Als die FPÖ in Österreich nach der Wahl 1999 an der Regierung Schüssel beteiligt war, gab es massive Proteste in Österreich. Bei den sogenannten "Donnerstagsdemonstrationen" sprachen sich auch Kulturschaffende gegen Jörg Haider und seine rechtspopulistische Partei aus. Die Proteste nach der letzten Nationalratswahl, die eine Koalition aus ÖVP und FPÖ hervorbrachte, hielten sich dagegen sehr in Grenzen. Das läge auch daran, so die Schriftstellerin Marlene Streeruwitz, die in der Vergangenheit diese Proteste mitorganisiert hat, dass das Demonstrationsrecht verschärft worden sei. "Es ist eine andere Situation und ich glaube auch nicht, dass wir uns jetzt hier gefährden müssen, damit wir hier ein Bild nach außen werfen, damit uns geglaubt wird, dass wir gegen diese Entwicklung sind", so Streeruwitz.
Rückfall in die Dreißiger Jahre
"In den fast 20 Jahren, die wir das jetzt betreiben, sind die Lebensumstände jeder einzelnen Person schwieriger geworden", sagt die Schriftstellerin. Als Selbstständige zu arbeiten, so wie sie, sei zu einem riesigen Administrationsunternehmen geworden, alles müsse mit ungeheurem Aufwand teilweise mehrfach nachgewiesen, belegt und beglaubigt werden. Auch die Unterstützung und Solidarität für Frauen in der Gesellschaft sei stark zurückgegangen. Finanzielle Mittel für feministische Bibliotheken oder Frauenhäuser habe die Regierung gestrichen, Alleinerziehende würden nicht gefördert. Im Grunde sei das ein Rückfall in die 30er-Jahre, so Streeruwitz, die diese Rückwärtsgewandtheit in Sachen Geschlechtergerechtigkeit als "Vernichtung" für die feministische Kultur und als Stärkung für das Patriarchat sieht.
Immer noch in der Kaiserzeit verwurzelt
Als Österreich sich vor 80 Jahren bereitwillig den Nationalsozialisten "anschloss", sei eine ganze Denkkultur ausgelöscht worden, "übrigens mit großem Vergnügen". Der Sadismus habe Lust gemacht und man sei gerade wieder auf dem Weg genau dorthin. Im Grunde wirke die Kaiserzeit immer noch nach. "Wenn so viele Jahrhunderte über eine Gesellschaft geherrscht wurde, dann geht das nicht so schnell, dass hier die großartigen liberalen Menschen hervorspringen, sondern es ist dann eine Kampfunfähigkeit, die sich dann so ein bisschen eingestellt hat und aus der müssen wir heraus." Heute seien die Strukturen durch Kapitalismus und Neoliberalisierung, die auch in der Kultur stattfinde, flacher. Das sehe man auch beim Bachmann-Preis, meint die Schriftstellerin, da gehe es nur noch um optimierte Körper. "Der Bachmann Preis ist so falsch wie nur möglich."