Sein erster großer Romanerfolg war "Ehen in Philippsburg" im Jahre 1957. 1978 erschien "Ein fliehendes Pferd", Walsers wohl bekanntestes Werk. Er verfasste zudem Novellen und Geschichtensammlungen, sowie eine Vielzahl von Theaterstücken und Hörspielen.
Im Jahr 1953 wurde Walser Mitglied der "Gruppe 47". Der Zusammenschluss von Schriftstellerinnen und Schriftstellern sowie Publizisten setzte sich für ein neues, demokratisches Deutschland ein und bestimmt das Bild der westdeutschen Literatur bis in die 60er Jahre hinein.
Noch im März dieses Jahres hatte Walser einen neuen Gedichtband herausgebracht ("Fisch und Vogel lassen grüßen"). Für seine Dutzenden Romane und Geschichten wurde er mit fast allen bedeutenden Preisen ausgezeichnet. Der Nobelpreis, für den Walser immer wieder gehandelt wurde, zählte jedoch nicht dazu. 2022 hatte er dem Deutschen Literaturarchiv in Marbach seinen Vorlass übergeben.
Bundespräsident Steinmeier würdigte ihn als großartigen Menschen und Schriftsteller von Weltrang. In seinem Kondolenzschreiben hieß es, Walser habe die deutsche Literatur sechs Jahrzehnte lang entscheidend geprägt. Bundeskanzler Scholz erklärte, Generationen hätten Walsers Bücher gelesen. Seine Freude am Argument habe dem Land viele lebhafte Debatten beschert.
Kulturstaatsministerin Roth beschrieb Walser als bedeutenden Intellektuellen. In seinen Werken habe er die bürgerlichen Fassaden des Nachkriegsdeutschland als hohlen Schein entlarvt und sei dem Seelenleben der Deutschen auf den Grund gegangen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann teilte mit, Walser habe Literatur geschaffen, die bleibe. Seine Romane seien ein Spiegel der deutschen Zeitgeschichte.
"Schreiben und Leben fielen bei mir fast von Anfang an zusammen"
Walser wurde am 24. März 1927 in Wasserburg am Bodensee geboren und wuchs in einer katholischen Gastwirtsfamilie auf. Kurz vor Kriegsende wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Nach dem Krieg studierte er Germanistik, promovierte in Tübingen über Kafka und arbeitete als Redakteur beim Süddeutschen Rundfunk in Stuttgart, wo er auch das Fernsehen mit aufbaute.
Der gelernte Journalist war Beobachter beim ersten Auschwitz-Prozess, setzte sich im Wahlkampf für Willy Brandt ein, kritisierte den Vietnamkrieg und sorgte für Kontroversen durch alle politischen Lager hindurch.
Die politische Einordnung Walsers änderte sich über die Jahrzehnte: Freunde in der DKP und eine Reise nach Moskau trugen ihm den Ruf ein, Sympathisant der DKP zu sein. Doch 1976 bekannte er, dass er die deutsche Teilung nicht ertrage. Lange vor dem Mauerfall betonte Walser, Deutschland gehöre zusammen.
Bis zuletzt engagierte Walser sich in politischen Debatten, etwa bei der Diskussion um Waffenlieferungen an die Ukraine.
Hören Sie hier einen Beitrag von Deutschlandfunk Kulturzu Walsers 90. Geburtstag.
Diese Nachricht wurde am 29.07.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.