbessern kann. Und durch mein neu erworbenes Wissen, aber auch anderen helfen kann. Weil ich finde, diese Erwartung, man kommt an die Uni und man kann schon wissenschaftlich schreiben, die finde ich völlig falsch."
Wissenschaftlich zu schreiben, müssen natürlich auch deutschstämmige Studierende lernen, sagt Dr. Dagmar Knorr. Die Linguistin hat die Schreibwerkstatt mitkonzipiert:
"Wir haben festgestellt, dass sich in Texten mehrsprachiger Studierender Phänomene zeigen, die wir in Texten muttersprachlicher, deutschsprachiger Studierender so nicht finden. Wir haben zum Beispiel ein Phänomen, dass Substantive verwendet werden mit Verben, die so nicht zusammenpassen. Also eine Anforderung im Deutschen wird gestellt, muss erfüllt werden. Aber eine Anforderung wird nicht gegeben oder nicht durchgeführt."
Am Hamburger Fachbereich für international vergleichende und interkulturelle Erziehungswissenschaften arbeitet man daran, solche Phänomene aufzuspüren und zu systematisieren. Ingrid Gogolin ist dort Professorin. Die größte Differenz zwischen einsprachig und mehrsprachig aufgewachsenen Jugendlichen zeigt sich in der Schriftlichkeit, sagt sie:
"Unglücklich ist, dass in unseren Schulen nicht sehr auf den Unterschied zwischen gesprochener Sprache und geschriebener Sprache und den unterschiedlichen Anforderungen, die das mit sich bringt, eingegangen wird. In der Universität wird diese Konzentration auf die Schrift, auf das, was über Schrift transportiert wird, enorm hoch. Sehr viel höher als das in der Schule der Fall ist."
Die Hoffnung für Ingrid Gogolin ist, dass die Studierenden, die in der Schreibwerkstatt gefördert wurden als Lehrer später ihren Schülern mit einem anderen Problembewusstsein gegenübertreten:
"Und, dass die dann viel besser in der Lage sind, mit sprachlichen, kulturellen gemischten Klassen umzugehen, als wenn sie dieses Bewusstsein nicht hätten."
Die aus Siebenbürgen stammende A. M. (*) hat in der Schreibwerkstatt jedenfalls schon viel gelernt. Wie man wissenschaftliche Hausarbeiten exakter schreibt. Und dass sie das eigentlich auch leisten kann:
"Aber ich glaube diese Angst, dass ich irgendwie minderwertiger bin, weil ich denke, dass mein Deutsch nicht so gut ist, dass mich das schon daran hindert."
(*) wurde nachträglich anonymisiert.