Drei Jahre nachdem 276 Mädchen aus einer Schule in Chibok im Nordosten Nigerias entführt wurden, scheint die Freilassung einzelner Kinder der einzige Fortschritt zu sein, der in der Sache erreicht wurde. Mehr als 200 der inzwischen 12 bis 17 Jahre alten Mädchen befinden sich noch immer in der Gewalt von Boko Haram.
Ein im vergangenen Mai gerettetes Mädchen berichtete nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters, dass die Mädchen unter Hunger litten und rohen Mais essen müssten. Einige seien in Gefangenschaft gestorben, andere seien die Beine gebrochen oder sie hätten ihr Gehör verloren, nachdem sie zu nahe an Explosionen gewesen seien.
Regierung: Verhandeln mit Entführern
Die Regierung verhandelt nach eigenen Angaben mit den Entführern. Ein Präsidentensprecher sagte der BBC am Donnerstag, bei den Verhandlungen seien mehrere Länder und Organisationen - darunter das Internationale Rote Kreuz und die Schweizer Regierung -, als Vermittler tätig. Es gehe aber auch um alle anderen Geiseln in der Gewalt von Boko Haram. Der Aufenthaltsort der Mädchen sei den Behörden nicht bekannt.
Die in Chibok entführten Kinder wurden zum Symbol der Millionen Opfer der Islamisten. Die Gruppe mit Verbindungen zur Terrormiliz IS will im Norden Nigerias einen islamischen Staat gründen. Sie wird für zehntausende Tote verantwortlich gemacht - insgesamt flohen nach Angaben der UNO mehr als 2,7 Millionen Menschen vor ihrer Gewalt.
Aufmerksamkeit in sozialen Medien
In den sozialen Medien wurde unter #bringbackourgirls unter anderem durch die damalige First Lady der USA, Michelle Obama, auf die entführten Schulmädchen aufmerksam gemacht.
Human Rights Watch wies Ende März darauf hin, dass es sich bei den Mädchen nicht um die einzigen entführten Kinder handele. Im November 2014 seien in der Stadt Damasak - ebenfalls im Nordosten Nigerias - Hunderte Kinder zwischen zwei und 17 Jahren entführt worden. Nach Angaben von lokalen Führungspersönlichkeiten habe man den lokalen Behörden und der Polizei 501 Kinder als vermisst gemeldet, aber keine Antwort erhalten.
Unicef: Kinder als Selbstmordattentäter missbraucht
Das UNO-Kinderhilfswerk Unicef hatte zuletzt darauf aufmerksam gemacht, dass Boko Haram immer häufiger Kinder als Selbstmordattentäter missbraucht. Seit 2014 wurden demnach insgesamt 117 Kinder, davon die meisten Mädchen, in Nigeria, Niger, Kamerun und im Tschad dazu gebracht, sich auf öffentlichen Plätzen in die Luft zu sprengen.
Auch Unicef spricht davon, dass Chibok kein Einzelfall sei und in den vergangenen Jahren Tausende Mädchen und Jungen verschleppt und mit Gewalt, Drohungen oder Versprechungen zu Kämpfern und Helfern gemacht oder sexuell versklavt wurden. Rund eine halbe Million Kinder sind demnach im Nordosten Nigerias vom Hungertod bedroht.
(vic/tgs)