Das ungarische Gesetz verbietet die Darstellung nicht-heterosexuelle Beziehungen bei für Kindern zugänglichen Publikationen. Auch wird Werbung verboten, in der Homosexuelle oder Transsexuelle als Teil einer Normalität erscheinen. Viele EU-Staaten kritisieren das Gesetz als diskriminierend. Mit diesem Gegenwind aus Europa habe Regierungschef Viktor Orban nicht gerechnet, sagte der Publizist Wilhelm Droste im Dlf: "So einsam ist Viktor Orban noch nie gewesen." Das freue alle Ungarn, die Orban gerne loswerden würden.
Ungarische Gesellschaft ist gespalten
Orban gehe es darum "wieder etwas ins Feuer zu schmeißen, wo er als Reaktionär sein Publikum füttert". Das habe er "wirklich falsch eingesetzt, weil es einfach ein gewaltiges europäisches Thema geworden ist", so Wilhelm Droste. Dabei komme der Widerstand nicht nur aus der EU, sondern auch aus Ungarn selbst, erzählte der Schriftsteller, der selbst seit über 30 Jahre in Ungarn lebt. Die ungarische Gesellschaft sei gespalten und Viktor Orban habe auch viele Bürger gegen sich - und die seien "europäischer als je zuvor".
Zensur befürchtet
Dass nun Bücher wie Robert Musils "Die Verwirrung des Zöglings Törleß" oder Thomas Manns "Tod in Venedig" aus den Buchläden verschwinden, glaubt Wilhelm Droste aber nicht. Solche Klassiker könne man nicht einfach wegschließen: "Das werden sie sich nicht antun, in den Wind dieser europäischen Kritik geraten zu wollen."
Trotzdem schüre das neue Anti-LGBTQ-Gesetz Ängste in der Kulturszene, berichtete Wilhelm Droste. Er habe beispielsweise erlebt, wie eine Theatergruppe diskutierte, ob man ein Kapitel über ein lesbisches Mädchen noch in dem Drama belassen könne. Er kenne auch einen transsexuellen Autor, der einen offenen Brief geschrieben habe, "wie unendlich traurig er darüber ist, jetzt noch einmal so unter Druck zu geraten". Es gebe sehr viel Leid, so Wilhelm Droste.