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Schrumpfen für die Exzellenz

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich wirbt derzeit höchstselbst für die Exzellenzbewerbung der Technischen Universität Dresden. Zugleich zeichnet seine Regierung dafür verantwortlich, dass die TUD exzellent unterfinanziert ist. Der Hochschule steht ein Stellenabbau ins Haus.

Von Claudia Altmann |
    Auf einen Studierenden in Sachsen kommen pro Jahr 6600 Euro Landeszuwendungen. Das sind 2000 Euro weniger als der Bundesdurchschnitt. Der TU stehen damit jährlich 50 Millionen Euro weniger zur Verfügung. Im Endspurt um den Exzellenzstatus ist die sächsische Hochschule damit nicht nur die einzige ostdeutsche sondern auch die finanziell schwächste. Sie kann sich zwar über die ständig wachsende Zahl der Studierenden freuen, aber durch die Kürzungen der vergangenen Jahre hat deren Betreuung gelitten. Einst hat sich durchschnittlich ein Professor um 30 Studenten gekümmert, heute sind es 70. Daniel Rehda vom Studentenrat stellt fest, dass sich das Wesen des Studiums verändert hat:

    "... dass wir nicht mehr in einen Dialog treten und Diskussionen führen, sondern dass wir meistens in einen Frontalunterricht verfallen. Das geht soweit, dass mehrere Tausend Studenten in einem Hörsaal sitzen. In den Seminaren sieht es genauso aus. Oftmals ist es so, dass 60 bis 80 Studierende von einem Dozenten unterrichtet werden, wenn man noch von Dozenten sprechen kann. Meistens sind es Tutoren oder studentische Hilfskräfte. Diese Tendenz lässt sich überall erkennen."

    Und das wird nicht besser. Bis 2015 müssen 245 Stellen um- und abgebaut werden, sagt Rektor Hans Müller-Steinhagen. Keine betriebsbedingten Kündigungen, sondern Stellen werden auslaufen. Damit müssten ganze Studiengänge eingestellt werden und auch die Vielfalt an Vorlesungen werde leiden. Dennoch solle das Profil als Volluni bestehen bleiben. Die Entscheidung, wen es treffen wird, mache sich die Uni nicht leicht und führe seit langem intensive Gespräche mit den 13 betroffenen Fakultäten, so Rektor Hans Müller-Steinhagen.

    "Die Kriterien für den Stellenum- und Abbau sind zum einen strategische Kriterien. Das heißt: In welchen Gebieten möchte sich die TU Dresden mittel- und langfristig auch weiterentwickeln? Wo sehen wir ein geringeres Entwicklungspotential einfach aufgrund der Tatsache, dass an anderen Hochschulen solche Gebiete bereits erfolgreich vertreten werden beziehungsweise aufgrund der Tatsache, dass manche Gebiete vielleicht nicht die Aktualität haben, die vielleicht andere haben."

    Wie aber geht das zusammen: Exzellenzbewerbung auf der einen und Stellenabbau auf der anderen Seite? Müller-Steinhagen ist sich sicher, dass die TU diesen Spagat hinbekommt.

    "Zwei der drei Säulen sind ja direkt bezogen zu einzelnen Forschungsaktivitäten und in diesen Forschungsaktivitäten, das heißt Biomedizin, Biomaterialien, Mikroelektronik ist die TU Dresden hervorragend aufgestellt. Und wir stellen natürlich auch sicher, dass gerade in diesen Bereichen kein Schaden entsteht, der die Exzellenzinitiative behindern würde. Die dritte Säule in der Exzellenzinitiative, das Zukunftskonzept ist ja gerade die Strategie, mit der die Universität sich noch besser positionieren würde, ihre Prozesse noch effektiver gestalten würde, um auch mit der vorhandenen Finanzierung in einer internationalen Spitzenliga mitspielen zu können."

    Als Beispiel führt er an:

    "Wir werden viele Prozesse effizienter gestalten und dadurch zusätzliche Kapazitäten freisetzen. Das sind gerade auf dem administrativen Bereich, wo wir durch Einführung eines sicherlich deutschlandweit einzigartigen integralen Softwaresystems auch die administrative Belastung der Wissenschaftler und Professoren verringern werden und dadurch Kapazitäten für die Forschung und Lehre freisetzen. Und wir werden weiterhin sehr aktiv in der Akquisition von Drittmitteln sein, um damit unsere Forschungskapazitäten noch weiter zu erhöhen."

    Zudem nutzt die Uni das Privileg, nach München in Dresden die höchste Dichte an wissenschaftlicher Kompetenz zu haben. Mit den zahlreichen außeruniversitären Forschungsstellen, darunter drei Max-Planck- und drei Leibniz-Instituten, den sächsischen Kunstsammlungen und dem Hygienemuseum wurde ein Verbund geschaffen. Dadurch können Ressourcen und Infrastrukturen gemeinsam genutzt und wissenschaftliche Strategien entwickelt und umgesetzt werden.

    Das ist ein wichtiger finanzieller Faktor: Teure Großgeräte müssen nicht mehrfach angeschafft werden. Gemeinsame Institutsleiter werden berufen, ein breites Kompetenzspektrum kann für die Gewinnung von Drittmitteln genutzt werden. Zudem unterstützen mehr als 100 Wissenschaftler die TU Dresden in der Lehre, ohne dass zusätzliche Kosten entstehen. Das helfe vor allem in hoch belasteten Studiengängen das Verhältnis zwischen Studierenden und Lehrenden zu verbessern.

    Trotzdem werden in den kommenden Wochen Entscheidungen fallen, die weh tun. Das räumt auch der Rektor ein. Daniel Rehda vom Studentenrat hat Verständnis für die schwere Situation. Aber er kritisiert, dass in diesem Prozess die demokratische Entscheidungsfindung auf der Strecke bleibt. Das Konzept des Dialoges in den paritätisch besetzten Gremien werde durch die Interessenlage der Professoren und den wirtschaftlichen Druck aufgeweicht. Er habe das Gefühl, sagt Rehda…

    " ...dass unseren Wünschen nur selten entsprochen werden kann, weil einfach die wirtschaftliche Lage momentan so schlecht ist, dass da wenig Handlungsspielraum besteht, entsprechende Verbesserungen durchzuführen, sondern dass man mit dem Wenigen, was man noch hat, so haushalten muss, dass man zumindest den Universitätsbetrieb aufrecht erhält.'"

    Laut Müller-Steinhagen werden alle Entscheidungen zum Stellenabbau nur mit Zustimmung von Senat und Hochschulrat wirksam. Die Kommunikation mit den Studierenden unterschätze er keinesfalls.

    ""Wir haben jetzt die Frequenz der Besprechungen der Universitätsleitung mit dem Studentenrat und den studentischen Senatoren verdoppelt. Wir werden zusätzlich in regelmäßigen Zeitabständen als gesamte Universitätsleitung uns mit den Fachschaftsvertretern treffen. Wir werden weitere Veranstaltungen noch einrichten, in denen Studierende Fragen stellen können an die Universitätsleitung und wir werden soweit wie möglich durch Rundmails an Hochschulangehörigen informieren, wenn konkrete Beschlüsse getroffen werden."