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Schriftstellerinnen und der Literaturbetrieb

Für Schriftstellerinnen war es bis in die Moderne schwieriger als für Männer, ihre Texte zu veröffentlichen. Eine Tagung der Universität beschäftigte sich mit Schriftstellerinnen von heute und ihrer Rolle im deutschsprachigen Literaturbetrieb.

Von Godehard Weyerer |
    Viel blondes Haar, sanftbraune Augen, still und scheu im Ausdruck. So kündigte 1954 "Der Spiegel" die Ankunft Ingeborg Bachmanns im Kanon der deutschen Nachkriegsliteratur an. War das weibliche Schüchternheit oder schob Ingeborg Bachmann die Hilflosigkeit nur vor, um im Kreis der männerdominierten Gruppe 47 den kalkulierten Vorteil zu erzielen? Eine klare Antwort darauf ließ auch die Diskussionsrunde zur Bremer Tagung offen. In jedem Fall, so Monika Schulz, die das Symposium organisierte, träten schreibende Frauen heute selbstbewusster auf und würden nicht mehr darauf warten, dass jemand sie wahrnimmt oder einen Preis verleiht. Ein kleiner Unterschied ist indes geblieben.

    "Da braucht man nur in die Künstlersozialkasse schauen, wo sie ja versichert sind, und kann dann sehen, wie ist das Jahreseinkommen der Autoren, da kann man pauschal sagen, wenn ein Mann ein Jahreseinkommen von - sagen wir - 20.000 Euro hat, hat eine Autorin ein Jahreseinkommen von 16.000 Euro, was sowieso lächerlich ist, davon kann man nicht existieren. Sie haben alle andere Jobs. Und gut, vielleicht den einen oder anderen gut verdienenden Partner, aber in der Regel machen sie was ganz anders. Und sie definieren sich dann nicht unbedingt als Autorin."


    Auf der Tagung ging es um Gleichberechtigung im Literaturbetrieb, um Arbeitsbedingungen der Autorinnen, um die Bewertung ihrer literarischen Arbeit, um Produktion und Vertrieb. Ute Schneider, Professorin am Institut für Buchwissenschaft in Mainz, referierte über die Anfänge des Frauenbuchmarktes in den 1970er-Jahren.

    "Man hat sich zusammengeschlossen ohne eine buchhändlerische oder verlegerische Ausbildung und hat im besten Sinne des Wortes dilettiert. Die Frauen waren überzeugt von ihren Ideen und haben aus dem Nichts einen Buchladen oder einen Verlag hervorgebracht mit ganz hervorragenden und zum Teil erfolgreichen Titeln und auf diesen Zug sind dann etablierte Verlage aufgesprungen."

    Der erste Frauenbuchverlag wurde in München gegründet; der Verlag Frauenoffensive existiert noch heute. 1975 publizierte er Verena Stefans Buch "Häutungen" – ein Klassiker der Emanzipationsliteratur, für die Autorin selbst ein literarisches Experiment über die zerstörende Macht der Beziehung zwischen Mann und Frau. Frauen brachen aus ihrer traditionellen Rolle aus, sie kauften Bücher, sie galten als Vielleserinnen. Der große Publikumsverlag S. Fischer gab ab 1977 die Reihe "Die Frau in der Gesellschaft" heraus, der Rowohlt-Verlag zog nach.

    "Also ich würde mal das Beispiel Rowohlt anführen, 'Die neue Frau': Die Lektorin und Herausgeberin, Angela Praesent, hat mit Sicherheit aus tiefster, innerer Überzeugung diese Literatur hervorgebracht, die in der Reihe erschienen ist, aber der Rowohlt-Verlag hat natürlich durchaus gesehen, dass man mit dieser Art von Literatur und mit dieser Reihe auch Geld verdienen kann."

    Für die Emanzipation der Frauen gilt dasselbe wie für Umwelt- und andere Protestbewegungen. Sobald der Wunsch nach Aufbruch und Veränderungen eine ökonomische Dynamik entfaltet, reagiert das auf Gewinn und Rendite orientierte Umfeld. Ausgesprochen gut verkauften sich die Frauenbücher – 50.000 Stück und mehr: Hochwertige Literatur, Literatur, übersetzt aus dem Amerikanischen und Französischen, autobiografische Lebensentwürfe. Die Fischer-Reihe "Die Frau in der Gesellschaft" konzentrierte sich zunächst auf Sachbücher – allen voran "Der kleine Unterschied" von Alice Schwarzer.

    Die Bremer Tagung über die Schriftstellerinnen im deutschsprachigen Literaturbetrieb wollte sich nicht auf historische Analyse beschränken. Die Göttinger Diplompsychologin und Germanistin Nadine van Holt referierte über den Einfluss geschlechtsspezifischer Stereotype auf die literaturkritische Wertung.

    "Ich habe mich ja speziell mit der Rezeption beschäftigt, da macht es sich auf jeden Fall bemerkbar, eben dass zum Beispiel autobiografische Bezüge stärker betont werden bei Autorinnen, dass in Klappentexten oder in Biografieangaben stärker auf Familie Bezug genommen wird, was vielleicht bei männlichen Autoren nicht so der Fall ist. ... dass es eine Wahrnehmungsbrille ist, die man anlegt."