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Schülerwettbewerb in der Kritik
Amazon-Schulaktion in drei Bundesländern verboten

Mehrere hundert Schulen haben an einem Wettbewerb teilgenommen, den das Online-Unternehmen Amazon initiiert und für den es auch etliche Preise zur Verfügung gestellt hatte. Auch wenn die Kinder in dem Wettbewerb ihrer Kreativität freien Lauf lassen konnten, Ziel des Unternehmens war ein ganz anderes.

Von Christina-Maria Küfner |
    Schüler lernen in einem Klassenzimmer an einer Hauptschule in Arnsberg (Sauerland).
    Etliche Unternehmen finanzieren Unterrichtsmaterialien, oft aber nicht ohne Hintergedanken. (dpa / picture alliance / Julian Stratenschulte)
    "Hast Du das auch schon mal erlebt? Du liest eine spannende Geschichte und plötzlich hast Du ganz viele Bilder im Kopf…"
    Ein Zeichentrick-Junge, der erst auf einem Vogel fliegt, sich dann in einen Affen verwandelt – und schließlich als kleiner Superheld einen Drachen bezwingt. Mit diesem Video hat Amazon Grundschüler zu einem Schreibwettbewerb eingeladen. Für die schönste Geschichte gab es als Preis: 30 Kindle eBook-Reader, digitale Bücher im Wert von mehr als 1.700 Euro und Amazon-Gutscheine im Wert von 50 Euro.
    "Seid auch ihr kreativ und mutig? Dann erzählt uns Eure Geschichte!"
    Förderung der Kreativität
    Und das haben Tausende Kinder gemacht. An mehr als 300 Grundschulen, alle in oder nahe jenen deutschen Städten, in denen Amazon seine Logistikzentren betreibt. Auch die Grundschule in Rötha bei Leipzig hat sich beteiligt. Um die Kreativität der Kleinen zu fördern, erzählt Direktorin Silke Kruppa.
    "Es stand im Vordergrund der Lesespaß, der Schreibspaß und der pädagogische Hintergrund für mich – und nicht, was ist das für ein Wirtschaftsunternehmen, wie arbeitet dieses Unternehmen."
    Heute ist die Grundschule in Rötha stolzer Besitzer von 30 eBook-Readern und vielen digitalen Büchern von Amazon, denn sie hat den Wettbewerb letztes Jahr gewonnen. Die feierliche Siegerehrung fand am Unternehmensstandort in Leipzig statt.
    Ziel: Imageverbesserung
    "Die Eltern waren vor allem begeistert davon, dass sie einen Rundgang durch das Logistikzentrum machen durften, weil man ja sonst in dieses Logistikzentrum nicht kommt – ja, die waren begeistert von ihren Kindern natürlich, die Geschichte wurde dort vorgelesen. Es stand dort überhaupt nicht das Gerät im Vordergrund, sondern es stand die Geschichte im Vordergrund."
    Für den Verein LobbyControl ist der Fall Amazon ein typisches Beispiel dafür, wie Unternehmen Schulen für ihre Interessen benutzen. Auch wenn der Wettbewerb erst mal so nett und auch so sinnvoll klingt – der wahre Zweck sei eigentlich ein anderer, sagt Felix Kamella von LobbyControl.
    "Für Amazon geht es nicht um Bildungsförderung, sondern darum, seinen angeschlagenen Ruf zu verbessern, dafür ist Bildungsförderung einfach gut geeignet. Es ging Amazon aber auch darum, Kontakt zu lokalen Entscheidungsträgern zu pflegen. In den allermeisten Fällen hatten vor Ort die Bürgermeister eine Schirmherrschaft für diesen Wettbewerb übernommen, haben sich bei der Preisverleihung positiv zu Amazon geäußert. Und das ist natürlich für Amazon eine unbezahlbare PR für ihren eigenen Ruf."
    Drei Bundesländer untersagen Amazon-Wettbewerb
    Dass es Amazon bei der ganzen Sache vielleicht nicht nur um den Spaß der Kinder gehen könnte, das blieb auch Silke Kruppa nicht verborgen. Die Schulaufsicht in Leipzig hat den Wettbewerb jedoch genehmigt. Wegen Schleichwerbung im Klassenzimmer macht sich Direktorin daher keine Sorgen.
    "Hintergedanken mag ich gar nicht absprechen. Amazon mit seinem zwielichtigen … oder wie auch immer… Man sagt vielleicht, das hat ein Geschmäckle. Aber es hat niemand infrage gestellt. Alle haben den pädagogischen Wert im Vordergrund gesehen."
    Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen haben den Wettbewerb inzwischen bereits untersagt. Ein richtiger Schritt, sagt Felix Kamella – aber leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn Schulen würden ständig mit gut klingenden Bildungsangeboten von Unternehmen konfrontiert – und was wirklich dahinter steckt, sei oft nicht erkennbar.
    "Natürlich würden die Schulen, wenn sich ein Unternehmen da vorstellt und sagt, wir wollen hier Werbung machen, da sagen die Schulen natürlich, das wollen wir nicht. Das heißt, die Angebote werden geschickt verpackt, damit sich eben dann doch die Schultür öffnet und eben die Unternehmensbotschaft ihren Weg in den Unterricht findet."
    Um in den Klassenzimmern Gehör zu finden, dafür gibt es viele Instrumente: Kostenloses Unterrichtsmaterial, Erklärvideos, Lehrerfortbildungen oder aber Besuche von Firmenvertretern, die ganze Schulstunden abhalten. Für die Schulen ein Grund wachsam zu sein: Denn was pädagogisch sinnvoll daherkommt und den ausgelasteten Lehrkräften zu helfen scheint, das kann auch geschickte PR sein.