Wie eine kräftige Gewehrladung hat das Abstimmungs-Desaster zur Rettung der WestLB den Düsseldorfer Landtag erschüttert - auf den Fluren vor den Fraktionsräumen herrscht Wildwest-Stimmung, und im Plenarsaal kochen regelmäßig die Emotionen hoch - so auch letzten Donnerstag:
Den Stein des Anstoßes lieferte die SPD, als sie die sogenannte Pairing-Absprache brach: Wird ein Abgeordneter krank, ist es parlamentarische Gepflogenheit, den politischen Gegner zu bitten, ebenfalls einen Parlamentarier bei der Abstimmung raus zu schicken, um die tatsächlichen Mehrheitsverhältnisse zu wahren. Die SPD hatte die CDU genau darum letzte Woche gebeten. Bei der Abstimmung über den Umbauplan für die WestLB, war der eigentlich krank gemeldete Sozialdemokrat plötzlich doch anwesend, und das Regierungslager verfügte damit über eine Mehrheit von genau einer Stimme. Die CDU war empört, schlicht sauer, denn sie hatte ihren Abgeordneten Jostmeier freiwillig beurlaubt. Ein Entgegenkommen, aus dem Grünen-Fraktionschef Rainer Priggen der CDU nun einen Strick drehen will:
"Für den Kollegen Jostmeier, der ja zum Glück mopsfidel im Ausschuss der Regionen in Brüssel saß, musste jetzt nicht unbedingt jemand von uns aus dem Verkehr gezogen werden. Der hätte mit abstimmen können, oder die."
Damit piesackt der Grünen-Politiker die CDU für etwas, dass sie nur auf Bitte der SPD getan hatte. Politische Beobachter, die Priggen seit langem kennen und ihn als ehrlichen Makler schätzen, sind sprachlos. Und auch die Oppositionsparteien schnappten bereits letzte Woche empört nach Luft. FDP-Fraktionschef Gerhard Papke warnt vor einem politischen Sittenverfall:
"So etwas kann abstrahlen auf das Ansehen des Parlaments insgesamt. Das muss uns von daher glaube ich auch fraktionsübergreifend mit Sorge erfüllen."
Doch nicht nur das Parlament droht ins Zwielicht zu geraten, sondern vor allem die Führungsspitze der SPD. Während Fraktionsgeschäftsführerin Britta Altenkamp als Bauernopfer ihren Hut nehmen musste, behauptet Fraktionschef Norbert Römer, er habe von alldem nichts gewusst:
"Ich hab das ja am Freitag bereits gesagt, dass ich überrascht worden bin ... "
Britta Altenkamp sagte hingegen im WDR:
"Nein, ich habe nicht die Erlaubnis bei Hannelore Kraft eingeholt, sondern bei meinem Fraktionsvorsitzenden."
Die Ministerpräsidentin schweigt seit einer Woche und gibt damit Gerüchten Nahrung, auch sie sei eingeweiht gewesen - Belege dafür gibt es nicht. Ihr Fraktionschef hingegen steht mit dem Rücken zur Wand. CDU-Fraktionsvize Armin Laschet blickt zurück:
"Ich habe erst mit Frau Altenkamp gesprochen, dann hat Herr Römer die Diskussion mitgekriegt, dann habe ich Herrn Römer einbezogen, dann hat er mir noch geantwortet, Herr Laschet, Sie drängen sich immer mehr in die Ecke. Also man kennt ja die Art, wie er dann auch spricht. Also es war ein Dreiergespräch, so dass er natürlich mein Gesprächspartner war."
Die CDU bezeichnet Römer als Lügner und will bis zum Ende der Legislatur-Periode keine Pairing-Absprache mehr eingehen. Ein herber Schlag für die Minderheitsregierung, die ohne die Hilfe der Opposition bei der Gesetzgebung quasi amputiert ist. Norbert Römer beteuert nun, er wolle neues Vertrauen aufbauen. Er beruft eine Pressekonferenz nach der nächsten ein, und steht dann einsilbig vor den Mikrofonen. Er sagt nicht "ich" sondern "man", ganz so, als ginge es gar nicht um ihn, um seine Partei, um seinen Posten. Hätte er nicht rechtzeitig eingreifen können?
"Nein, das kann man nicht. Dann ist das eben leider zu diesem Ergebnis gekommen."
Was er denn sage zu den Vorwürfen von CDU-Fraktionsvize Laschet:
"Das ist seine Angelegenheit."
Es ist der schmallippige Funktionärsjargon des ehemaligen Bergbau-Gewerkschafters, der die CDU in diesen Tagen auf die Barrikaden treibt. Unions-Fraktionschef Karl-Josef Laumann fühlt sich erinnert an die jahrzehntelange Regierungs-Ära der NRW-Genossen:
"Das spüre ich schon seit längerer Zeit, dass ein Teil der SPD-Fraktionsmitglieder genau die gleiche Arroganz an den Tag legen, dieses Land gehöre ihnen, ihnen könne ohnehin nichts passieren, die sie auch vor 2005 hatten."
Unmut auch bei den Grünen, die ihrerseits schwören, sie hätten von den Pairing-Manövern der SPD nichts gewusst, doch offiziell übt sich Fraktionschef Priggen in Koalitionsdisziplin:
"Zur Minderheitsregierung gehört, dass man eine Abstimmung verlieren kann, aber das allein ist kein Beinbruch."
Die Grünen sitzen in der Klemme, ist doch die Ökopartei dank ständiger Harmonie-Beschwörungen an die SPD gekettet. Einen Koalitionspartner, der das Bündnis immer stärker zum Schwanken bringt: Juristische Niederlagen, Kommunikationsschwächen, überfordert wirkende Minister - und fast immer handelt es sich um Sozialdemokraten. Nun muckt auch noch die Linkspartei auf und droht bei kommenden Abstimmungen mit Liebesentzug. Rot-Grün habe eine schwere Grippe, diagnostiziert FDP-Fraktionschef Papke:
"Die rot-grüne Regierung taumelt wie ein angeschlagener Boxer durch den Ring, die größte Koalitionsfraktion zerlegt sich selbst, und der parlamentarische Mehrheitsbeschaffer Linkspartei legt die Daumenschrauben an."
Als Strohhalm bleibt Rot-Grün die Schwäche der Oppositionsparteien, die selbst um ihre Glaubwürdigkeit kämpfen. Denn obwohl CDU und FDP die Minderheitsregierung fast wöchentlich für gescheitert erklären - der Ruf nach Neuwahlen bleibt aus. CDU-Chef Norbert Röttgen ist noch bescheidener: Er schweigt seit acht Tagen. Parteifreund Laumann muss die Attacke mal wieder alleine reiten: Für Neuwahlen müsse Rot-Grün den ersten Schritt tun:
"Und dass die einen Wahlkampf herbeiführen wollen, der sich auf das bezieht, was wir hier letzte Woche erlebt haben, also für so dumm halte ich selbst die SPD in Nordrhein-Westfalen nicht."
Den Stein des Anstoßes lieferte die SPD, als sie die sogenannte Pairing-Absprache brach: Wird ein Abgeordneter krank, ist es parlamentarische Gepflogenheit, den politischen Gegner zu bitten, ebenfalls einen Parlamentarier bei der Abstimmung raus zu schicken, um die tatsächlichen Mehrheitsverhältnisse zu wahren. Die SPD hatte die CDU genau darum letzte Woche gebeten. Bei der Abstimmung über den Umbauplan für die WestLB, war der eigentlich krank gemeldete Sozialdemokrat plötzlich doch anwesend, und das Regierungslager verfügte damit über eine Mehrheit von genau einer Stimme. Die CDU war empört, schlicht sauer, denn sie hatte ihren Abgeordneten Jostmeier freiwillig beurlaubt. Ein Entgegenkommen, aus dem Grünen-Fraktionschef Rainer Priggen der CDU nun einen Strick drehen will:
"Für den Kollegen Jostmeier, der ja zum Glück mopsfidel im Ausschuss der Regionen in Brüssel saß, musste jetzt nicht unbedingt jemand von uns aus dem Verkehr gezogen werden. Der hätte mit abstimmen können, oder die."
Damit piesackt der Grünen-Politiker die CDU für etwas, dass sie nur auf Bitte der SPD getan hatte. Politische Beobachter, die Priggen seit langem kennen und ihn als ehrlichen Makler schätzen, sind sprachlos. Und auch die Oppositionsparteien schnappten bereits letzte Woche empört nach Luft. FDP-Fraktionschef Gerhard Papke warnt vor einem politischen Sittenverfall:
"So etwas kann abstrahlen auf das Ansehen des Parlaments insgesamt. Das muss uns von daher glaube ich auch fraktionsübergreifend mit Sorge erfüllen."
Doch nicht nur das Parlament droht ins Zwielicht zu geraten, sondern vor allem die Führungsspitze der SPD. Während Fraktionsgeschäftsführerin Britta Altenkamp als Bauernopfer ihren Hut nehmen musste, behauptet Fraktionschef Norbert Römer, er habe von alldem nichts gewusst:
"Ich hab das ja am Freitag bereits gesagt, dass ich überrascht worden bin ... "
Britta Altenkamp sagte hingegen im WDR:
"Nein, ich habe nicht die Erlaubnis bei Hannelore Kraft eingeholt, sondern bei meinem Fraktionsvorsitzenden."
Die Ministerpräsidentin schweigt seit einer Woche und gibt damit Gerüchten Nahrung, auch sie sei eingeweiht gewesen - Belege dafür gibt es nicht. Ihr Fraktionschef hingegen steht mit dem Rücken zur Wand. CDU-Fraktionsvize Armin Laschet blickt zurück:
"Ich habe erst mit Frau Altenkamp gesprochen, dann hat Herr Römer die Diskussion mitgekriegt, dann habe ich Herrn Römer einbezogen, dann hat er mir noch geantwortet, Herr Laschet, Sie drängen sich immer mehr in die Ecke. Also man kennt ja die Art, wie er dann auch spricht. Also es war ein Dreiergespräch, so dass er natürlich mein Gesprächspartner war."
Die CDU bezeichnet Römer als Lügner und will bis zum Ende der Legislatur-Periode keine Pairing-Absprache mehr eingehen. Ein herber Schlag für die Minderheitsregierung, die ohne die Hilfe der Opposition bei der Gesetzgebung quasi amputiert ist. Norbert Römer beteuert nun, er wolle neues Vertrauen aufbauen. Er beruft eine Pressekonferenz nach der nächsten ein, und steht dann einsilbig vor den Mikrofonen. Er sagt nicht "ich" sondern "man", ganz so, als ginge es gar nicht um ihn, um seine Partei, um seinen Posten. Hätte er nicht rechtzeitig eingreifen können?
"Nein, das kann man nicht. Dann ist das eben leider zu diesem Ergebnis gekommen."
Was er denn sage zu den Vorwürfen von CDU-Fraktionsvize Laschet:
"Das ist seine Angelegenheit."
Es ist der schmallippige Funktionärsjargon des ehemaligen Bergbau-Gewerkschafters, der die CDU in diesen Tagen auf die Barrikaden treibt. Unions-Fraktionschef Karl-Josef Laumann fühlt sich erinnert an die jahrzehntelange Regierungs-Ära der NRW-Genossen:
"Das spüre ich schon seit längerer Zeit, dass ein Teil der SPD-Fraktionsmitglieder genau die gleiche Arroganz an den Tag legen, dieses Land gehöre ihnen, ihnen könne ohnehin nichts passieren, die sie auch vor 2005 hatten."
Unmut auch bei den Grünen, die ihrerseits schwören, sie hätten von den Pairing-Manövern der SPD nichts gewusst, doch offiziell übt sich Fraktionschef Priggen in Koalitionsdisziplin:
"Zur Minderheitsregierung gehört, dass man eine Abstimmung verlieren kann, aber das allein ist kein Beinbruch."
Die Grünen sitzen in der Klemme, ist doch die Ökopartei dank ständiger Harmonie-Beschwörungen an die SPD gekettet. Einen Koalitionspartner, der das Bündnis immer stärker zum Schwanken bringt: Juristische Niederlagen, Kommunikationsschwächen, überfordert wirkende Minister - und fast immer handelt es sich um Sozialdemokraten. Nun muckt auch noch die Linkspartei auf und droht bei kommenden Abstimmungen mit Liebesentzug. Rot-Grün habe eine schwere Grippe, diagnostiziert FDP-Fraktionschef Papke:
"Die rot-grüne Regierung taumelt wie ein angeschlagener Boxer durch den Ring, die größte Koalitionsfraktion zerlegt sich selbst, und der parlamentarische Mehrheitsbeschaffer Linkspartei legt die Daumenschrauben an."
Als Strohhalm bleibt Rot-Grün die Schwäche der Oppositionsparteien, die selbst um ihre Glaubwürdigkeit kämpfen. Denn obwohl CDU und FDP die Minderheitsregierung fast wöchentlich für gescheitert erklären - der Ruf nach Neuwahlen bleibt aus. CDU-Chef Norbert Röttgen ist noch bescheidener: Er schweigt seit acht Tagen. Parteifreund Laumann muss die Attacke mal wieder alleine reiten: Für Neuwahlen müsse Rot-Grün den ersten Schritt tun:
"Und dass die einen Wahlkampf herbeiführen wollen, der sich auf das bezieht, was wir hier letzte Woche erlebt haben, also für so dumm halte ich selbst die SPD in Nordrhein-Westfalen nicht."