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Gewerkschaft fordert Entfristung von Lehrerverträgen

Viele Lehrer werden jedes Jahr aufs Neue befristet angestellt. Auch nach Jahren werden die Befristungen - trotz entsprechender Rechtsprechung - nicht aufgehoben. Die Bildungsgewerkschaft GEW fordert eine Reduzierung dieser Kettenverträge und eine frühere Entfristung.

Von Anke Petermann |
    Schülerin mit Migrationshintergrund meldet sich im Unterricht
    6.000 hessische Lehrer arbeiten laut Auskunft der GEW mit befristeten Verträgen. (dpa / Waltraud Grubitzsch)
    Vor Kameras und Mikrofonen outen sich Lehrer in diesen Tagen nicht. Zu groß die Furcht, damit die Chance auf einen neuen Vertrag in letzter Minute zu verwirken. Anonymisiert und verfremdet haben Betroffene ihre Fälle der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft geschildert:
    "Ich bin Grundschullehrer, 33 und seit 6 Jahren mit befristeten Verträgen als Klassenlehrer an derselben hessischen Grundschule beschäftigt, mit voller Stundenzahl war ich zuletzt in einer dritten Klasse eingesetzt. Jetzt gehen die Kinder ins entscheidende vierte Jahr. Mit wem, ist ungewiss. Immer wieder hat mir die Schulleiterin eine feste Stelle versprochen, für den Fall, dass die Schule eine Beamtenstelle bekommt. Aber jetzt soll der Vertrag nicht mehr verlängert werden. Die Eltern sind empört."
    "Man hat sie jahrelang benutzt"
    6.000 hessische Lehrer arbeiten laut Auskunft der GEW mit befristeten Verträgen, in den vergangenen zehn Jahren habe sich deren Anzahl verdoppelt, erst jetzt sei sie leicht rückläufig. Zwei Drittel der befristeten Lehrkräfte sind Seiteneinsteiger, wie die Kirchenmusikerin, die fünf Jahre lang Musik unterrichten durfte, jetzt nur noch eine halbe Stelle bekommen soll und um ihre Existenz fürchtet. In den vergangenen Jahren seien die Seiten- und Quereinsteiger als Notnägel gut genug gewesen, schimpft GEW-Landeschef Jochen Nagel:
    "Man hat sie jahrelang benutzt. Es war gut, dass sie da waren. Jetzt heißt es 'Tschüs, geht wieder!'. Und das finden wir nicht in Ordnung. Gerade für die Arbeit in der Schule sind diese emotionalen Bezüge sehr wichtig, sowohl zu den Kindern, zu den Schülerinnen und Schülern, als auch zu den Lehrkräften, und da kann man nicht einfach sagen, komm rein, geh weg, wie ich es gerade brauche."
    "Ich bin 62, und unterrichte Ethik und Soziologie, eine in Hessen fürs Lehramt eigentlich nicht anerkannte Fächerkombination, 2008 wurde ich als Leiharbeitnehmer, danach befristet eingestellt und jedes Jahr verlängert. Dieses Jahr aber habe ich immer noch keinen Bescheid. Nach einem doppelten Abiturjahrgang ist die Schule überbesetzt. Ich fürchte, dass man mich wegen meines Alters und einer längeren Erkrankung loswerden will."
    Die Kinder haben inzwischen Ferien, viele Lehrer warten immer noch auf die Verlängerung, offiziell müsste sie bis Monatsende eintreffen.
    "Die zynische Aussage ist die eines Schulamtsvertreters, der auf die Frage, 'wann wissen wir es denn endgültig?' gesagt hat, 'spätestens im neuen Schuljahr", aber das ist am 8. September.'"
    "Eine klare Regelung zur Sicherung der Kontinuität"
    Eine lange Hängepartie, in der sich die Betroffenen arbeitslos melden sollten, rät Harald Freiling. Er coacht für die GEW verzweifelte Vertretungslehrer und weiß, dass eine sogenannte kalte Kündigung vor allem diejenigen fürchten müssen, die der Zehn–Jahres-Grenze nahe kommen. Denn sie könnten nach neuer Rechtsprechung auf eine unbefristete Anstellung klagen, dürfen dann vom Land Hessen aber versetzt werden. Gemeinsam mit mehr als 600 Schulpersonalräten forderte die Gewerkschaft, Verträge nach zwei Jahren Dauer zu entfristen. Landeschef Jochen Nagel:
    "Wir sagen, zwei Prozent reicht in den Schulen als Volumen für befristete Verträge, damit ist man beweglich genug. Im Moment haben wir 5,7 Prozent nach den Daten des Kultusministeriums. Wir wollen eine klare Regelung zur Sicherung der Kontinuität. Und wir wollen gleichzeitig, dass den Menschen, die diese Arbeit immer wieder übernommen haben, dass man denen sagt, wenn ihr das zwei Jahre gemacht habt, dann übernehmen wir euch unbefristet."
    Doch das hessische Kultusministerium erkennt keinen Handlungsbedarf. Die Zahl der befristeten Stellen sei rückläufig, die verbleibenden brauche man, um flexibel reagieren zu können, wenn Beamte in Elternzeit gingen oder erkrankten.