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Schrott hat Zukunft

Kaputte Fernseher, ausgemusterte Waschmaschinen, veraltete Computer - jeder Bürger der europäischen Union produziert im Durchschnitt pro Jahr etwa 14 Kilo Elektroschrott. Tendenz: stark ansteigend. Allein in Deutschland hat sich die Menge des Elektronikschrotts aus alten Haushaltsgeräten im letzten Jahrzehnt verdreifacht. Christiane Schnepel vom Umwelt-Bundesamt in Berlin.

Von Sascha Ott |
    Elektroaltgeräte sind ein riesiger Umfang! Schätzungen für die privaten Haushalte belaufen sich auf ungefähr 1,1 Millionen Tonnen Altgeräte. Aber das sind einschließlich aller Geräte, die schon im Keller lagern oder die noch als Zweitgerät in Kinderzimmern lagern und so weiter. Das tatsächliche Mengenaufkommen, was jährlich zurückkommt, liegt derzeit so bei etwa 300 bis 400.000 Tonnen."

    Bisher landet dieser Elektroschrott häufig im ganz normalen Hausmüll. Großgeräte, wie Waschmaschinen und Kühlschränke, werden zum Teil sogar auf wilden Müllkippen im Wald abgeladen. Hinzu kommt seit einigen Jahren ein zunehmender Müll-Export: Fernsehberichte gehen um die Welt, in denen Menschen mit bloßen Händen alte Leiterplatten in Säurebäder tauchen oder mit hochgiftigen Bildröhren hantieren. Es musste etwas geschehen. Die Europäische Union reagierte mit der Richtlinie WEEE, "Waste Electrical and Electronic Equipment", einer Elektroschrott-Verordnung.

    Die EU möchte mehrere Ziele mit der WEEE verfolgen. Zum einen möchte sie, dass die Geräte getrennt erfasst werden. Der direkte Nutzen ist, dass dann die Restabfälle, die in die Beseitigung gehen, also auf Deponien landen oder in Verbrennungsanlagen, dass diese Mengen reduziert werden. Und der Nebeneffekt ist, dass man gleichzeitig auch noch Wertstoffe gewinnen kann. Insbesondere Metalle, Kunststoffe, Glas und so weiter. Die ganzen verwertbaren Materialien sind ja auch in diesem Abfallstrom zu finden.

    Vor anderthalb Jahren hat die EU die neuen Elektroschrott-Regeln beschlossen. Bis Mitte August dieses Jahres sollen sie in deutsches Recht umgesetzt werden. Die WEEE sieht folgenden Weg für die ausrangierten Geräte vor: Der Verbraucher bringt sie zur kommunalen Sammelstelle. Die Hersteller holen sie von dort wieder ab und sorgen für eine umweltgerechte Entsorgung. Für den Fall, dass ein Hersteller nicht mitmacht, sind Sanktionen geplant. Wie die aussehen sollen, ist aber noch nicht geklärt.

    Der Ingenieur Marc Affüpper leitet die EGR, die Elektrogeräte Recycling GmbH.

    Wir sind hier in der Demontage-Anlage der EGR in Herten. Der Krach, der kommt von der Entladung der Container. Sie müssen sich vorstellen: 40 Kubikmeter Container, sprich eine ganze Lkw-Ladung, die hier angeliefert werden und dann Stück für Stück entladen werden. Das heißt, wir nehmen jeden einzelnen Fernseher, jeden einzelnen Toaster und jede einzelne Waschmaschine raus aus dem Container - das verursacht natürlich Krach. Das müssen wir aber tun, weil wir ansonsten Gefahr laufen würden, dass wir, wenn wir das Material kippen würden, sehr viel zerstören würden und sehr viele Schadstoffe auch freisetzen würden, die wir eigentlich lieber gekapselt lassen möchten.

    Hier in Herten im nördlichen Ruhrgebiet können pro Jahr bis zu 16.000 Tonnen Altgeräte verwertet werden. Sie kommen von großen Firmen und aus Kommunen vor allem in West- und Norddeutschland: Elektroherde und Spülmaschinen, Computer und Monitore - und eben auch Fernseher.

    Ihr Fernseher, der ist jetzt hier auf dieses Förderband gestellt worden und wird jetzt über das Förderband zu verschiedenen Demontagetischen gefahren, wo also in Form von manueller Arbeit, also in Form von richtiger handwerklicher Arbeit der Fernseher in verschiedene Fraktionen zerlegt wird. Und das schauen wir uns jetzt an.

    Eines der größten Probleme beim Recycling von Elektrogeräten ist das Zerlegen. In den vergangenen Jahrzehnten sind immer komplexere Mischungen aus Materialien und Bauteilen auf immer kleinerem Raum verarbeitet worden. Ein Paradebeispiel dafür ist das Mobiltelefon. An der Technischen Universität in Berlin versucht man daher, einem Roboter die Demontage alter Handys beizubringen.

    Jetzt hören wir gerade den Entschraubprozess, das heißt, wie der Schrauber die Schraube zunächst findet, sie dann ansteuert und die Schraube dann entschraubt.

    Carsten Franke betreut den Zerlege-Roboter am Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb. Die Lage der Schrauben hat er dem Gerät einprogrammiert, so dass der Greifarm mit seinem Schrauber immer an der richtigen Stelle ansetzt. Nach und nach werden die Tastatur, das Display und die Leiterplatine losgeschraubt und mit einem Saugaufsatz entfernt. Die mannshohe etwa vier Quadratmeter große Roboteranlage war ursprünglich für einen ganz anderen Zweck konstruiert und wurde von den Ingenieuren umgerüstet.

    Die Maschine wurde vorher genutzt zum Trennen von Brötchen in zwei Hälften. Also es wurde in der Lebensmittelindustrie eingesetzt. Dieses Gerät wurde uns gespendet und wir benutzen es jetzt sozusagen als Wiederverwendung, um Mobiltelefone für die Wiederverwendung vorzubereiten.

    Über 400 Millionen Mobiltelefone wurden im Jahre 2002 weltweit verkauft. Viele von ihnen dürften inzwischen bereits durch neuere Modelle ersetzt worden sein. Die Innovationszyklen der Branche sind kurz, weiß Prof. Günther Seliger, der Leiter des Berliner Instituts.

    Ein Großteil der alten Mobiltelefone liegt auf dem Speicher, liegt irgendwo rum. Und es wird irgendwann der Zeitpunkt kommen, wo man überlegt, kann man noch was damit machen.

    Die Elektroschrott-Verordnung der EU fordert, dass die Hersteller in Zukunft ihre Geräte kostenlos zurücknehmen und die Entsorgung finanzieren. Dadurch könnte ein Markt für die Wiederverwertung alter Mobiltelefone entstehen. Viele der ausrangierten Handys sind noch intakt und könnten einen neuen Nutzer finden.

    Jeder hat ein Handy und die meisten haben zwei - so ist es ja nun nicht. Es gibt Riesenbereiche, wo jemand noch kein Handy hat. Und da sind noch einige Felder, die abzudecken wären. Die Dritte Welt spielt da eine Rolle. Da gibt es eben ganz interessante geschäftliche Möglichkeiten auch der Wertschöpfung in diesen Ländern durch Demontage und Remontage hier neue Nutzungskonzepte zu erschließen.

    Auch Geräte, die defekt oder für die Weiterbenutzung zu alt sind, haben noch ihren Wert. Die Demontage von Hand ist allerdings kostspielig. Der Roboter hingegen könnte diese Arbeit so schnell und günstig erledigen, dass sich eine Zerlegung finanziell lohnt, erklärt Carsten Franke.

    Für diese Leiterplatinen und Displays, die noch funktionsfähig sind, können durchaus Preise im Euro-Bereich, das heißt zwischen eins, zwei, drei bis teilweise weit mehr als zehn Euro realisiert werden in Abhängigkeit des Typs und der Nachfrage für dieses spezielle Mobiltelefon.

    Die Tücke liegt bei der Handy-Demontage allerdings im Detail: Derzeit sind mehr als 2000 verschiedene Modelle auf dem Markt - die Formen sind unterschiedlich, genauso wie die Lage der Schrauben. Der Roboter muss auf jedes Modell einzeln programmiert werden. Viele Hoffnungen für die Zukunft ruhen daher auf einem neuen recyclingfreundlichen Konstruktionskonzept: Mehrere Hersteller entwickeln zur Zeit gemeinsam ein Handy, das sich selbst zerlegt. Das Telefon soll aus so genannten intelligenten Materialien zusammengesetzt sein, die sich unter bestimmten thermischen oder mechanischen Bedingungen automatisch voneinander lösen.

    Bis es soweit ist, bleibt der Berliner Roboter die schnellste Lösung: Nach gut zwei Minuten hat er das Handy zerlegt. Zurück bleibt nur das leere Gehäuse.

    So jetzt sehen wir sehr schön: Da ist jetzt ein neuer Fernseher angekommen ...

    Bei der EGR in Herten hat der Fernseher einen Zerlegeplatz erreicht. Hier wird nicht mit dem feinen Schrauber gearbeitet, sondern mit dem großen Hammer.

    Da wird zunächst die Rückwand demontiert. Diese Rückwände sind aus Kunststoffen, die meist mit Flammhemmern versehen sind. Es gibt da also wenig Verwertungsmöglichkeiten, so dass diese Rückwände in der Regel in die energetische Verwertung gebracht werden, sprich: in die Müllverbrennungsanlage.

    Die so genannten Flammhemmer sind in vielen Elektrogeräten enthalten. Sie sollen verhindern, dass das Gehäuse bei einer Überhitzung Feuer fängt. In alten Geräten wurden allerdings häufig Flammhemmer aus umweltschädlichen Brom-Verbindungen verwendet. Dieses Material scheidet für eine Wiederverwendung aus.

    Als nächstes kommt das Holzgehäuse. Bei den alten Fernsehern haben wir vielfach noch solche Holz-Spanplatten als Gehäuse. Dieses Holzgehäuse wird zerschlagen. Auch hier haben wir in der Regel Flammhemmer enthalten, die verhindern sollen, dass das Fernsehgerät im Falle einer Überhitzung sofort Feuer fängt. So dass also dieses Holz auch nicht so ohne weiteres verwertet werden kann in einer Spanplatte. Sondern auch hier wird die Energie, die im Holz enthalten ist, zurück gewonnen. Und die Schadstoffe, die dabei freigesetzt werden, werden in Form von einem Filter aufgefangen, so dass da also nichts in die Umwelt gelangt.

    Die EU gibt in ihrer neuen Richtlinie verschiedene Quoten vor, wie viel Elektroschrott in Zukunft recycelt werden soll. Zum Beispiel müssen in jedem Land bis Ende 2006 jährlich vier Kilo Altgeräte pro Einwohner getrennt vom Hausmüll gesammelt werden. Je nach Produktgruppe wird eine Wiederverwertung von 50 bis 80 Prozent gefordert. Diese Quoten wären leichter zu erfüllen, wenn auch die Kunststoff-Gehäuse der alten Geräte neu genutzt werden könnten. Eine nicht ganz einfache Aufgabe, findet Bernd Schwald vom Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung in Stuttgart.

    Problem ist: Der Kunststoff ist 15, 20, 30 Jahre alt. Und dann haben sie oft das Problem mit Schadstoffverschleppungen, zum Beispiel Cadmium. Wenn sie ein älteres Bauteil haben, das rot ist, dann können sie davon ausgehen, dass ein signifikanter Anteil Cadmium drin ist. Und den wollen sie ja nicht wieder in den neuen Teilen mitverschleppen.

    Aber die Fraunhofer-Ingenieure haben vorgeführt, wie zumindest in einem überschaubaren Rahmen ein Recycling wirtschaftlich sinnvoll möglich ist. Im Projekt "RegioPlast" haben sie die Altgeräte von verschiedenen Elektroherstellern aus dem Süddeutschen Raum gesammelt. Wichtig für die Forscher war dabei, möglichst genau zu wissen, welche Kunststoff-Verbindungen außer dem einfachen Polypropylen, dem "PP", in den Gehäusen verbaut waren - zum Beispiel beim Gartenmaschinen-Hersteller Kärcher.

    Kärcher kann sehr genau uns mitteilen, was für Inhaltsstoffe drin sind auch von viel älteren Bauteilen. Schwieriger ist es schon bei den Kaffeemaschinen. Bei Kaffeemaschinen können sie nur davon ausgehen, dass generell immer PP drin ist, aber die genauen Spezifikationen haben sie nicht, da müssen sie Labortests machen etc.

    Aus den unterschiedlichen Kunststoffabfällen sollte dann ein neues Produkt werden: Transportsicherungen für Waschmaschinen. Das heißt, der neu geschmolzene Kunststoff musste besonders schlagfest und stabil sein. Bernd Schwald und seine Kollegen suchten nach dem günstigsten Gemisch ihrer Abfälle für diesen Zweck.

    Wir haben eine Mischung gefunden, die diese Eigenschaften wieder sehr nahe an dem darstellen kann, wie es bei Neuware der Fall ist. Es war einfach eine Mischung von 80 Prozent von dem Kärcher-Strom und 20 Prozent Kaffeemaschinen. So einfach ausgedrückt.

    Der Aufwand machte sich bezahlt: Der aufbereitete Kunststoff schlug den Preis für Neuware um einige Prozent. Fazit der Forscher: Wenn der Recycler weiß, welche Materialien er bekommt, kann eine Wiederverwertung alter Kunststoffe nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll sein.

    Jetzt sind wir an der Bildröhre angelangt. Die Bildröhre muss möglichst früh belüftet werden. Die Bildröhren an sich stehen normalerweise unter einem Unterdruck, so dass jetzt also eine Beschädigung, dass da mal der Hammer drauf fällt oder sonst was, dazu führen würde, dass es eine Implosion geben würde, also so was Ähnliches wie eine Explosion.

    Jetzt haben Sie es zischen gehört. Und dieses Zischen, das ist der Unterdruck, der sich damit ausgleicht. Und nach dem Belüften wird dann die Ablenkeinheit, also diese Kupferspule, die hinten auf der Bildröhre drauf sitzt, entnommen. Und dann entsprechend separat in einem Behälter gesammelt und dann auch später einer Aufbereitung zugeführt.

    Die Kupferspule ist wegen ihres hohen Metallgehalts für die Recycler ein eher attraktives Bauteil. Die Bildröhre hingegen ist das Problemkind. Das Glas der Röhre besteht zu fünf bis zehn Prozent aus Blei. Außerdem sind in der Leuchtschicht verschiedene giftige Schwermetalle enthalten. Spezialfirmen haben in den vergangenen Jahren Methoden entwickelt, um die Leuchtschicht abzuwaschen und das Glas zum Teil wieder für neue Bildröhren einzuschmelzen. Marc Affüpper ist mit dieser Entwicklung zufrieden.

    Also wir haben mittlerweile sehr hohe Recyclingquoten bei den Bildröhren, wo wir also etwa 90 bis 95 Prozent der Bildröhre einer stofflichen Wiederverwertung zuführen.

    Damit das Recycling von Elektroschrott einfacher wird, sollen in Zukunft weniger Giftstoffe in den Geräten enthalten sein. Dazu hat die EU neben der WEEE eine zweite Richtlinie beschlossen, erklärt Christiane Schnepel vom Umweltbundesamt.

    Diese zweite Richtlinie beschränkt die Verwendung bestimmter Schadstoffe in Neugeräten. Dazu zählen Schwermetalle wie Chrom-6, Cadmium, Quecksilber und Blei und bestimmte Flammschutzmittel und noch eine andere Gruppe.

    Das Blei soll aus den Bildröhren verschwinden, das Quecksilber aus den Batterien und die giftigen Flammschutzmittel aus den Gehäusen. Dabei sorgen aber nicht unbedingt die größten Geräte im Haushalt auch für die größten Probleme.

    Eine problematische Gruppe sind sicher die Kleingeräte, weil die haben bezogen auf das Gewicht den höchsten Schadstoffanteil. Und unter den Kleingeräten wiederum die Spielzeuge, die sich auszeichnen durch eine sehr unterschiedliche Rohstoffzusammensetzung. Also da sind Kunststoffe, da sind Stoffe dabei, also Fell und Textilien. Und das ist schwer handelbar für den Recycler, da wirklich Stoffgruppen zusammenzuführen, die auch verwertbar sind.

    Eine andere Gruppe von Schadstoffen findet in der neuen Verordnung keine besondere Erwähnung mehr: die Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe, FCKW. Die klimaschädlichen Gase sind schon im Laufe der 90er Jahre schrittweise aus Kühlschränken und anderen Produkten verbannt worden. Dennoch werden sie beim Recycling von Elektrogeräten noch über Jahre hinweg eine große Rolle spielen.

    Jochen Schiemann vom Duisburger Institut für Energie- und Umwelttechnik nimmt für uns den Institutskühlschrank unter die Lupe.

    Bei diesem Kühlschrank haben wir zwei verschiedene Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe. Wir haben einmal hier in diesen Kühlkreisläufen, die man hier hinten dunkel sieht, ein FCKW, was benutzt wird um die Wärme aus dem Innenraum des Kühlschranks nach draußen zu transportieren. Hier hinten an den Kühlgittern wird dann die Wärme abgegeben und der Prozess kann von vorne beginnen. Das ist also ein geschlossener Kreislauf.

    Dieser Kreislauf wird bei der Entsorgung des Kühlschranks geöffnet und das FCKW abgesaugt. Mehr als 10 Prozent des schädlichen Gases sollen dabei nicht in die Umwelt gelangen. Wesentlich schwieriger zu entfernen ist aber eine andere Form von FCKW: Es steckt in der Wand des Geräts, im Isolationsmaterial, das mit FCKW geschäumt wurde, damit der Schaum die Wärme möglichst gut abschirmt.

    Wir sehen hier einen derartigen Schaum. Es ist ein grobporiges Material. Sobald sie diesen Schaum aufbrechen, brechen sie gleichzeitig die Poren kaputt und das FCKW tritt aus.

    Die Duisburger Ingenieure haben an ihrem Institut eine Versuchsanlage entwickelt. Sie wollen herausfinden, wie sich das Isolations-FCKW, das so genannte "R11", optimal aus den Schäumen entfernen lässt. Bisher hieß es, das FCKW sei deswegen so schwer zu entfernen, weil die Schäume im Laufe der Jahre durch eindringendes Wasser feucht geworden seien. Jochen Schiemann und seine Kollegen sind zu einem anderen Ergebnis gekommen.

    Wir haben jetzt bei den Forschungen herausbekommen, dass es die Art der Anhaftung des R11s an den Schäumen ist. Dass die sich im Laufe des Lebens des Kühlschranks verändert. Es gibt eine Art Verhaken der relativ großen R11-Moleküle in den Schäumen. Das heißt, es reicht nicht aus, wenn ich diesen Kühlschrank in grobe Teile zerhacke und Wärme zuführe, sondern ich muss zusehen, dass ich diesen Schaum möglichst klein zerkleinere und dann dafür sorge, dass die Luft drum herum möglichst großzügig abgesaugt wird, um das R11 abzutransportieren.

    In neuen Kühlschränken ist das FCKW inzwischen durch andere Kühlmittel ersetzt, vor allem durch Kohlenwasserstoffe ohne Fluor und Chlor. Aber immer noch stehen unzählige Kühlschränke mit FCKW in den Haushalten. Allein drei Millionen Geräte werden in Deutschland jedes Jahr entsorgt. Gründe genug also, die Menge des bei der Entsorgung freigesetzten FCKW durch technische Verbesserungen weiter zu verringern.

    Der Fernseher wird bei der EGR in Herten immer weiter zerlegt. Hinter der Bildröhre kommen zahllose Kabel und einige Leiterplatinen zum Vorschein.

    Diese Platinen haben einen großen Metallanteil, so dass sie also einen gewissen Wertstoff darstellen. Da gibt es spezielle Aufbereitungsbetriebe, die es ermöglichen aus diesen Platinen die verschiedenen Wertstoffe - Kupfer, Aluminium, Messing, bisschen Eisen und Ähnliches - herauszuholen. So dass wir diese also auch getrennt sammeln und einer solchen Aufbereitung zuführen, um eben diese Rohstoffe aus dem Material zurückzubekommen.

    Die Platinen enthalten aber nicht nur Kupfer und Aluminium, sondern auch Blei: In den Lötstellen der Bauteile ist dass giftige Schwermetall enthalten. Die neue Schadstoffverordnung will es nun aus Neugeräten verbannen. Vor Jahren schon begann daher die Suche nach einem Lötmittel, mit dem das Blei ersetzt werden kann.

    Obwohl schon seit Anfang des 20.Jahrhunderts die Gesundheitsgefahren durch Blei weitgehend bekannt waren, wurde das Material vielfach in der unmittelbaren Umgebung des Menschen eingesetzt. Erst in den achtziger Jahren verschwanden die Bleirohre aus der Trinkwasserversorgung und das verbleite Benzin aus den Zapfsäulen. In den neunziger Jahren schließlich überlegten sich die ersten Techniker, wie man das Blei auch aus den Elektrogeräten entfernen könnte. Der erste Anstoß dazu kam aus Japan, berichtet Dr. Jutta Müller vom Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration in Berlin.

    Das ist ein Minidisc-Player, der von Panasonic hergestellt wurde und 1999 in Japan auf den Markt kam. Dass dieses Gerät bleifrei gelötet wurde, sprich: mit einem bleifreien Lot gelötet wurde, erkennt man an dem Label, das dieses Gerät trägt. Das weist darauf hin.

    Dass sich der kleine grüne "Bleifrei"-Aufkleber bisher nicht flächendeckend durchsetzen konnte, liegt an der Komplexität des Problems: Für die Hersteller bedeutet die Umstellung auf ein anderes Lötmaterial einen aufwendigen Eingriff in den Produktionsablauf. Die entscheidende Frage dabei ist: Bei welcher Schmelztemperatur kann das neue Lötmittel verarbeitet werden?

    Wünschenswert ist, dass das neue bleifreie Material einen Schmelzpunkt hat, der in der Nähe des Materials liegt, das man bisher verwendet hat. Bisher hat man ein Zinn-Blei-Lot verwendet, das so ungefähr im Bereich 180 Grad schmilzt. Unglücklicherweise gibt es kaum bleifreie Lote, die genau in diesem Bereich schmelzen.

    Die meisten bleifreien Ersatzmittel, die bisher in Betracht gezogen wurden, schmelzen erst bei höheren Temperaturen. Eine um 30 bis 40 Grad erhöhte Löttemperatur bedeutet aber eine größere Belastung für alle verarbeiteten Bauteile und Materialien. Aber eine Lösung des Problems scheint in Sicht: Durch die Forschung der letzten Jahre haben sich einige Favoriten für das Lötmaterial der Zukunft herauskristallisiert.

    Als bisher am besten untersuchte Legierung hat sich das Zinn-Silber-Kupfer erwiesen, das einen etwas höheren Schmelzpunkt als das gängige Zinn-Blei hat. In Japan ist es häufig üblich diesen Legierungen noch etwas Wismut beizufügen. Dieses Wismut bewirkt unter anderem, dass es zu einer Absenkung des Schmelzpunktes der Legierung kommt. Das ist natürlich ein gewünschter Effekt. Und es gibt darüber hinaus auch Legierungen die sogar nur aus Zinn und Wismut bestehen. Die allerdings dann wieder einen so niedrigen Schmelzpunkt haben, dass sie nicht für alle Anwendungen eingesetzt werden kann.

    Neben den alternativen Lötmitteln, haben die Berliner Fraunhofer-Forscher jetzt auch die Leiterplatten selbst ins Visier genommen: In den kommenden Jahren wollen sie untersuchen, ob die Platinen sich auch aus nachwachsenden Rohstoffen herstellen lassen. Seit kurzem experimentieren Jutta Müller und ihre Kollegen mit dem Holzbestandteil Lignin und Cellulose-Fasern. Diese Materialien sollen die fossilen Rohstoffe in der Herstellung einsparen und eine leichtere Entsorgung der Platinen ermöglichen. Außerdem hoffen die Forscher darauf, dass sich die nachwachsenden Fasern besonders gut mit den bleifreien Loten kombinieren lassen.

    Der Mechaniker hat mit dem Fernseher kurzen Prozess gemacht. Ein paar Hammerschläge, ein paar mal Schrauben - schon ist die alte "Glotze" in ihre Einzelteile zerlegt. Das ist nicht bei allen Geräten der Fall, betont Marc Affüpper:

    Es gibt also ganz alte Geräte, die recht leicht zu demontieren sind, weil sie mehr oder weniger auseinander fallen alleine vom Gehäuse her. Bei den neuen Geräten ist es so, dass das diese Kunststoffgehäuse sind. Da müssen wir also wirklich jede Schraube einzeln lösen. Das ist manchmal nicht so leicht, weil dann müssen sie mit diesen Akku-Schraubern hantieren. Also eigentlich kann man sagen: Je neuer, desto schwieriger sind die auseinander zu nehmen.

    Ob Fernseher, Hifi-Anlage oder Waschmaschine - die allermeisten Geräte landen nach Materialien zerlegt in den Sammelboxen. Dann geht es entweder zu einem Spezialbetrieb, der Metalle oder Glas aufbereitet - oder direkt in die Müllverbrennungsanlage. Dass ein ausrangiertes Elektrogerät noch einmal ganz oder in Teilen weiter verwendet werden kann, ist die große Ausnahme.

    Also eine Wiederverwendung ist im Consumer-Elektronik-Bereich nahezu ausgeschlossen. Was anderes ist das im IT-Bereich. Sprich im Computerbereich, wo wir erheblich jüngere Geräte zurückbekommen, wo man schon mal einzelne Komponenten, sprich Speicherbausteine, Prozessoren oder Ähnliches, einer Wiederverwendung zuführen kann. Aber auch da ist natürlich der wirtschaftliche Druck relativ groß, weil einfach der Preis für Neuware so gering ist, dass dieser Aufwand oftmals sich nicht rechnet.

    Wir sind im Recycling-Zentrum des Computerherstellers Fujitsu-Siemens in Paderborn. Der Raum füllende Kunststoff-Shredder leistet ganze Arbeit. Von den sperrigen Computergehäusen bleiben nur legostein-große Bröckchen übrig. Diese Art der Behandlung ist hier allerdings nur der letzte mögliche Schritt, erklärt der Leiter Dietmar Mormann:

    Das hier ist die so genannte Stufe 3: stoffliche Verwertung, geht es da hin. Darüber gibt es die so genannte Stufe 2 bei uns: Das ist die Ersatzteilgewinnung. Da wird also aus dem Computer noch die Baugruppe ausgebaut, die als Ersatzteil noch einen zweiten, dritten Umlauf erleben kann. Und darüber die Stufe 1: Das ist die komplette Wiederverwendung von Geräten. Computer als Computer.

    Fujitsu-Siemens startete vor zehn Jahren einen bis heute in dieser Größenordnung einmaligen Versuch: Ausrangierte Rechner des Herstellers werden von den Kunden zurückgenommen und in Eigenregie weiterverwertet - und vermarktet. Denn längst nicht jedes Altgerät ist nur noch reif für den Schredder. Je nach Alter und Zustand werden die Computer entweder mit frischer Software im angegliederten Laden wieder verkauft oder zumindest einzelne Komponenten wandern ins Ersatzteillager. Diese Wiederverwertung rentiert sich aber nur, wenn schon am Anfang das Ende mitbedacht wird: Bereits bei der Herstellung müssen Regeln beachtet werden, die das Recycling später erleichtern.

    Was wir gar nicht gerne haben, ist verklebte Materialien. Unterschiedliche Materialien miteinander verklebt. Das lässt sich hier am Zerlegeplatz so gut wie nicht trennen und macht uns das Leben einfach schwer. Es gibt inzwischen entsprechende Konstruktionsmethoden, um das über Klips-Technik, über eine formschlüssige Verbindung viel einfacher zu machen. Letztlich sogar in der Produktion dann häufig auch billiger zu machen. Es ist einfach nur ein bewusst machen dieser Problematik zum Entwickler hin. Das ist sehr häufig einfach auch die Kunst.

    Die Überzeugungsarbeit, die Dietmar Mormann und seine Kollegen in den vergangenen Jahren geleistet haben, hat sich gelohnt. 90 Prozent der eingesammelten Geräte findet inzwischen zumindest teilweise eine neue Verwendung. Neben den leichtlösbaren Verbindungen ist vor allem Einheitlichkeit die wichtigste Voraussetzung für eine rentable Demontage.

    Wenn ich es schaffe ein Produkt aus nahezu gleichen Materialien mit gleichen Schrauben zu verbinden, wird die Demontage erleichtert, weil ich einheitliches Werkzeug nutzen kann. Ich muss nicht zwischendurch das Werkzeug wechseln. Das spart Zerlegezeit und ist damit kostengünstiger in der Zerlegung.

    Bei vielen Geräten muss der Schraubenzieher aber gar nicht erst ausgepackt werden: Ganze Generationen von Firmencomputern, die in Paderborn angeliefert werden, sind noch aktuell genug für einen neuen Besitzer. Dann müssen die Techniker vor allem darauf achten, dass auf den Festplatten der Rechner restlos alle alten Daten des Vorbesitzers gelöscht sind.

    Aber auch das Material, dem der Weg in den Schredder nicht erspart bleibt, soll nicht unsortiert in einem der großen Container landen. Dem Zerkleinerer vorgeschaltet ist ein Infrarot-Sensor, unter dem das Fließband mit den Kunststoffteilen hindurch läuft. Mit Hilfe dieses Sensors kann die Maschine die einzelnen Arten von Kunststoff unterscheiden.

    Die Maschine sortiert heute, so wie sie aufgebaut ist, bis zu acht verschiedene Kunststoffsorten, anhand eines so genannten Nahinfrarot-Spektralanalysegerätes - unendlich langer Begriff! Also die unterschiedlichen Kunststoffe bilden eine andere Reflektionskurve. Und diese Kurven werden mit Sollkurven verglichen und darüber ist der Kunststoff zu identifizieren.

    Nach neueren Schätzungen verbraucht die Herstellung eines neuen Computers bis zu 1,8 Tonnen Rohstoffe. Eine verstärkte Wiederverwertung der Rechner und ihrer Bauteile wäre also aus ökologischer Sicht dringend geboten. Eine Anlage wie in Paderborn werden aber auch in Zukunft nur die größten Hersteller rentabel betreiben können.

    Ab August 2005 sollen die Verbraucher ihre alten Elektrogeräte an zentralen Sammelstellen zurückgeben können - kostenfrei, versteht sich. Die Kosten für die Entsorgung sollen die Hersteller übernehmen. Aber noch sind eine ganze Reihe von Fragen ungeklärt: Wie können alle Hersteller in die Pflicht genommen werden? Wie sollen die Millionen Tonnen Elektroschrott logistisch bewältigt werden? Und schließlich: Wie lassen sich die Verbraucher zum Mitmachen bewegen? Noch einmal Christiane Schnepel vom Umweltbundesamt.

    Das ist einer der Knackpunkte, die wir erreichen müssen: Die Verbraucher müssen sensibilisiert werden, ihre Geräte nicht in die Hausmülltonne zu werfen, sondern in ein Angebot der Rücknahme hinzubringen. Also entweder beim Handel oder bei der Kommune.

    Die Neonröhre in die kommunale Sammelstelle, die Waschmaschine zurück zum Elektrohandel, das Handy zum Netzwerkbetreiber... Werden die Verbraucher dieses neue Gewirr aus möglichen Rückgabewegen mitmachen? Die Antwort kennt bisher niemand. Klar ist aber: die technischen Lösungen und die amtlichen Verordnungen können noch so ambitioniert sein - ohne die Akzeptanz und Mithilfe der Bürger, bleibt sie letztlich wertlos.

    Bei der EGR in Herten sind schließlich alle Einzelteile unseres Fernsehers verschwunden. Zu guter letzt landet auch die Bodenplatte in einem der Container.

    Und dann ist das eigentlich auch schon mit dem Fernseher erledigt. Dann haben wir den Fernseher in verschiedene Bestandteile zerlegt, die alle einer Aufbereitung zugeführt werden. Wir haben die Schadstoffe separiert und unschädlich gemacht. Und somit kann dann der nächste Fernseher kommen.

    Und das gilt nicht nur in der Demontagehalle, sondern auch in unserem Wohnzimmer. Denn dort wird schon in wenigen Tagen ein nagelneuer Fernseher stehen - und der Produktkreislauf beginnt von neuem.