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Schuldenstreit
Eurogruppe spricht am Mittwoch weiter über griechischen Vorstoß

Eine Wende in letzter Minute? Griechenland wagt einen eigenen Vorstoß zur Beilegung des Schuldenstreits mit seinen Gläubigern. Die Eurogruppe diskutierte den Vorschlag, hält ihn aber offenbar nicht für ausreichend. Am Mittwoch soll Griechenland neue Ideen vorlegen.

    Der griechische Premier Alexis Tsipras (r) und der Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem am 30.01.2015 in Athen.
    Der griechische Premier Alexis Tsipras (r) und der Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem am 30.01.2015 in Athen. (picture alliance / EPA / Petros Giannacouris / Pool)
    Der Vorstoß Griechenlands umfasst einen Zeitraum von zwei Jahren, wie das Büro von Ministerpräsident Alexis Tsipras mitteilte. Demnach soll der Europäische Rettungsfonds ESM den Finanzbedarf des Landes decken, während parallel umgeschuldet wird.Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt. "Griechenland bleibt am Verhandlungstisch", hieß es in einem Statement. Ziel sei eine "tragfähige Lösung, um in der Euro-Zone zu bleiben". Die angestrebte Vereinbarung soll nach Angaben der Regierung alle finanziellen Bedürfnisse sowie parallel eine Restrukturierung der griechischen Schulden abdecken.
    Das aktuelle Hilfsprogramm für Griechenland läuft heute aus. Zudem steht eine Zahlung von 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds an, die Athen nicht leisten will. Die Eurogruppe hatte deshalb noch heute über das Hilfsgesuch gesprochen - offenbar ohne endgültiges Ergebnis. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem teilte nach dem Telefonat mit, dass Griechenland am Mittwoch neue Vorschläge unterbreiten werde. Am gleichen Tag werde die Eurogruppe dann darüber beraten.
    Der finnische Finanzminister Alexander Stubb twitterte, dass eine kurzfristige Verlängerung des griechischen Hilfsprogramms und ein Schuldenschnitt nicht möglich seien. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt derzeit Verhandlungen ab. "Vor einem Referendum kann von deutscher Seite aus kein neuer Antrag beraten werden", sagte sie. Tsipras hatte für Sonntag eine Volksabstimmung über das Reformpaket der Geldgeber angesetzt.
    Vorstoß aus Brüssel
    EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte vor den heutigen Vorschlägen aus Griechenland selbst ein neues Angebot an Athen gemacht. Das sieht vor, dass sich Tsipras schriftlich dazu verpflichten müsste, die Vorschläge der Gläubigerinstitutionen vom vergangenen Samstag anzunehmen. Zudem sollte Tsipras bei der anstehenden Volksabstimmung für ein "Ja", also für eine Zustimmung zum Reformpaket, werben. Danach könnte ein erneutes Treffen der Euro-Finanzminister anberaumt werden. "Dies setzt voraus, dass die griechische Regierung sich bewegt", sagte der Sprecher. "Das ist bislang nicht der Fall gewesen. Die Zeit läuft aus."
    EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Bundeskanzlerin Angela Merkel auf einem EU-Gipfel.
    EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Bundeskanzlerin Angela Merkel hatten die Regierung Tsipras scharf kritisiert. (AFP / Alain Jocard)
    Juncker hatte ebenso wie weitere EU-Spitzenpolitiker gestern scharfe Kritik an der griechischen Verhandlungsführung geübt, dabei aber auch betont, dass er weiter an einer Einigung interessiert sei.
    Opposition für weitere Verhandlungen mit Griechenland
    Der Bundestag debattiert am Mittwoch über den Schuldenstreit mit Griechenland. Die Meinungen gehen auseinander, wie Deutschlandfunk-Korrespondent Johannes Kulms berichtet. Linken-Fraktionschef Gregor Gysi sagte, ein Ausscheiden Griechenlands sei die teuerste Wahl. "Heute ist der Tag, an dem sich die Kanzlerin entscheiden muss. Den Euro und Europa stabilisieren. Oder den Anfang vom Ende einzuleiten. Die Kanzlerin kann Geschichte schreiben. Oder vor der Geschichte versagen. Sie hat gerade heute die Wahl."
    Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter betonte, es müsse abgerüstet werden und schnellstmöglich ein Weg aus der Krise gefunden. Unions-Fraktionschef Volker Kauder zeigte sich unterdessen überrascht darüber, dass Juncker überhaupt noch einmal neue Vorschläge in Richtung Athen gemacht hatte: "Die Griechen hatten alle Chancen, es zu tun. Schäuble hat mal gesagt 'Isch over' - und das ist nun heute eingetreten."
    Unklar, wie es weitergeht
    Falls es zu keiner Lösung im Schuldenstreit kommt, ist auch noch unklar, wie es mit Griechenland weitergeht. Denn ein Ausstieg oder Ausschluss aus dem Euro ist bisher juristisch nicht vorgesehen. Der Maastricht-Vertrag von 1993 betont die "Unumkehrbarkeit" der Wirtschafts- und Währungsunion.
    Die EU-Spitze und die Bundesregierung haben wiederholt erklärt, Athen in der Eurozone halten zu wollen. Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis hat angekündigt, notfalls mit juristischen Schritten für einen Verbleib im Euroraum zu kämpfen. Auch Tsipras hatte immer wieder betont, Griechenland wolle den Euro behalten.
    Der ESM
    Der permanente Euro-Rettungsschirm ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) soll die Stabilität des Euro-Raumes gewährleisten. Der ESM mit Sitz in Luxemburg trat 2012 in Kraft und unterstützt Euro-Staaten in finanziellen Notlagen. Es handelt sich um einen Fonds, aus dem klamme Staaten gegen strenge Auflagen Kredithilfen zu geringen Zinsen bekommen können. Der ESM verfügt über ein Stammkapital von rund 705 Milliarden Euro und kann Hilfskredite von maximal 500 Milliarden Euro vergeben. Mitglieder sind die 19 Euro-Länder. Zentrales Organ des ESM ist der Gouverneursrat, der über die beantragten Finanzhilfen entscheidet. Die Finanzierungsanteile der Staaten ergeben sich aus dem Anteil am Kapital der Europäischen Zentralbank. Mit 27 Prozent ist der Anteil Deutschlands am höchsten, es folgen Frankreich, Italien und Spanien.
    (hba/adi/stfr)